Prickel
damit an, daß sie so tat, als sei sie von meinen Angebereien beeindruckt. (Ich hatte den >Fall Schlothen< ein wenig ausgeschmückt und auch dem >Fall Sültenfuss< etwas mehr Dramatik und, wenn ich mich recht erinnerte, der ausstehenden Belohnung eine Null mehr verpaßt). Dann hatte sie geschmeichelt auf meine klumpfüßigen Komplimente reagiert, sogar ernsthaftes Nachdenken über meine Kopulationsvorschläge vorgetäuscht, nur um schließlich, als man mir das geile, dämliche Grinsen nicht mal mehr mit der Zaunlatte aus dem Gesicht hätte schlagen können, voller Heimtücke mit >Ach so, warum ich dich eigentlich angerufen habe ...< um die Ecke zu kommen. Und letzten Endes, nachdem ich übereifrig und vor Vorfreude sabbernd zu allem genickt und jajaja gestammelt hatte, hatte sie mich kalt lächelnd daheim abgesetzt und mit einem koketten >Heute nicht, aber vielleicht . ein andermal?< abgespeist. Und ich war, immer noch nickend, grinsend, jajaja stammelnd am Bordstein gestanden und hatte ihren in die Nacht entschwindenden Rücklichtern hinterhergegafft, und was sich da, so allmählich, als erste, dünne Schwaden beginnender Ahnung vor die mild und warm leuchtende Sonne meines seligen Rausches zu ziehen begann, hatte sich am Morgen darauf zu einer soliden Nebelbank kühler Erkenntnis verdichtet: Ich war und blieb ein Idiot.
Idiot hin, Idiot her - ich hatte einen Auftrag, bei dem eine schöne Stange Geld winkte, und deshalb alleine schon gar keine Zeit, für Veronika aufwendige Recherchen anzustellen. Außerdem hatte ich mir geschworen, auf gar keinen Fall und für niemanden jemals wieder umsonst zu arbeiten. Denn das stellte ja die eigentliche Krönung der ganzen Angelegenheit dar: Die Aussichten auf eine Bezahlung waren düster, und zwar unabhängig von Erfolg oder Mißerfolg. Veronika hatte sich da in etwas hineingesteigert - Justizirrtums >Polizeiwillkür<, >Vorverurteilung durch die Presse< und was sie mir nicht noch alles an Schlagwörtern um die Ohren gehauen hatte - doch für mich sah es so aus: Die Verwandtschaft dieses Heinis, zu dessen Pflichtverteidigerin sie bestellt worden war, lebte entweder von der Stütze oder aber jenseits des großen Wassers, er selbst war ungefähr so vermögend wie ich, und auf die Idee, eine Belohnung auszusetzen, war auch noch keiner gekommen. Gut, bei Erfolg gab's wohl ein paar Schlagzeilen, sowas könnte sich bombig aufs Geschäft auswirken, aber die Wahrscheinlichkeit dafür wirkte eher dünn. Wenn ich Veronikas Schilderung richtig deutete, war der Kerl schon so gut wie verurteilt, und nur auf die marginale Chance hin, daß er möglicherweise doch unschuldig sei, mindestens vier Wochen intensiver Nachforschungen und unabsehbarer Lauferei zu investieren, hatte ich nicht den geringsten Bock. Ich bin doch nicht Amnesty International. Und schon gar nicht ohne Geld. Nein, nein, und nochmals nein. Deshalb ließ ich das Telefon schellen, als es das tat, schnappte mir meine Jacke und ging aus dem Haus. Ich hatte einen Haufen geklauter Motoren zu suchen, plus einen fehlfarbigen Rottweiler, und was scherte mich mein Gesülze von gestern. Ein mieses Gewissen hatte ich nicht dabei. Unter Alkoholeinfluß gemachte Versprechungen, entschied ich, waren ab sofort nicht mehr bindend. In der Liebe sind sie das noch nie gewesen, und jetzt eben auch auf anderen Gebieten nicht mehr. Japanische Verhältnisse.
Wer, wie ich - und zwar unabhängig davon, ob aus persönlicher Neigung oder nackter Not, lassen wir das einfach mal dahingestellt - ein Leben lang nichts anderes als automobile Kadaver gefahren hat, sieche, ölsaufende, klappernde Wracks mit durchgesessenen Sitzen, abgelaufenen TÜV-Stempeln und generell immer einem Rad in der Schrottpresse, kommt nicht darum herum, im Laufe der Jahre die Bekanntschaft so gut wie aller Autoreparaturwerkstätten in seiner näheren und weiteren Umgebung zu machen. Nur damit wir uns nicht mißverstehen: Ich rede hier nicht von den sterilen, hochglanzpolierten Werksvertretungen, mit Stundensätzen, zu denen man sich auch die Zähne richten lassen könnte. Nein. Ich rede hier von Werkstätten, in die man mit einem stotternden, spotzenden 1100er Simca kommen kann; mit einem von einer Horde gibbelnder Schulkinder geschobenen Austin Maxi; mit einem bis auf das Bodenblech zusammengesunkenen Citroen GS; mit einem halb abgefackelten NSU Prinz - und alles, was der Meister macht, ist, sich an die Stirn zu fassen, einmal so von ganz, gaaanz tief unten herauf zu seufzen und
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