Pretty Little Liars - Unvergleichlich
standen ein wenig ratlos daneben, als gehörten sie nicht dazu. Mit ihnen würde Hanna nicht quietschen. Das machten nur beste Freundinnen und davon gab es in Hannas Welt nur eine.
VERHÖR MIT SPIONAGEBEILAGE
Am Dienstagnachmittag bog Spencer nach einer schnellen Redaktionssitzung und einer Stunde Hockeytraining in ihre mit blaugrauen Schieferplatten ausgelegte runde Einfahrt ein. Vor dem Haus stand ein Streifenwagen der Rose wooder Polizei neben dem stahlgrauen Range Rover ihrer Mutter Veronica.
Spencers schlug das Herz bis zur Kehle, was seit einigen Tagen recht häufig passierte. War es ein Riesenfehler gewesen, Melissa zu gestehen, dass sie sich wegen Ali schuldig fühlte? Hatte Melissa nur gesagt, sie sei keine Killerin, um sie in Sicherheit zu wiegen? Hatte sie womöglich Wilden angerufen und Spencer des Mordes beschuldigt?
Spencer dachte an den Abend im Strandhaus zurück. Ihre Schwester hatte so unheimlich gelächelt, als sie sagte, Spencer könne Ali nicht umgebracht haben. Auch ihre Wortwahl war seltsam gewesen. Sie hatte gesagt, nur ein besonderer Mensch könne töten. Warum hatte sie nicht verrückt oder herzlos gesagt? Besonders klang irgendwie, nun ja, positiv . Spencer war so verschreckt, dass sie Melissa seitdem mied und sich in ihrer Gegenwart unsicher und befangen fühlte.
Als Spencer ins Haus ging und ihren Burberry-Trench coat in den Garderobenschrank hängte, bemerkte sie Melissa
und Ian. Die beiden saßen sehr aufrecht auf der Couch im Wohnzimmer, als seien sie ins Büro des Schulrektors zitiert worden. Ihnen gegenüber hatte Officer Wilden in dem ledernen Clubsessel Platz genommen. »H-hallo«, stotterte Spencer überrascht.
»Oh, hallo Spencer.« Wilden nickte Spencer zu. »Ich spreche gerade mit deiner Schwester und Ian. Würdest du uns bitte entschuldigen?«
Spencer machte einen großen Schritt rückwärts. »Um … um was geht es denn?«
»Nur um ein paar Fragen zu der Nacht, in der Alison DiLaurentis verschwand«, sagte Wilden und starrte in sein Notizbuch. »Ich versuche, alle Blickwinkel zusammenzu tragen.«
Im Zimmer war es still, bis auf das leise Summen des Ionisators, den Spencers Mutter gekauft hatte, nachdem ihr Allergologe ihr erzählt hatte, von Staubmilben bekämen Frauen Falten. Spencer ging langsam aus dem Zimmer.
»Auf dem Flurtisch liegt ein Brief für dich«, rief Melissa, als Spencer um die Ecke bog. »Mom hat ihn für dich dahin gelegt.«
Tatsächlich lag ein Stapel Post auf dem Flurtisch neben einer bienenstockförmigen Terrakottavase, die Spencers Urgroßmutter angeblich von Howard Hughes geschenkt bekommen hatte. Spencers Brief lag obenauf, ein bereits geöffneter cremeweißer Umschlag, der handschriftlich ihren Namen trug. Darin lag eine Einladung, gedruckt auf schwerem, cremefarbenem Büttenpapier. In goldener, verschnörkelter Schrift stand dort: Das Auswahlkomitee des Aufsatz-Wettbewerbs
Goldene Orchidee lädt alle Teilnehmer der Endrunde zu einem Frühstück mit anschließendem Interview im Daniel-Restaurant in New York City am Freitag, den 15. Oktober ein.
Auf der Einladung klebte ein rosafarbenes Post-it, auf das ihre Mutter geschrieben hatte: Spencer, wir haben das mit deinen Lehrern geklärt und für Donnerstagnacht Zimmer im W reserviert.
Spencer drückte das Papier an ihr Gesicht. Es roch ein bisschen nach Polo-Rasierwasser, oder womöglich war das Wilden. Ihre Eltern ermutigten sie also tatsächlich, sich in den Wettbewerb reinzuhängen, obwohl sie die Wahrheit kannten? Spencer erschien das unwirklich. Und falsch . Oder doch nicht? Sie strich mit dem Finger über die Goldschrift. Seit der dritten Klasse sehnte sie sich danach, eine Goldene Orchidee zu gewinnen, vielleicht hatten ihre Eltern das erkannt. Und wäre sie nicht wegen Ali und A. so durch den Wind gewesen, hätte sie definitiv einen eigenen Aufsatz zustande gebracht, der eine Goldene Orchidee wert war. Also, warum sollte sie nicht um die Auszeichnung kämpfen? Sie dachte daran, was Melissa gesagt hatte: Ihre Eltern würden sie fürstlich belohnen, wenn sie gewann. Und eine Belohnung hatte sie gerade bitter nötig.
Die Standuhr im Wohnzimmer schlug sechs Mal. Spencer vermutete, dass Wilden seine Befragung erst fortsetzen würde, wenn er sie oben in ihrem Zimmer wusste. Sie stapfte lautstark die ersten Stufen hinauf, blieb auf der Mitte der Treppe stehen und lief auf der Stelle weiter, damit es so klang, als sei sie bis nach oben gegangen. Durch die Streben des Geländers hatte
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