Pralinenherz
um zu duschen.“ Oliver betrachtete das Ziffernblatt seiner teuren Uhr.
„Das ist nicht lustig ...“. Hanna stellte ihr Gepäck in den Flur und verschwand fluchend im Badezimmer.
„ Ich will ja nichts sagen, aber … ich hab es dir vorher gesagt!“ Oliver lachte und ging zum Bäcker, wo er belegte Brötchen und die Zeitung besorgte.
Nach einer halben Stunde kam Hanna, nur in ein Handtuch gewickelt, wieder aus dem Bad, hatte sich abreagiert und schaffte es, ihren Liebsten zu umarmen. Sie stand hinter ihm und küsste seine Wange, als er noch die Tageszeitung las.
„Hast du dich beruhigt?“, fragte er und gönnte sich seine zweite Tasse Kaffee und ein belegtes Brötchen.
„Geht so. Ich habe noch ein paar Minuten, dann muss ich los. Frau Behlitz will immer, dass ich früher da bin, sonst ist ihre Laune im Keller. Noch tiefer als sonst.“ Sie setzte sich auf Olivers Schoß und klaute ihm eine Brötchenhälfte.
„Rufst du mich jeden Tag an?“, fragte Oliver, der seine Arme um Hannas Hüften legte.
„Ja, mehrmals“, kicherte sie und fügte bedrohlich hinzu: „Und ich schicke ganz viele SMS und Luftküsschen!“ Dabei rieb sie ihre Nase an seiner und küsste ihn abermals.
„Einmal täglich reicht. Ich wollte mich noch mit Kumpels treffen und da wir sicher in Kneipen gehen oder Fußball schauen ...“
„Schon klar, ich werde dich nicht belästigen. Die Abende gehören ganz dir, versprochen!“ Die beiden küssten sich innig. Dabei versuchte er mit seiner Hand unter ihr Handtuch zu gleiten, was Hanna zu verhindern wusste.
„Ich muss jetzt leider los und mich vorher noch anziehen. Du willst doch nicht, dass ich zu spät komme?“ Sie lächelte und küsste ihn ein letztes Mal, bevor sie im Schlafzimmer verschwand, um sich anzuziehen.
Kapitel 2
Mein Leben! Es gerät ins Wanken!
Mit großen Schritten hastete Hanna durch den Flughafen und war froh, doch die flachen Ballerinas angezogen zu haben. Sie war wie ein Packesel beladen und erreichte keuchend den Treffpunkt, den ihre Chefin auserkoren hatte.
„Großes gelbes Schild, an Gate 5. Blaue Bank. Alles klar!“
Jedoch war von Frau Behlitz noch nichts zu sehen, so dass Hanna sich hinsetzte und ihre Taschen nach dem Flugticket durchwühlte.
„Ach, auch schon da?“ Plötzlich stand Frau Behlitz neben ihr, perfekt gestylt und mit dem gleichen strengen Blick, den sie stets wie eine Maske trug. Vielleicht konnte sie auch gar nicht anders schauen? Ein Schlaganfall vielleicht oder eine andere Krankheit, die sie daran hinderte zu lächeln? Doch, Hanna erinnerte sich. Lächeln konnte sie schon. Dann erschienen goldene Euro-Zeichen in ihren Augen und ihre spitzen Zähne funkelten hinter ihren schmalen Lippen hervor.
Sie schüttelte sich kurz bei diesem Kopfkino des Grauens und stand auf, um ihre Chefin zu begrüßen.
„Ja, zwanzig Minuten früher als verabredet“, prahlte Hanna, wohl wissend, dass zwanzig Minuten früher für Frau Behlitz sechs Stunden zu spät bedeuteten.
„Wie auch immer. Deine Karte hast du ja, dann können wir jetzt einchecken. Ich hoffe, du hast alles dabei, so kannst du ja schlecht auf die Messe gehen.“ Sie betrachtete ihre Angestellte abschätzig und beschwerte sich über den viel zu kurzen Rock. Schließlich konnte man Hannas Knie sehen. Ihr eigener Rock war jedoch um ein Vielfaches kürzer Marke „breiter Gürtel“, und ihre hängenden Falten am Po hätte man auch mit einer Schichttorte verwechseln können. Frau Behlitz eilte Hanna voran zum Check-in-Schalter, sodass Hanna die beste Aussicht auf ihre Rückseite hatte. Wie hypnotisiert starrte Hanna auf die wabbelnden Hautschichten und schüttelte sich erneut, als sich Frau Behlitz herumdrehte und Hanna ihr büstenhalterloses A-Körbchen entgegen flatterte. Mit weit aufgerissenen Augen und einer Ganzkörpergänsehaut zwang sie sich, ihrer Chefin in die Augen zu sehen.
„Natürlich, ich habe auch längere Röcke dabei!“, meinte Hanna und wand sich so aus der prekären Situation heraus, wechselte schnell das Thema, indem sie mit ihrem Gepäck zum Schalter eilte. Frau Behlitz ging ihr genervt nach.
Nach dem Check-in und einigen Kontrollen durften sie ins Flugzeug einsteigen und Hannas Gebete wurden erhört. Sie und Frau Behlitz bekamen zwei getrennte Sitzplätze, da der Flug ausgebucht war. Zwar dauerte dieser nur etwas mehr als eine Stunde, aber es war erholsam und Balsam für ihre angeschlagene Seele.
Ihr Hotel in Frankfurt war schnell
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