Pralinenherz
Dann rufst du deine Eltern an und danach gehen wir gemeinsam in die Bar. Bis dahin ist Anne auch wieder da und du hast zwei Mädels dabei. Wenn du willst, dann finde ich heraus, ob er schwul ist oder nicht.“ Das Ganze nahm ja einen spannenden Verlauf. Finn musste ja ein ganz besonders toller Mann sein, wenn Hanna so nervös war, dachte sich Lea, die es kaum abwarten konnte, ihn zu sehen.
„Dann gehen wir jetzt besser und holen meine Sachen. Ich habe ja nicht viel dabei, wenn wir zusammen gehen, brauchen wir nur einmal die Treppen hoch laufen. Der Rest ist noch bei Oliver, wenn ich Glück habe, schickt er es mir zu. Abholen möchte ich es eigentlich nicht.“ Hanna wirkte bedrückt, lächelte aber, als Lea ihre Hand nahm und ihr so Mut zusprach.
„Ich will meine Leinwände wieder haben, meinen Schmuck, meine ...“ Hanna durchfuhr es wie ein Blitzschlag, als sie an ihre Skizzen dachte und ihre Gedanken flogen wild durcheinander.
„Meine Skizzen!“ Sie hatte sie mit zur Messe genommen, doch im Hotel waren sie nicht mehr da gewesen. Lagen sie etwa auch noch bei Oliver?
„Hast du sie in Berlin vergessen?“ Lea wusste, wie wichtig Hanna ihre Skizzen waren. Einige von ihnen waren mehrere Jahre alt und sie hütete sie wie einen kostbaren Schatz.
„ Ich ... ich weiß nicht!“ Hanna sprang auf und schlüpfte in ihre Schuhe.
„Los, komm! Wir müssen zum Auto! Hoffentlich habe ich sie eingepackt! Wie ich Oliver einschätze, wird er sie sicher wegwerfen oder zerreißen und mir zuschicken!“
Lea sprang ebenfalls auf und zog sich ihre Schuhe an, schnappte sich den Haustürschlüssel und lief mit Hanna los. Beide liefen so schnell sie nur konnten zu Hannas Auto, das noch immer vor dem Pralinengeschäft ihrer Eltern parkte.
„Oh bitte bitte! Bitte! Ihr müsst da drin sein!“ Hanna war den Tränen nahe, als sie den Kofferraum öffnete und anfing, ihre Taschen zu durchwühlen.
Lea nahm sich die Taschen auf der Rückbank vor, fand aber nichts, was Hannas Zeichnungen auch nur im Entferntesten ähnelte.
„Sie sind in einer A4-großen Mappe, Neonpink! Das kann man nicht übersehen!“ Hanna schüttete einige Taschen aus, fand aber nur Kleidung, Schuhe und ein paar persönliche Dinge, die sie in aller Aufregung in wahllosem Durcheinander in die Taschen gestopft hatte.
„Das darf doch nicht wahr sein!“ Hanna war außer sich und hastete zur Beifahrertür, wo noch eine letzte Tüte lag. Doch auch hier fand sie nichts.
„Ich bin verflucht! Mein Smartphone. Meine Mappe! Ich verliere aber auch alles! Oliver, meinen Job … was denn bitte noch!“ Wütend über die Situation und sich selbst, warf sie eine Geschenkschachtel zu Boden, in der sich einige Fotos befanden, die sich nun wild über die Straße verteilten.
„Das ist alles seine Schuld!“ Sie begann auf den Fotos herumzutrampeln, sprang wütend auf und ab und schrie die Straße zusammen.
„Wäre er nicht fremdgegangen, dann wäre noch alles in Ordnung! Dieses blöde Arschloch!“
Wild schnaubend stützte sie sich an ihrem Auto ab, keuchte und rang um Fassung. Lea ging zögerlich auf sie zu und legte ihre Hand auf Hannas Schulter.
Beide Freundinnen schwiegen, doch Lea konnte hören, wie Hanna leise weinte und so umarmte sie Hanna sanft.
„Dann wäre nichts besser. Gar nichts. Dass du jetzt wieder hier bist, ist gut so. Anne und ich, wir haben dich sehr vermisst. Deine Eltern auch. Du warst hier immer glücklich und in Berlin nicht.“ Sie strich Hannas Haare beiseite und lächelte sie an, bis auch Hanna lächelte und tief durchatmen konnte.
„Ich werde die Fotos wegwerfen ...“, wisperte Hanna, die sich zu Boden kniete und die vielen Bilder aufsammelte. Lea half ihr dabei. Gemeinsam fuhren sie zur Wohnung zurück und brachten Hannas Habseligkeiten hinauf.
„ Mama?“ Hanna saß entspannt auf der Couch und lackierte dabei Leas Fußnägel. Die las in einer Zeitschrift und versuchte, ein Kichern zu unterdrücken, da Hanna sie kitzelte.
„Nur die Nägel, nicht den ganzen Fuß!“, zischte sie und versuchte Hanna mit der Zeitschrift zu erwischen.
Mit herausgestreckter Zunge wich Hanna aus und malte Lea ein Herz auf den Nagel.
„Ach, da bist du ja. Ich dachte eigentlich, du meldest dich noch mal, jetzt wo du wieder hier bist. Aber erst einen Tag später bekomme ich einen Anruf von dir.“ Mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton jauchzte Elke in den Hörer.
„Ich war gestern aus mit den Mädels, das musste einfach sein. Weswegen ich anrufe
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