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Prickel

Prickel

Titel: Prickel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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besondere Mühe, die Unterhaltung in Gang zu bringen.
    Veronika seufzte leicht. »Mit einem vernünftigen Haarschnitt und ein paar halbwegs gescheiten Klamotten könntest du einen richtig feschen Kerl abgeben«, sagte sie schließlich und lächelte aufmunternd dazu.
    Wwwwwooosssshhhhh . Zeitreise. Plötzlich war ich wieder vierzehn, picklig, linkisch, mit langen, fettigen Haaren und abgekauten Fingernägeln; blankgesessene, viel zu enge Feincordhosen über dreckigen Füßen in Jesuslatschen . Wie oft hatte ich diesen Satz damals zu hören gekriegt? Und schwupps!, da waren auch all die alten Antworten gleich wieder parat, doch ich schaffte es, sie und auch eine Handvoll neuer, bissiger Kommentare zu diesem Thema zu unterdrücken. Es ist wenig ritterlich, einer Frau auf den Kopf zuzusagen, daß ihr Charme ein paar faustgroße Rostlöcher aufweist und sie einen damit an Tante Agathe mütterlicherseits erinnert. Davon mal abgesehen, kann es einem die letzte, noch so dünne Chance vermiesen. Also versuchte ich, auf den lockeren, privaten Tonfall einzugehen. Ich beugte mich vor, senkte Haupt und Stimme und knurrte: »Und du könntest, mit Lockenwicklern, geblümter Kittelschürze, Strümpfen mit Laufmaschen, einer Kippe im Mundwinkel und einem Schrubber in der Hand gottverdammt sexy aussehen.«
    »Ich habe Naturlocken«, gab sie eisig zurück. Da hatten wir's wieder mal. Veronikas und mein Humor sind - wie sagt man?
    - nicht kompatibel. Wir nahmen unsere Gläser auf. Ihres sah nach dem Absetzen, wenn möglich, voller aus als vorher, was man von meinem nun wirklich nicht behaupten konnte. Ich machte >Aaaahh< und unterdrückte ein Rülpsen, so gut es eben ging.
    »Nun, denn«, seufzte ich behaglich, »laß uns mal hören, was du so auf dem Herzen hast, und dann zum amüsanten Teil des Abends übergehen.« Sie schüttelte leicht den Kopf.
    »Laß uns erst etwas essen«, meinte sie und prostete mir zu. Veronika prostete mir zu. Wo sie doch sonst keine Gelegenheit ausließ, meine Trinkgewohnheiten mit ätzender Schärfe zu kommentieren. Weit hinten in den verzweigten Gängen und Windungen meiner Denkfabrik schlug ein kleiner Klöppel gegen eine zarte Bimmel.
    Nachher kommt einem immer alles so schnell vor. Die Vorspeisen kamen und gingen, genauso ein zweiter Halber, und das Gespräch wurde entspannter, heiterer. Als Hauptgericht wählte ich Lammrücken mit Butterböhnchen und Kartoffelgratin, sie nahm Scholle. Zum Lamm paßt ja am besten Roter, außerdem hatte ich Geld, also ließ ich eine Flasche Bordeaux kommen, und Veronika, die nach wie vor ihr erstes, inzwischen allerdings beinahe halbgeleertes Glas Weißwein zwischen Lippe und Tisch hin und her bewegte, zuckte noch nicht einmal mit der Braue ob dieser Bestellung. Das Bier rauschte noch in meinen Ohren, und der Rotwein gluckste so nett und lieblich aus der Flasche ins Glas, und was auch immer ich meiner hingerissen lauschenden Begleiterin mit erst immer leichter, dann langsam schwerer werdender Zunge vorschwafelte, irgendwelches, möglicherweise warnendes Gebimmel war über alldem nicht mehr zu hören.
    Veronikas Löffel streichelte das Zitronensorbet, während ich mit dem Messer auf den Käse einsäbelte, als sie endlich zur Sache kam. Ich war inzwischen in einem Zustand, in dem ich mich selbst für unwiderstehlich und alles andere für nebensächlich halte. Was sich, sollte ich vielleicht anmerken, nicht im gewünschten Maße auf meine Gesprächspartnerin übertrug.
    Sie brauche meine Hilfe, erklärte sie mir mit großem Ernst, und zwar in einem Fall, der so etwas von konträr zu ihrer sonst üblichen Linie lag, daß mir eine Menge, ein Haufen, eine ganze Latte geistreicher Bemerkungen zu dieser Diskrepanz wie von alleine aus dem Maul lief. Mag sein, ich hätte statt dessen besser etwas konzentrierter zugehört.
    In Japan gibt es die schöne Sitte, daß jemand für im vollen Kopp Gesagtes und Getanes nicht zur Rechenschaft gezogen werden darf, Kriminelles einmal ausgenommen. Der ganze japanische Lifestyle mit seinem streng hierarchischen Herdendenken mag ja eine abschreckende Menge finsterster Schattenseiten haben, doch diese eine Regel beschloß ich, mir zu eigen zu machen, und sei es nur in bezug auf etwaige Versprechen, die zu geben mich eine gewisse Veronika van Laar am vorigen Abend halb gelockt, halb gezogen und halb geschoben hatte. Und halb genötigt. Damit fügen sich dann insgesamt vier Hälften zu einem Ganzen, und scheiß auf die mathematische Logik.
    Es fing

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