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Prickel

Prickel

Titel: Prickel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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nahe und wirkte fast besser auf meinen Kopf als das Aspirin.
    Achtzig wanderten beinahe sofort in den Tank.
    Fuffzehn ließ ich bei McDonald's. (Fishmac, Pommes, Cheeseburger, Apfeltasche, drei Kaffee - bestes Katerfrühstück von die Welt), alles zum Mitnehmen.
    Plus eine Schachtel Kippen. - Boff! Broke again.
    Ich aß im Wagen. Als ich vor Atas Tor stoppte, war ich fertig damit. Sicher, es war spät am Tag, Zeit war knapp, Ratingen wartete, doch das mußte jetzt sein.
    Das Tor quietschte in den Angeln, als ich mich hindurchquetschte, und sofort kam eine pechschwarze, zähnefletschende Kreatur der Hölle auf mich zugestürzt, rauh, tief, kehlig und wütend bellend und mit affenartiger Schnelligkeit. Zorro.
    Zorro ist so mit der aggressivste, blutrünstigste und beschränkteste Schrottplatzköter, den man sich vorstellen kann. Eine Art vierbeiniger Idi Amin, völlig unberechenbar. Zorro ist mies, Zorro ist link, Zorro kennt nur ein Ziel, und das heißt: Zerfleisch es!
    Gottseidank habe ich so meine Art mit Hunden. Ruhig bleiben ist das erste Gebot. Ruhig blieb ich erstmal stehen, wo ich war. Laß sie spüren, wer der Boß ist, sage ich immer. Zeig ihnen ihre Grenzen. Zu Zorro sagte ich: »Schnauze, Bastard!« Mit einem Ruck kam er zum Stehen. Fest sah ich ihm in die blutunterlaufenen Augen, in denen die Tollwut kreiste wie zwei gegenläufige Spiralen, und mahnte ihn zur Ruhe. Sein heiseres Bellen verwandelte sich in ein würgendes Keuchen, Zeichen seines nur mühsam zurückgehaltenen Blutrauschs.
    Betont gelassen wandte ich mich von ihm ab und machte mich auf den Weg zum Schuppen, wobei ich praktischerweise dem tief ausgetretenen Pfad folgte, der in einem Halbkreisbogen etwa einen Meter um den äußersten Radius von Zorros Knebelkette herumführt.
    »Du sollst meinen Hund nicht immer >Bastard< nennen«, begrüßte mich Ata. »Er nimmt da seelischen Schaden von.« Rauch füllte den Raum. Ich meine, einmal abgesehen von den bis unter die Decke reichenden Bergen von Schrott und Gerümpel. Das bißchen Raum, das dazwischen noch frei war, füllte der Rauch. Denn Ata briet sich was. Sich und Larry, nehme ich an. Larry war weiter hinten und kickte schwer atmend auf dem Starter von etwas herum, das ein bißchen aussah wie eine SR 500, die einer vor zehn Jahren bei Basel in den Rhein geschmissen und ein anderer erst vorgestern bei Duisburg wieder rausgefischt hatte.
    »Die sind gesucht, die Dinger«, sagte er auf meinen, na, leicht skeptischen Blick hin.
    »Was treibt dich her?« wollte Ata wissen. Seine ölgeschwärzte Hand führte eine rauchgeschwärzte Gabel, die in einer rußgeschwärzten Pfanne ein gutes Dutzend runder Objekte hin- und herschob, wohl bis sie Temperatur und Farbe des qualmenden Mediums angenommen hatten, in dem sie schwammen, und das war Altöl, wenn mich jemals einer fragen sollte.
    »Schmecken astrein, die Dinger«, sagte Ata auf meinen, na, leicht skeptischen Blick hin.
    »Auch eins? Wir haben genug davon da.« Und er deutete mit dem Kinn auf einen altersgegilbten Pappkarton mit der Aufschrift >78 x 12 Grill-Buffis<.
    Ich lehnte so höflich ab, wie ich nur konnte.
    Ata zuckte gleichgültig die Achseln. »Larry, essen kommen!« brüllte er, und Larry ließ von der halbverwesten SR ab und schleppte leicht keuchend seine ausgemergelte Geiergestalt herüber. Beiläufig griff er im Vorbeigehen eine Literflasche Jägermeister und stellte sie zwischen sich und Ata auf das wackelige Campingtischchen, direkt neben die Rauchsäule, die die Pfanne verbarg.
    Manche Leute verstehen zu leben, daß einen glatt der Neid packen könnte.
    Aah, die beiden ließen es sich schmecken! Bei Ata verschwanden die Grill-Buffis auf Nimmerwiedersehen in einem überraschend und, wenn mich nicht alles täuschte, nicht immer an der gleichen Stelle auftauchenden Loch im Bart, während man bei Larry jedem Schluck und jedem Bissen mit Aug' und Ohr auf ihrem Weg in den Verdauungstrakt folgen konnte.
    Und sei es nur, um mich abzulenken, fragte ich: »Ihr habt einen Schwung Motoren anzubieten?«
    Gabeln erstarrten auf halbem Weg, Kiefer stellten abrupt das Mahlen ein, ein letzter Bissen wand sich an Larrys Adamsapfel vorbei, die Jägermeisterflasche löste sich mit einem saugenden Geräusch aus Atas Bart, und in dem entstehenden Schweigen tauschten die beiden am Tisch einen Blick voll unaussprechlicher Geheimnisse.
    »Wer sagt das?« fragte Ata rauh, und die kleinen Augen unter den dunklen Brauen glühten nur so vor Mißtrauen.
    Ich sagte:

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