Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
Tally halb erfroren auf und bereute ihr unhöfliches Verhalten. Nach einer langen, stummen Runde von Selbstvorwürfen seufzte sie und kroch dann hinüber, um sich an Andrews Rücken zu schmiegen. Er war nicht Zane, aber die Wärme eines anderen Menschen war besser, als zitternd, elend und allein auf dem Steinboden zu liegen.
    Als sie in der Dämmerung erwachte, war die Höhle von Rauchgeruch erfüllt.

 
Der Rand der Welt
    Tally wollte aufschreien, aber eine Hand legte sich über ihren Mund.
    Sie hätte fast im Halbdunkel mit der Faust um sich geschlagen, aber irgendein Instinkt ließ sie zögern - es war Andrew, der sie festhielt. Sie konnte ihn riechen, wie ihr jetzt aufging. Nachdem sie zwei Nächte nebeneinander geschlafen hatten, hatte ihr Gehirn seinen Geruch gespeichert.
    Sie entspannte sich und er ließ sie los.
    "Was ist passiert?", flüsterte sie.
    "Eindringlinge. Genug für ein Feuer."
    Sie dachte einen Moment darüber nach, dann nickte sie. Wegen der Blutsfehde konnten nur große Gruppen von Bewaffneten es wagen, außerhalb der Sicherheit ihres Dorfes ein Feuer zu machen.
    Tally nahm den Geruch von versengtem Fleisch wahr. Lärmende Gespräche drangen zu ihnen. Die anderen hatten offenbar ihr Lager in der Nähe aufgeschlagen, als Tally und Andrew schon schliefen, und jetzt bereiteten sie ihr Frühstück zu.
    "Was machen wir jetzt?"
    "Du bleibst hier. Ich versuche einen allein zu erwischen."
    "Was willst du?", zischte sie.
    Er zog das Messer seines Vaters hervor. "Das ist meine Chance, die Rechnung zu begleichen."
    "Die Rechnung? Was ist das hier, ein Zahlenexperinient?", flüsterte Tally. "Die werden dich umbringen. Du sagst doch selbst, dass es viele sind."
    Er runzelte ärgerlich die Stirn. "Ich nehm ja nur einen, wenn er allein ist. Ich bin doch kein Idiot!"
    "Vergiss es!" Sie packte Andrews Arm und ihre Finger bohrten sich in sein Handgelenk. Er versuchte sich loszureißen, aber seine drahtige Kraft konnte es nicht mit ihren postoperativen Muskeln aufnehmen.
    Er starrte sie wütend an, dann sagte er laut: "Wenn wir uns streiten, dann hören sie uns."
    "Sehr lustig. Pssst!"
    "Lass mich los!" Er wurde noch lauter und Tally ging auf, dass er auch schreien würde, falls das sein müsste. Er war es seiner Ehre schuldig, den Feind zu jagen, auch wenn er dabei ihrer beider Leben aufs Spiel setzte. Natürlich würden die Eindringlinge Tally wohl nichts tun, wenn sie erst ihr hübsches Gesicht gesehen hätten. Aber Andrew würde umgebracht werden, wenn sie ihn erwischten, und das würde passieren, wenn er nicht bald still wäre. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sein Handgelenk loszulassen.
    Andrew drehte sich wortlos um und kroch, das Messer in der Hand, aus der Höhle.
    Tally blieb wie betäubt in der Dunkelheit sitzen und ging in Gedanken ihren Streit noch einmal durch. Was hätte sie zu ihm sagen können? Welche geflüsterten Argumente könnten Jahrzehnte der Blutsfehde überwinden? Es war hoffnungslos.         Vielleicht griff das alles ja auch noch tiefer. Tally musste der an ihr Gespräch mit Dr. Cable denken, die behauptet, dass Menschen immer den Krieg wiederentdeckten, dass sie am Ende immer zu Rusties wurden - ihre Art war eine Seuche für de n Planeten, ob sie nun wussten, was ein Planet ist oder nicht. Und was konnte dafür das Heilmittel sein, wenn nicht die Operation?
    Vielleicht hatten die Specials ja doch Recht.
    Tally kauerte in der Höhle, elend, hungrig und durstig. Andrews Wasserschlauch war leer und ihr blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis er zurückkam. Falls er zurückkam. Wie hatte er sie einfach hier allein lassen können?
    Natürlich hatte er seinen eigenen Vater in einem eiskalten Bach zurücklassen müssen, verletzt und dem Tode geweiht. Vielleicht würde jeder Rache fordern, der so etwas durchgemacht hatte. Aber Andrew suchte ja nicht die Männer, die seinen Vater getötet hatten, er wollte irgendeinen Fremden umbringen - ganz egal, wen. Und das ergab doch keinen Sinn.
    Endlich verflogen die Essensgerüche. Tally kroch zur Öffnung der Höhle. Vom Lager der Eindringlinge war nichts mehr zu hören, nur der Wind in den Blättern.
    Dann sah sie jemanden durch den Wald kommen ...
    Es war Andrew. Er war lehmverschmiert, als ob er auf dem Bauch umhergekrochen wäre, aber das Messer, das er umklammerte, sah sauber aus. Tally konnte auch an seinen Händen kein Blut sehen. Als er näher kam, nahm sie erleichtert seine enttäuschte Miene wahr. "Also, kein Glück?",

Weitere Kostenlose Bücher