Pretty Little Liars - Vollkommen
drei hatten sogar gemeinsam Ellas Truffaut-DVD-Kollektion angeschaut, obwohl Sean zugegeben hatte, dass er von französischen Filmen nicht die Bohne verstand.
»Demnächst musst du mal meine Familie kennenlernen.« Endlich bog Sean hinter einem SUV vom Schülerparkplatz.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Aria. Es machte sie ein wenig nervös, Seans Familie zu begegnen – sie hatte gehört, dass sie superreich und superperfekt waren. »Bald.«
»Unser Trainer besteht darauf, dass die Fußballmannschaft morgen zum Wettkampf der Schwimmer geht. Du gehst wegen Emily auch hin, oder?«
»Klar«, antwortete Aria.
»Dann vielleicht am Mittwoch? Du könntest zum Abendessen kommen.«
»Mal sehen«, sagte Aria.
Als sie in die Straße einbogen, die parallel zur Rosewood Day verlief, klingelte Arias Treo. Sie zog es zitterig aus der Tasche – bei jeder SMS dachte sie zuerst, sie wäre von A., obwohl A. verschwunden zu sein schien. Die neue SMS stammte allerdings von einer ihr unbekannten Nummer, bei A.s Nachrichten dagegen war die Sendernummer immer unterdrückt. Sie drückte auf LESEN.
Aria, wir müssen reden. Können wir uns heute Nachmittag um halb fünf vor dem Eingang vom Hollis College treffen? Ich warte auf dem Campus, bis Meredith mit dem Unterricht fertig ist. Ich würde mich sehr freuen, dich zu sehen. Dein Dad Byron.
Aria starrte angeekelt auf das Display. Die Nachricht war aus unterschiedlichen Gründen verstörend. Erstens: Seit wann hatte ihr Vater ein Handy? Er hatte sich jahrelang geweigert, eines zu benutzen, weil sie seiner Ansicht nach Gehirntumore verursachten. Zweitens: Er hatte ihr eine SMS geschickt? Was kam als Nächstes, eine MySpace Seite?
Und drittens … die SMS selbst, besonders das Dein Dad am Ende. Dachte er, sie hätte bereits vergessen, wer er war?
»Alles in Ordnung?« Sean wandte den Blick kurz von der engen, gewundenen Straße ab.
Aria las ihm Byrons SMS vor. »Ist das zu fassen?«, fragte
sie, als sie fertig war. »Es klingt, also bräuchte er jemanden, der ihm die Zeit vertreibt, bis diese Schlampe mit dem Unterrichten fertig ist.«
»Was willst du tun?«
»Auf keinen Fall hingehen.« Wenn Aria daran dachte, wie sie Meredith und ihren Vater zusammen gesehen hatte, wurde ihr schlecht. In der Siebten hatten Ali und sie die beiden beim Knutschen im Auto ihres Dads erwischt und vor ein paar Wochen waren sie und ihr jüngerer Bruder Mike den beiden zufällig in der Studentenkneipe Victory begegnet. Meredith hatte Aria gesagt, sie und Byron würden sich lieben, aber für Aria war das unfassbar. »Meredith ist eine Ehebrecherin. Sie ist noch schlimmer als Hester Prynne!«
»Wer?«
»Hester Prynne. Sie ist die Hauptfigur in Der scharlachrote Buchstabe – das lesen wir gerade in Englisch. Es geht um eine Frau, die Ehebruch begeht und dafür von der ganzen Stadt geächtet wird. Rosewood sollte Meredith auch ächten. So etwas wie ein Marterpfahl wäre gut, um sie daran festzubinden.«
»Auf dem Festplatz steht doch ein Pranger, wie wär’s damit?«, schlug Sean vor, der mit gedrosseltem Tempo an einem Radfahrer vorbeifuhr. »Du weißt schon, dieses Holzding mit Löchern für Arme und Kopf. Wenn die Scharniere geschlossen sind, hängt man darin fest. Wir haben früher dort oft Fotos gemacht.«
» Perfekt! «, schrie Aria beinahe. »Und Meredith verdient es, das Wort Ehebrecherin auf die Stirn gebrannt zu bekommen.
Einen roten Buchstaben auf ihr Kleid zu nähen, wäre viel zu dezent.«
Sean lachte. »Das Buch scheint dir ja gut zu gefallen.«
»Weiß ich noch nicht. Ich habe erst acht Seiten gelesen.« Aria verstummte. Eine Idee formte sich in ihrem Kopf. »Du, warte mal. Lass mich bei Hollis raus, bitte.«
Sean sah sie skeptisch an. »Willst du dich doch mit ihm treffen?«
»Nicht ganz.« Sie lächelte teuflisch.
»Oookay.« Sean fuhr nach Hollis, dem Stadtviertel, in dem es eigenwillige kleine Ziegel- und Steinhäuser, bronzene Statuen der Collegegründer und massenweise modisch abgerissene Studenten auf Fahrrädern gab. In Hollis schien es immer Herbst zu sein – die bunten Blätter an den Bäumen wirkten absolut passend. Sean hielt auf einem Parkplatz des Collegegeländes. Er sah besorgt aus. »Du hast doch nichts Kriminelles vor, oder?«
»Quatsch.« Aria gab ihm einen flüchtigen Kuss. »Warte nicht auf mich. Von hier aus kann ich zu Fuß heimgehen.«
Sie straffte die Schultern und marschierte in das Kunstgebäude. Die SMS ihres Vaters ging ihr durch den Kopf. Ich warte
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