Pretty Daemon
vor Liebe nicht blind gewesen war. Sein Name ist Eric Crowe, hatte die alte Frau gesagt, die jetzt tot war. Und die Dunkelheit umhüllt ihn wie die Nacht.
War es das, was ich auf einmal sah? Die Dunkelheit, die ihn umhüllte?
Ich dachte an Dukkars Gesicht und die vielen Verletzungen, und ich dachte an die zahlreichen anderen Hinweise auf Davids heftiges Temperament. Und natürlich fielen mir auch die Lügen und die Tatsache ein, dass er Allies Leben bewusst in Gefahr gebracht hatte.
Waren all das Hinweise auf eine dunkle Seite in Erics beziehungsweise Davids Wesen? Hinweise auf etwas Gefährliches, was in ihm brodelte?
Mir wurde klar, dass David Allie nicht zum ersten Mal dazu angehalten hatte, vor mir Geheimnisse zu haben. Ich hätte es vielleicht schon früher bemerken müssen, doch erst jetzt ergab alles einen Sinn. Allies Müdigkeit am Montagmorgen. Die Art und Weise, wie sie und David am Sonntag auf dem Jahrmarkt die Köpfe zusammengesteckt hatten. Ganz zu schweigen von den Dingen, die Allie auf einmal über das Himmelsschwert wusste, ohne dass ich ihr etwas davon erzählt hätte.
Die beiden waren also gemeinsam auf Patrouille gegangen und hatten das vor mir verheimlicht.
Hatte Davids Seele tatsächlich Schaden genommen? Und falls ja, bedeutete das dann, dass ich diejenige war, die ihm das angetan hatte?
Ich stieg ins Auto und hielt mich für einen Augenblick mit beiden Händen am Lenkrad fest. Allie, die ebenfalls vorn saß, rückte so weit wie möglich von mir ab. Sie war ein kluges Kind, das musste man ihr lassen.
»Der Dämon ist gar nicht in Abaddons Auftrag gekommen«, sagte sie und brach so das Schweigen, das zwischen uns geherrscht hatte, bis ich auf den Highway eingebogen war.
»Wovon redest du?«
»Als Daddy mit dem Dämon gekämpft hat, meinte er zu ihm, er solle Abaddon ausrichten, der Kampf sei sinnlos und er könne besser gleich aufgeben.«
Ich verkniff mir ein Grinsen. So etwas war immer typisch Eric gewesen. »Und?«
»Der Dämon hat nur verächtlich geschnaubt und erklärt, dass er gar nicht zu Abaddons Gefolgschaft gehöre. Zumindest so lange nicht, bis er der Auserwählte sei. Was kann das heißen, Mami?«
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Aber es scheint ja so, als ob Abaddon wieder einmal scharf darauf wäre, für immer unbesiegbar zu werden. Vielleicht will ihm dieser Dämon erst dann dienen, wenn ihm keine andere Wahl mehr bleibt.«
»Vielleicht«, erwiderte Allie wenig überzeugt.
»Eines weiß ich aber ganz sicher.«
»Was?«
»Du hast Hausarrest«, sagte ich. »Und zwar diesmal wirklich.«
»Ich weiß«, entgegnete sie. »Das hatte ich mir schon fast gedacht.«
Am Mittwochmorgen brachte ich Timmy zu Fran, damit er mit deren Tochter Elena spielen konnte. Danach fuhr ich als Erstes zu Laura.
Ich parkte vor ihrem Haus und überlegte. Es war zwar noch ziemlich früh, aber ich wusste, dass Laura gegen einen Besuch nie etwas einzuwenden hatte. Sie wachte zudem nicht nur immer früh auf, sondern backte auch zu jeder Tages- und Nachtzeit. Es war also ziemlich wahrscheinlich, dass ich nicht nur mit einem Lächeln, sondern auch mit einem großen Blaubeermuffin begrüßt werden würde. Ehrlich gesagt, konnte ich beides ziemlich gut gebrauchen.
Ich stieg also aus dem Wagen und ging zur Haustür. Sie war noch verriegelt. Obwohl ich auch zu Lauras Haus einen Schlüssel hatte, klingelte ich diesmal vorsichtshalber. Schließlich hatte sie am Abend zuvor ihren Arzt getroffen. Es war vermutlich besser, nicht einfach unangemeldet hereinzuplatzen.
»Hi«, begrüßte mich Laura, als sie die Tür öffnete und mich überrascht ansah. »Warum bist du nicht einfach hereingekommen?«
»Wegen gestern Abend«, erwiderte ich und schaute ihr über die Schulter, ob ich irgendwelche Anzeichen männlichen Lebens im Haus erkennen konnte. »Oder ist hier nur der Wunsch der Vater des Gedankens?«
»Für ihn kann ich das nicht beantworten«, erwiderte sie. »Aber bei mir wäre das durchaus ein Wunsch gewesen.« Sie wies mit dem Kopf in Richtung Küche. »Komm rein. Ich backe gerade Muffins.«
Meine Laune wurde sogleich besser. »Blaubeer?«, fragte ich hoffnungsvoll.
Sie runzelte die Stirn. »Mohn und Zitrone«, entgegnete sie. »Tut mir leid. Wenn ich natürlich gewusst hätte, dass du kommst…«
»Schon in Ordnung«, beruhigte ich sie und goss mir einen Becher Kaffee ein. »Du bist schließlich nicht meine Privatbäckerin.«
»Nein, das nicht…« Sie hielt inne.
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