Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
Haus der DiLaurentis lag in einer stillen, hübschen Straße, weit weg vom schäbigen Yarmouther Bahnhof. Als erstes fiel Aria das blattförmige Windspiel auf, das an der Vorderveranda hing. Dasselbe Windspiel hatte auch an Alis alter Veranda gehangen. Wenn Aria vor der Tür darauf gewartet hatte, dass Ali herunterkam, hatte sie oft die Blätter aneinander klingen lassen und versucht, ein Lied zu komponieren.
Die Auffahrt war leer, und das Haupthaus war dunkel, die Vorhänge geschlossen und die Lichter gelöscht. Das Gebäude, in dem die Dreifachgarage und – im zweiten Stock – Jasons Wohnung untergebracht waren, war durch eine niedrige Steinmauer vom Haupthaus und durch einen hohen, schmiedeeisernen Zaun vom Nachbargrundstück abgetrennt. Erstaunlicherweise gab es keine Ali-Schreine im Garten oder auf der Straße – aber vielleicht hatten die DiLaurentis die Journalisten ja gebeten, ihren neuen Wohnort nicht zu veröffentlichen. Und vielleicht hatte die Presse ja ausnahmsweise mal ihre Wünsche respektiert.
Aria ging die Auffahrt zur Garage hinauf, ihr Magen grummelte aufgeregt. Dann hörte sie ein Klonk und lautes Bellen.
Ein Rottweiler rannte aus dem engen Spalt zwischen der Garage und dem Zaun auf sie zu und zerrte an seinem Halsband eine lange Metallkette hinter sich her.
Aria sprang zurück. Der Hund hatte Schaum vor dem Mund und schien nur aus kräftigen Muskeln zu bestehen. Aria versuchte, »Schhhhh« zu sagen, brachte aber kaum mehr als ein Flüstern heraus. Der Hund knurrte böse. Seine Augen blitzten und er hatte die Zähne gefletscht. Zweifellos roch er ihre lähmende Angst. Sie schaute verzweifelt zu der Wohnung über der Garage hinauf. Bestimmt würde Jason gleich runterkommen und ihr helfen, richtig? Aber auch dort brannten keine Lichter.
Aria hielt die Handflächen nach oben und versuchte, ruhig zu wirken, aber das schien den Hund nur noch mehr zu reizen. Er schnaubte, scharrte mit den Füßen und bleckte immer wieder seine langen scharfen Zähne. Aria wimmerte hilflos und wich noch einen Schritt zurück. Ihre Hüfte stieß gegen etwas Hartes, und sie schrie erschrocken auf. Sie war an das Geländer der Treppe gestoßen, die zur Wohnung führte. Voller Entsetzen realisierte sie, dass der Hund sie in die Ecke getrieben hatte – die Steinmauer, die das Haupthaus von der Garage trennte, war zu hoch, um schnell darüber zu hechten, und der Hund blockierte sowohl die Einfahrt als auch den schmalen Pfad, der in den Hintergarten führte. Der einzige Weg in die Sicherheit führte die Holztreppe zu Jasons Wohnung hinauf.
Aria schluckte heftig und sprang mit wild klopfendem Herzen die Stufen hinauf. Der Hund rannte ihr nach, seine Pfoten rutschten auf den nassen Holzstufen aus. Sie hämmerte gegen die Tür. »Jason!«, schrie sie. Keine Antwort. Panisch rüttelte Aria am Türknauf. Die Türe war verschlossen.
»Was soll das?«, schrie sie und drückte sich an die Türe. Der Hund war nur noch wenige Stufen entfernt. Aria sah ein offenes Fenster neben der Tür. Langsam bewegte sie die Hand in Richtung Fensterbrett und öffnete das Fenster weiter. Dann holte sie tief Luft, wirbelte herum und quetschte sich durch den Spalt. Sie fiel mit dem Rücken auf etwas Weiches. Eine Matratze. Sie zog das Fenster zu. Der Hund bellte und kratzte an Jasons Tür. Aria keuchte atemlos und lauschte ihrem hämmernden Herzschlag. Dann sah sie sich um. Das Zimmer war dunkel und leer. Neben der Tür hing eine Garderobenleiste, aber an den Haken hing nichts.
Aria griff nach ihrem Handy und rief Jason an, aber es ging nur die Mailbox dran. Aria legte auf, warf das Handy aufs Bett und stand auf. Der Hund bellte immer noch und sie wagte nicht, die Wohnung zu verlassen.
Diese bestand aus einem großen Raum, der in einen Schlafbereich, eine Essecke und eine kleine Fernsehnische unterteilt war. Am Ende des Raumes war die Tür zum Bad, rechts davon standen ein paar Bücherregale. Aria ging durchs Zimmer und inspizierte die Bücher von Hemingway, Burroughs und Bukowski, die in Jasons Regalen standen. An der Wand hing ein kleiner Druck von einer Egon-Schiele-Zeichnung, einem Lieblingskünstler Arias. Sie kauerte sich nieder und fuhr mit dem Zeigefinger über die Rücken der DVDs, die Jason besaß. Ihr fiel auf, dass viele ausländische Filme darunter waren. Auf der kleinen Kochinsel standen Fotos, die wahrscheinlich aus Yale stammten. Manche zeigten ein zierliches, lächelndes Mädchen mit dunklem Haar und einer dunklen Hornbrille.
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