Pretty Daemon
nicht mehr allein zu sein.
»Katherine?«
»Einen Moment, bitte.« Ich schlich durch den Raum und öffnete die Tür. Vorsichtig blickte ich in den langen Gang hinaus. »Stuart?«, rief ich. Für einen Moment hörte ich nichts. Doch dann antwortete mir mein Mann aus dem Erdgeschoss.
»Suchst du mich?«
»Ich habe etwas gehört«, erklärte ich ihm rufend. »Ich wollte nur sichergehen, dass dir nichts passiert ist.« Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber das war ja nichts Neues.
»Bei mir ist alles in Ordnung«, erwiderte mein Mann. »In den Leitungen ist nur etwas Luft gewesen. Das hat diesen Knall ausgelöst, als ich gerade versucht habe, das Wasser anzustellen.«
»Verstehe. Gut. Ich schaue mich hier oben noch etwas weiter um.« Ich schloss die Tür hinter mir, so dass ich nicht mehr hören konnte, was er antwortete. Doch ich nahm nicht an, dass es etwas Wichtiges war. Wenn Stuart sich mit den Wasserleitungen beschäftigte, konnte ich vermutlich mindestens noch eine Stunde lang telefonieren, ohne dass ihm meine Abwesenheit auffallen würde.
»Entschuldigen Sie bitte, Padre Corletti«, sagte ich, als ich mir wieder das Handy ans Ohr drückte. »Bitte fahren Sie fort.«
»Ah«, murmelte er. »Natürlich.« Er räusperte sich, und ich hörte Papier rascheln. Offensichtlich warf er einen Blick auf seine Notizen. Obwohl Padre Corletti bereits Ende siebzig war, besaß er noch immer ein beneidenswert gutes Gedächtnis. Ich wusste, dass er solche Notizen im Grunde gar nicht brauchte. Sie schienen ihn allerdings zu beruhigen. Ich musste lächeln, als ich ihn mir vorstellte, wie er hinter seinem schlichten Eichentisch im Vatikan saß, ein Bild des Papstes an der Wand hinter ihm.
»Die meisten glauben nicht, dass das Gladius Caeli überhaupt existiert«, begann er.
»Nicht? Der Dämon von vergangener Nacht schien da aber anderer Ansicht zu sein.«
»Das Schwert ist nur ein Gerücht«, erwiderte der Padre. »Eine Art Legende. Seit Jahrhunderten gibt es Geschichten über das Himmelsschwert, das vom Erzengel Michael auf die Erde gebracht worden sein soll, um im Kampf gegen das Böse eingesetzt zu werden. Für viele ist dieses Schwert nur ein Gruselmärchen für Dämonen – eine Geschichte, die diese Kreaturen in Angst und Schrecken versetzen soll, in der aber nichts Wahres steckt.«
»Glauben Sie das auch, Padre?«
»Ich bin mir nicht sicher. Ich kann weder mit voller Überzeugung behaupten, dass es existiert, noch, dass es nicht existiert. Wenn die Dämonen jedoch davon ausgehen, dass es das Schwert gibt, und glauben, dass du es besitzt, reicht das völlig, um dich in Gefahr zu bringen. Vielleicht ist dieser Glaube aber ja auch von Vorteil für dich.«
»Das mit der Gefahr verstehe ich. Aber das mit dem Vorteil müssen Sie mir näher erklären.«
»Katherine, falls es das Schwert tatsächlich gäbe, könnte es wahre Wunder bewirken. Es besäße die Macht, einen besonders hochgestellten Dämon zu bekämpfen, vor allem, wenn es von einem Menschen geführt wird, dessen Vorfahren das Schwert zu schmieden halfen.«
Ich dachte einen Moment nach. »Können Sie das näher erläutern? Meinen Sie einen bestimmten Dämon? Und was hat es mit dem Schmieden des Schwertes auf sich?«
»Der Legende nach besitzt das Schwert die Macht, einen bestimmten Dämon, der während des Schmiedens der Klinge namentlich genannt wurde, mitsamt Gefolge zu besiegen und ihn auf immer davon abzuhalten, zurückzukehren.«
»Sie meinen Abaddon?«
»Ja.«
»Und er nimmt an, dass ich diejenige bin, die das Schwert führen wird.«
»Offenbar.«
»Warum?«
»Das weiß ich auch nicht. Bisher sind wir uns ja noch nicht einmal sicher, ob dieses Schwert überhaupt existiert. Der Legende zufolge soll ein Reiter, dessen Name uns heutzutage nicht mehr bekannt ist, im Jahr 504 vor Christus den Dämon Themoratep besiegt haben. Damals wurde das Schwert zum ersten Mal eingesetzt. Man hat es erneut geschmiedet und so seine Klinge für einen neuen Besitzer und ein neues Opfer vorbereitet.«
»Das scheinen mir aber ziemlich viele Einzelheiten für eine Legende zu sein«, gab ich zu bedenken.
»Stimmt. Und genau diese Einzelheiten zeigen uns, dass sich hinter dieser Legende möglicherweise doch die Wahrheit verbirgt. Interessanterweise gibt es nämlich auch alte Artefakte, die sich auf Themoratep beziehen. Alle stammen natürlich aus der Zeit mehr als fünfhundert Jahre vor Christi Geburt.«
»Sie glauben also daran«, sagte ich und war mir
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