Pretty - Erkenne dein Gesicht
komisch."
"Innerlich bin ich aber immer noch ich."
"So fühlt es sich auch an, wenn wir zusammen fliegen." Er wandte sich ab und setzte das Hubbrett wieder in Bewegung.
Tally drückte sich jetzt fester an ihn, sie wollte nicht, dass er sich wieder umdrehte. Es war auch so schon schwer genug, ohne die verwirrten Gefühle, die in ihr aufstiegen, wenn sie ihn ansah. Und er wollte vermutlich auch nicht in ihr operiertes Gesicht blicken, mit den riesigen Augen und der pulsierenden Tätowierung. Eins nach dem anderen. "Aber sag mir eins, David, warum hat Croy das Heilmittel gebracht und nicht du?"
"Wir hatten Probleme, es ist einiges schiefgelaufen. Ich wollte dich nach meiner Rückkehr holen."
„Nach deiner Rückkehr? Von wo?"
"Ich habe eine andere Stadt beobachtet und wartete auf Uglies, die zu uns wollten, als die Specials in Massen anrückten. Sie sind immer wieder über die Ruinen geflogen und haben nach uns gesucht." Er nahm ihre Hand und presste sie auf seine Brust. "Meine Mom beschloss dann, die Stadt für eine Weile zu verlassen. Wir haben uns in der Wildnis verkrochen."
"Und ich saß in der Stadt fest", sagte sie und seufzte, "Das hat Maddy nicht viel ausgemacht, nehme ich an." Tally zweifelte nicht daran, dass Davids Mutter sie noch immer für alles verantwortlich machte - für Smokes Ende, für Az’ Tod.
"Ihr blieb nichts anderes übrig", widersprach David. "Es waren noch nie so viele Specials unterwegs. Es war zu gefährlich, hierzubleiben."
Tally holte tief Luft und dachte an ihren kleinen Plausch mit Dr. Cable. "Ich nehme an, die Specials haben in letzter Zeit neue Leute rekrutiert."
"Aber ich hatte dich nicht vergessen, Tally. Croy musste versprechen, dir die Pillen und deinen Brief zu bringen, wenn mir etwas passierte, damit du auf jeden Fall eine Möglichkeit zur Flucht hättest. Als sie anfingen, New Smoke zusammenzupacken, dachte er, dass wir so schnell nicht zurückkomme würden, und deshalb hat er sich in die Stadt geschlichen."
"Du hast ihn geschickt?"
"Natürlich. Er war mein Notfallplan. Ich hätte dich doch nie da drinnen alleingelassen, Tally."
"Ach!" Wieder wurde ihr schwindlig, als sei das Brett eine Feder, die zu Boden wirbelte. Sie schloss die Augen und drückte sich fester an David, erfasste endlich, dass er solide und wirklich war und stärker als irgendeine Erinnerung. Tally spürte, wie etwas in ihr entschwand, eine Unruhe, von deren Vorhandensein sie kaum gewusst hatte. Die Qual in ihren Träumen, die Angst, dass David sie im Stich gelassen haben könnte, an allem waren nur ein paar Verwicklungen schuld, irgendwelche Pläne, die schiefgegangen waren, wie in alten Geschichten, wenn ein Brief zu spät kam oder der falschen Person ausgehändigt wurde und wo es galt, sich deshalb möglichst nicht umzubringen.
David hatte sie holen wollen, das war jetzt klar.
"Aber du warst ja nicht allein", sagte er leise.
Tally erstarrte. Natürlich wusste er inzwischen von Zane. Wie sollte sie erklären, dass sie David ganz einfach vergessen hatte? Für die meisten Leute wäre das keine überzeugende Entschuldigung, aber David wusste doch von den Läsionen - seine Eltern hatten ihm beigebracht, was es bedeutete, ein Pretty-Gehirn zu haben. Er musste das verstehen.
Aber natürlich war es nicht so einfach. Tally hatte Zane schließlich nicht vergessen. Sie konnte in diesem Moment sein schönes Gesicht vor sich sehen, hager und verletzlich, sie sah, wie seine goldenen Augen gefunkelt hatten, ehe er aus dem Ballon gesprungen war. Sein Kuss hatte ihr die Kraft gegeben, die Pillen zu suchen; er hatte das Heilmittel mit ihr geteilt. Was also sollte sie sagen?
Das Einfachste war: "Wie geht es ihm?"
David zuckte mit den Schultern. "Nicht so gut. Aber auch nicht so schlecht, in Anbetracht der Tatsachen. Du hast Glück gehabt, dass du es nicht warst, Tally."
"Das Heilmittel ist also gefährlich? Bei einigen Leuten funktioniert es nicht?"
"Es funktioniert perfekt. Deine Kumpels haben es alle ge nommen und ihnen geht es gut."
„Aber Zanes Kopfschmerzen ..."
"Das sind nicht einfach nur Kopfschmerzen." Er seufzte. "Meine Mutter kann dir das erklären."
"Aber was..." Tally ließ die Frage ins Leere laufen. Sie konnte es David nicht übel nehmen, dass er nicht über Zane sprechen wollte. Immerhin waren ihre ungestellten Fragen beantwortet worden. Die anderen Krims hatten es geschafft und sich zu
den Smokies durchgeschlagen; Maddy hatte Zane helfen können; die Flucht war gelungen. Und jetzt, wo
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