Pretty Little Liars - Herzlos: Band 7
Addison-Stevens, ein Tablett mit gebackenem Huhn und gedämpftem Gemüse in den Händen. Die Cafeteria war ein großer, quadratischer Raum mit honigfarbenen Dielen und kleinen Bauerntischen. An der Seite stand ein glänzender Steinway-Flügel und eine Wand bestand nur aus Fenstern, die auf die glänzende Wiese hinausblickten. Abstrakte Reliefgemälde hingen an den anderen Wänden und die Fenster wurden von grauen Samtvorhängen eingerahmt. Auf einem Tisch im hinteren Teil des Raums standen zwei glänzende, teuer aussehende Kaffeemaschinen, ein großer Kühlschrank aus Stahl, in dem alle möglichen Softdrinks lagerten, und unzählige Tabletts voller göttlich aussehender Schokoladenkuchen, Zitronentörtchen und Brownies. Natürlich würde Hanna das Dessert auslassen. Der Konditor in dieser Einrichtung mochte ja preisgekrönt sein, aber sie hatte nicht vor, sich hier auch noch fünf Kilo anzufressen.
Zugegebenermaßen war ihr erster Tag im Irrenhaus ganz nett gewesen. Die erste Stunde lang hatte sie den Stuck an ihrer Zimmerdecke angestarrt und darüber nachgedacht,
wie beschissen ihr Leben doch war. Dann war eine Schwester hereingekommen und hatte ihr eine Pille gegeben, als sei es ein Tic Tac. Es stellte sich heraus, dass es Valium gewesen war, das sie hier nehmen durfte, sooft sie wollte.
Dann hatte sie ihre Sitzung mit ihrer Therapeutin Dr. Foster, die versprochen hatte, sich mit Mike in Verbindung zu setzen und ihm zu sagen, dass Hanna nur sonntagnachmittags telefonieren oder Mails schreiben durfte, damit er nicht glaubte, sie ignoriere ihn. Dr. Foster sagte auch, Hanna müsse in ihren Sitzungen nicht über Ali oder Mona reden, wenn sie nicht wolle. Und am Schluss beteuerte die Therapeutin wieder und wieder, die Mädchen auf Hannas Station wüssten nicht, wer sie war. Die meisten waren schon so lange im Sanatorium, dass sie noch nie von A. oder Ali gehört hatten. »Du musst also nicht daran denken, solange du hier bist«, sagte Dr. Foster und drückte Hannas Hand. Und dann war die Therapiestunde auch schon zu Ende gewesen. Sieg.
Jetzt gab es Abendessen. Alle Patientinnen des Mädchenflügels saßen zu dritt oder zu viert an Tischen. Die meisten trugen Krankenhauswäsche oder Flanellpyjamas, hatten wirre Haare und unlackierte Fingernägel. Aber es gab auch ein paar Tische mit hübschen Mädchen in Sk inny Jeans, langen Tuniken und weichen Kaschmirpullis. Ihre Haare glänzten, ihre Körper waren durchtrainiert. Aber keine Gruppe hatte von Hanna Notiz genommen oder sie eingeladen, sich zu ihnen zu setzen. Sie schienen alle
durch sie hindurchzublicken, als sei sie nur ein zweidimensionales Bild auf Pauspapier.
Hanna stand im Türrahmen, verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen und fühlte sich in die Cafeteria von Rosewood Day am ersten Tag des sechsten Schuljahrs zurückversetzt. Die Sechstklässler gehörten offiziell zur Mittelstufe, was bedeutete, dass sie mit den Siebt- und Achtklässlern zu Mittag aßen. Hanna hatte genau wie heute in einer Ecke des Speisesaals gestanden und sich gewünscht, sie wäre dünn und beliebt genug, um neben Naomi Zeigler und Alison DiLaurentis sitzen zu dürfen. Dann war Riley Wolfe gegen Hannas Ellbogen gestoßen und sie hatte ihre Spaghetti mit Fleischklößchen auf ihre Schuhe und den Boden verteilt. Sogar heute noch hörte sie Naomis schrilles Lachen, Alis mädchenhaftes Kichern und Rileys geheucheltes »Sorry«. Hanna war in Tränen ausgebrochen und aus der Cafeteria gerannt.
»Hallo?«
Hanna drehte sich um und sah ein kleines, pummeliges Mädchen mit fahlem braunen Haar und einer Zahnspange vor sich stehen. Sie hätte sie für zwölf gehalten, wenn sie nicht riesige Brüste gehabt hätte. Ihr hellrotes Sweatshirt spannte über ihnen und es sah aus, als habe sie zwei Wassermelonen darunter versteckt. Traurig dachte Hanna an Mike. Er hätte wahrscheinlich denselben Witz gerissen.
»Bist du neu hier?«, fragte das Mädchen. »Du siehst ein bisschen verloren aus.«
»Äh, ja.« Hanna rümpfte die Nase, als es plötzlich stark
nach Wick VapoRub roch. Der Geruch schien von der Haut des Mädchens auszuströmen.
»Ich bin Tara.« Das Mädchen spuckte ein bisschen beim Sprechen.
»Hanna«, murmelte Hanna apathisch und wich aus, um eine Pflegerin in ihrem weißen Kittel durchzulassen.
»Willst du dich zu uns setzen? Alleine essen ist doof. Wir haben das alle durchgemacht.«
Hanna senkte den Blick auf den glänzenden Holzboden und überlegte. Tara wirkte nicht
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