Pretty Little Liars - Unvergleichlich
Wagen waren. Spencer ging die Stufen hinauf und öffnete die dünne Plastiktür. Zwei Kabinen waren besetzt, eine frei. Als Spencer schließlich die Toilettenspülung drück te und ihr Kleid wieder in Form zupfte, schloss sich die Tür zum Wagen mit einem lauten Knall. Silberne Loeffler-Randall-Schuhe machten sich auf den Weg zu dem winzigen
Waschbecken des Toilettenwagens. Spencer schlug sich die Hand vor den Mund. Sie kannte diese Schuhe gut – es war Melissas liebstes Paar.
»Äh, hi?«, sagte Spencer, als sie aus der Kabine trat. Melissa lehnte am Waschbecken, die Hände in den Hüften, ein Lächeln im Gesicht. Sie trug ein langes schwarzes, an der Seite hoch geschlitztes Kleid. Spencer zwang sich, ruhig zu atmen. »Was machst du denn hier?«
Ihre Schwester starrte sie nur stumm an. Ein Wassertropfen traf mit lautem Plopp das Wachbecken und Spencer zuckte zusammen.
»W-was ist?«, stammelte sie. »Warum schaust du mich so an?«
»Wieso hast du mich schon wieder angelogen?«, knurrte Melissa.
Spencer drückte sich gegen die Kabinentür. Panisch schaute sie sich nach etwas um, das ihr als Waffe dienen konnte. Das Einzige, was infrage kam, war der kleine Absatz an ihrem Schuh, und langsam schob sie ihre Zehen aus dem Fußbett. »Angelogen?«
»Ian hat mir gesagt, dass er gestern Nacht in deinem Zimmer war«, flüsterte Melissa mit geblähten Nasenlöchern. »Ich sagte doch, er kann nichts vor mir geheim halten.«
Spencers Augen weiteten sich. »Es ist nichts passiert, das schwöre ich!«
Melissa machte einen Schritt auf sie zu. Spencer bedeckte mit einer Hand ihr Gesicht und zog sich mit der anderen den Schuh vom Fuß. » Bitte nicht «, bettelte sie und hielt den Schuh wie einen Schild vor sich.
Melissa stand jetzt ganz dicht vor ihr. »Nach allem, was du mir am Strand gestanden hast, dachte ich, wir verstünden uns. Doch anscheinend ist das nicht der Fall.« Sie wirbelte herum und stürmte aus dem Toilettenwagen. Spencer hörte sie die Treppe hinunterklackern und davoneilen.
Sie beugte sich vor und legte die Stirn an das kühle Glas des Spiegels. Auf einmal wurde eine Toilettenspülung gedrückt. Nach einer kleinen Pause öffnete sich die dritte Kabinentür und Mona Vanderwaal kam heraus. Ein entsetzter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht.
»War das deine Schwester ?«, flüsterte sie.
»Ja«, keuchte Spencer und drehte sich zu ihr um.
Mona packte ihre Handgelenke. »Was ist los? Alles okay?«
»Ich glaube schon. Ich brauche nur einen Augenblick Ruhe.«
»Natürlich«, sagte Mona mit weit aufgerissenen Augen. »Ich warte draußen, falls du mich brauchst.«
Spencer lächelte ihr dankbar nach. Kurz darauf hörte sie ein Feuerzeug klicken und dann, wie Mona an einer Zigarette zog.
Spencer schaute in den Spiegel und strich ihr Haar glatt. Mit zitternden Händen suchte sie in ihrem Perlenhand täschchen nach einer Packung Aspirin. Ihre Hände berührten ihren Geldbeutel, ihren Lipgloss, ihre Pokerchips und dann etwas Eckiges, Glattes. Sie zog den Gegenstand langsam heraus.
Es war ein Foto. Ali und Ian standen dicht beieinander und umarmten sich. Hinter ihnen sah man ein rundes Steingebäude und säuberlich aufgereihte gelbe Schulbusse. Der
Hintergrund, Alis Frisur, ihr langärmliges J.-Crew-Polo – das alles ließ Spencer zu dem Schluss kommen, dass das Bild wohl während ihres Schulausflugs zu einer Aufführung von Romeo und Julia entstanden war. Spencer, Ali, ihre Freun dinnen und eine große Gruppe Elft- und Zwölftklässler waren dabei gewesen, darunter auch Melissa und Ian. Jemand hatte Alis lächelndes Gesicht durchgestrichen und mit großen, gezackten Buchstaben etwas darüber geschrieben.
Du bist tot, Miststück.
Spencer starrte auf die Handschrift. Sie hatte sie sofort erkannt, denn nicht viele Menschen schrieben ihr kleines a so, dass es wie eine umgekippte 2 aussah. Schreibschrift war das einzige Fach gewesen, in dem Melissa je an der Höchstnote vorbeigeschrammt war. Ihr Zweitklasslehrer hatte sie zwar gerügt, aber Melissa hatte sich ihr lustig-krummes a einfach nicht abgewöhnen wollen.
Spencer ließ das Bild zu Boden fallen und stieß ein leises, ungläubiges Wimmern aus. »Spencer?«, rief Mona von außen. »Alles okay?«
»Ja«, sagte Spencer nach einer langen Pause. Dann schaute sie zu Boden. Auf der Rückseite des Fotos, das auf dem Gesicht gelandet war, stand noch etwas.
Pass bloß auf … sonst bist du
auch bald ein totes Miststück.
– A.
MANCHE GEHEIMNISSE REICHEN INS
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