Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
überwältigenden Drang verspürt, aus der Schule zu rennen, zu Spencers Haus zu fahren, ihre Ali-Geldbörse auszugraben und sie nie wieder aus den Augen zu lassen.
Außerdem fühlte sie sich in Rosewood Day gerade einfach … unwohl. Emily war Maya den ganzen Tag aus dem Weg
gegangen, aus Angst vor einer Konfrontation. Und beim Schwimmen hatte sie auf Autopilot geschaltet. Am liebsten wollte sie alles hinwerfen, und am schlimmsten war gewesen, dass ihr Exfreund Ben und sein bester Freund Seth Cardiff ihr ständig schmutzige Blicke zugeworfen und anzüglich gegrinst hatten, weil sie einfach nicht verkraften konnten, dass Emily nicht auf Jungs, sondern auf Mädchen stand.
Mrs Fields schürzte die Lippen und machte ihr Mir-kannstdu-nichts-vormachen-Gesicht. Sie drückte Emilys Hand. »Hast du nicht Lust, heute Abend zu dem Wohltätigkeitskonzert von Holy Trinity zu gehen?« Emily zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Du willst mit mir zu einer kirchlichen Veranstaltung gehen?« Soweit Emily wusste, passte die katholische Kirche ungefähr so gut zu Homosexuellen wie Streifen zu Karos.
»Pater Tyson hat sich nach dir erkundigt«, sagte Mrs Fields. »Nicht wegen deiner Orientierung«, fügte sie schnell hinzu. »Er hat sich Sorgen um dich gemacht, wegen der Geschichte mit Mona im letzten Semester. Und die Veranstaltung wird sicher lustig. Es gibt eine Band und eine Versteigerung. Vielleicht findest du dort wieder ein bisschen Frieden.«
Emily lehnte sich dankbar an die Schulter ihrer Mutter. Vor ein paar Monaten hatte Emilys Mutter nicht einmal mehr mit ihr gesprochen und damals wäre sie nie auf die Idee gekommen, sie mit zur Kirche zu nehmen. Sie freute sich jede Nacht darüber, in ihrem bequemen Bett in Rosewood einzuschlafen, und nicht auf dem Klappbett ihrer puritanischen Verwandten in deren zugigem Bauernhaus in Iowa zu liegen. Emily war dorthin verbannt worden, um ihre so genannten homosexuellen Dämonen zu exorzieren. Sie freute sich auch täglich darüber, dass Carolyn wieder in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer
schlief und Emily nicht mehr aus Angst mied, sich an lesbischen Viren zu infizieren. Es war auch nicht so schlimm, dass Emily nicht mehr in Maya verliebt war. Und es war auch nicht schlimm, dass die gesamte Schule wusste, dass sie homosexuell war und eine Menge Jungs ihr in der Hoffnung durch die Gänge folgten, sie werde spontan mit irgendeinem Mädchen rumknutschen. Weil Lesben so etwas natürlich ständig machten.
Die Hauptsache war, dass ihre Familie sich nach allen Kräften bemühte, sie zu akzeptieren. Zu Weihnachten hatte Carolyn Emily ein Poster der Olympiasiegerin Amanda Beard in einem Wettkampfbikini als Ersatz für Emilys altes Poster von Michael Phelps in einer winzigen Speedo-Badehose geschenkt. Emilys Vater hatte ihr eine große Dose Jasmintee geschenkt, da er im Internet gelesen hatte, dass »äh, Ladys wie du« lieber Tee als Kaffee tranken. Ihre älteren Geschwister Jake und Beth hatten zusammengelegt und ihr alle Staffeln von The L Word auf DVD geschenkt und sogar angeboten, nach Weihnachten ein paar Folgen zusammen mit ihr anzuschauen. Ihre Bemühungen machten Emily zwar ziemlich verlegen – sie wollte gar nicht daran denken, wie ihr Dad sich im Internet über Lesben informierte –, aber auch sehr glücklich.
Die 180-Grad-Wendung, die ihre Familie gemacht hatte, ließ sie den Wunsch verspüren, sich auch mehr um sie zu bemühen. Und vielleicht hatte ihre Mom ja recht. Emily wünschte sich sehnlich, ihr Leben würde wieder so normal verlaufen wie vor der ganzen A.-Sache. Ihre Familie ging schon seit sie denken konnte in die Holy Trinity, Rosewoods größte katholische Kirche. Vielleicht würde sie sich dort wirklich besser fühlen. »Okay«, sagte Emily und kletterte aus dem Bett. »Ich komme mit.«
»Gut«, strahlte Mrs Fields. »Ich fahre in einer Dreiviertelstunde
los.« Damit ging sie aus dem Zimmer. Emily stand auf, ging zu ihrem großen Schlafzimmerfenster und stützte die Ellbogen auf dem Sims auf. Der Mond war hinter den Bäumen aufgegangen, die dunklen Maisfelder hinter ihrem Haus waren von einer unberührten, weißen Schneedecke überzogen und die wie eine Burg geformte Schaukel im Garten der Nachbarn lag unter einer dicken Eisschicht.
Plötzlich huschte etwas durch eine Reihe verwelkter Maisstauden. Emily schoss hoch, ihre Nerven plötzlich zum Zerreißen gespannt. Sie sagte sich, dass das sicher nur ein Reh gewesen war, aber als sie noch einmal genauer hinsah, sah sie
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