Pralinenherz
und ging erst einmal duschen. An ihrem ersten Arbeitstag bei ihren Eltern wollte sie frisch und ausgeruht sein. Denn es war schon mehr als zwei Jahre her, dass sie das letzte Mal Pralinen hergestellt hatte und ihr Vater würde an ihrer Tollpatschigkeit sicher verzweifeln, so wie früher immer.
Mit einer Jeans und einer Bluse bekleidet, verließ sie die Wohnung. Am Kühlschrank hing eine Nachricht für Anne und Lea.
„ Ich bin bei meinen Eltern im Geschäft und fahre um 18 Uhr zu Finn. Ich werde gegen 20 Uhr wieder hier sein. Hanna +kussi+“
Sie genoss es, durch die Innenstadt zu laufen und die frische Luft einzuatmen. Ja, sie bekam ein gutes Gefühl, wenn sie an den heutigen Abend dachte.
Kapitel 9
Mein Leben? Ein turbulenter Start!
„ Da bin ich schon, guten Morgen!“, rief Hanna, deren Gruß vom Klingelspiel der Tür begleitet wurde.
„Hanna!“ Ihre Mutter stürmte auf sie zu und herzte sie.
„Wir haben gar nicht gemerkt, dass wir dich noch am Telefon hatten, aber wir waren so in Feierlaune!“ Elke lachte laut auf und umarmte ihre Tochter abermals.
„ Schon gut Mama, nur ...“ Hanna rang um die richtigen Worte, um ihrer Mutter schonend beizubringen, dass sie nicht fest, sondern nur aushilfsweise ins Geschäft eintreten wollte.
„Ich helfe gerne aus, auch für die nächsten Tage oder Wochen, aber ich bewerbe mich auch weiterhin als Galerie-Assistentin, ich glaube, da habt ihr was falsch verstanden ...“ Hanna schluckte und bekam ein ganz schlechtes Gewissen, als sie sah, wie ihrer Mutter die Gesichtszüge entgleisten.
„ Mama … ich bin weder ungewollt schwanger noch habe ich eine tödlich verlaufende Krankheit. Ich … liebe die Pralinen, die Papa macht, aber ich will hier nicht für den Rest meines Lebens arbeiten. Versteh das bitte und ...“
Ihre Mutter griff sich an die Brust, schwankte zur Theke und japste nach Luft. Hanna verdrehte genervt die Augen.
„ Ist gut jetzt, ja?“, murmelte sie und verschränkte die Arme, tippelte dabei mit dem Fuß.
„ Schatz, du versetzt mir einen Stich ins Herz!“, wehklagte Elke und seufzte weitere Male, bevor sie sich wieder aufrecht hinstellte und ihrer Tochter einen skeptischen Blick zuwarf. Mit großen Schritten tigerte sie um Hanna herum und betrachtete sie von allen Seiten.
„ So so ...“, sprach sie laut und deutlich.
„ Ja. Ich meine, es ist ein schöner Laden. Alt, rustikal und so was, aber ich bin eine moderne junge Frau!“
„ Es ist nur so, dass wir dann verkaufen werden“, sagte Elke mit ernster Stimme.
Plötzlich herrschte eine angespannte Stimmung, die Hanna gar nicht gefiel.
„ Verkaufen? Das Geschäft?“ Was sicher sinnvoll war, denn die Stammkunden wurden immer älter, verstarben und neue, junge Kundschaft, die eine bessere Kaufkraft aufwiesen, blieb aus.
„ Ja, wir haben in den letzten Wochen ein paar Angebote eingeholt. Von dem Gewinn und den monatlichen Einnahmen wollten dein Vater und ich nach Spanien. Ein kleines Häuschen am Strand kaufen und dort unsere Rente genießen. Aber nur über die Wintermonate. Im Sommer kommen wir natürlich zurück nach Köln.“ Elke wurde ganz ruhig und streichelte dabei andächtig über die Theke.
„Bitte erpress mich nicht damit. Es macht mir ja auch Spaß, Pralinen herzustellen, aber ...“ Hanna hob beide Hände und deutete auf die Verkaufsfläche.
„ Ist dir das Geschäft nicht chic genug?“ Elke war irritiert, mochte sie doch den rustikalen Charme ihres Geschäftes.
„ Es wirkt halt alt, abgenutzt, dunkel. Wenn das mein Geschäft wäre, würde ich hier alles umräumen. Neue Tapeten, andere Möbel, eine Glastheke, wo man auch anderes verkaufen könnte, kleine Muffins, Kuchen, Schokoladentafeln und ...“
„Nichts da. Dieser Laden hat Tradition. Du willst daraus sicher einen rosa Albtraum machen!“ Elke schüttelte verzweifelt den Kopf, huschte an die Kasse und legte das Kleingeld hinein.
„Ja, aber die Kundschaft bleibt nach und nach aus. Wenn ihr das Geschäft verkauft, wird der neue Besitzer sicher auch alles umräumen oder wollt ihr ihn vertraglich zwingen, es so zu lassen?“ Eigentlich war das nur ironisch gemeint, doch der Gesichtsausdruck ihrer Mutter ließ das Gegenteil vermuten. Elke zog eine Schnute, hob ihre Augenbrauen und versuchte dabei so unschuldig zu schauen, wie nur irgend möglich. Sie zählte das Kleingeld und schwieg dabei.
„ Das ist nicht dein Ernst, oder? Wer will das
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