Priester des Blutes
sagte ich und zog mein Schwert aus der Scheide. Ich erkannte in dem, was ich sah, eine Art von Tür, ein vollendet rundes Spiegelbild der Kuppel über uns und dem kuppelförmigen Becken weit unten. »Zwischen der Stelle, an der wir hier stehen, und der letzten Kammer, die wir betreten haben, liegt noch eine weitere Kammer. Wir müssen sie öffnen.«
Innerhalb der nächsten beiden Stunden machten wir nur wenige Fortschritte, obwohl wir eine Axt, einen Dolch, ein Schwert und die Bildhauerwerkzeuge verwendeten, ebenso wie andere Gegenstände, die wir aus den Kammern zusammengetragen hatten. An der Ober fläche würde bald der Tag beginnen. Wir mussten uns ausruhen und auch einmal wieder trinken, doch wir wussten nicht, wie wir dazu in der Lage sein sollten. Hatten wir den ganzen langen Weg umsonst auf uns genommen? Waren wir hier hergekommen, nur um eine Grabstätte zu finden, die keine Bedeutung hatte und nichts ent hielt? Waren uns die toten Vampyre in
dieser dick mit Staub bedeckten Kammer, aufgestellt wie für ein Drama, eine Warnung?
Der Gestank nach Tod hatte sich verstärkt, und obwohl wir im sterblichen Sinne keine Lebewesen waren, bedeutete der Geruch nach Verrottung und Tod dennoch keinen Trost für uns.
An diesem Tag schliefen wir eng nebeneinander auf dem Fußboden des Tempels, bewacht von dem Halbkreis der Vampyrstatuen, und ich konnte den Strom um uns herum nicht einmal spüren, wenn ich auch wusste, dass es ihn geben musste.
Irgendwo jenseits des Tempels, jenseits dieser Stadt und ihres Berges ging die Sonne auf, und die durchdringende Schwärze des Vergessens schenkte mir ihren Frieden.
Ich erwachte mit einem Ruck und fühlte mich, als wären meine Sinne wieder geschärft. Als ich mich aufsetzte, sah ich Kiya, die bereits aufgestanden war und auf das kreis förmige Siegel im Fußboden hinabblickte. Ewen, der neben mir lag, hustete, als er aufwachte, so als ob er nicht atmen könnte.
»Ich habe von schrecklichen Dingen geträumt«, keuchte er, als er wieder zu Atem gekommen war.
»Wovon?«, fragte ich.
»Von einem Sterblichen«, antwortete er. »Von einem, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Er beobachtete mich, als ich schlief, und legte mir die Hand auf den Kopf. Er ließ mich denken, ich würde enden wie … wie eine von diesen.« Er deutete auf die Statuen in unserer Nähe.
Als ich mich erhob, hatte ich den Eindruck, einen Handabdruck im Staub zu sehen, nahe der Stelle, an der mein Kopf gelegen hatte. Stammte er von Ewen? Von Kiya? Aber er wirkte größer als die Hände der beiden. Mir kam der Gedanke, dass jemand anders da gewesen war - während wir geschlafen hatten. Ich zeigte Kiya den Abdruck, und sie nickte. »Jemand beobachtet uns. Aber ich spüre ihn nicht.«
»Wer würde uns beobachten, aber nicht vernichten?«
»Eine Katze spielt mit der Maus, bevor sie sie aufschlitzt«, erwiderte Kiya. Sie ließ sich auf allen vieren auf dem Fußboden nieder und verwendete den Bernsteindolch, um an einer Krümmung der versiegelten Tür unter unseren Füßen zu kratzen. Sie zeigte auf die Ränder, die wir in der vergangenen Nacht bearbeitet hatten. Unsere gesamte Arbeit war umsonst gewesen - es schien, als hätte sich die Tür unter uns sich selbst wieder versiegelt.
Ich entstaubte einen großen Teil der Tür und erkannte, dass die Muster im Stein kleine, runde Formen bildeten. »Es gibt einen Schlüssel dazu, da bin ich mir sicher«, sagte ich. »Doch was ist der Schlüssel?«
Kiya holte die Schriftrolle hervor und entrollte sie. Sie war ebenso lang wie die Tür, aber nicht annähernd so breit. Als sie sie jedoch so hin legte, dass sie die Mitte des Siegels in zwei Teile teilte, schien die Bilderschrift mit einigen der in den Fußboden gemeißelten Abbildungen eine Linie zu bilden, auch wenn einige davon sehr schwach waren.
»Wenn wir es doch nur verstünden«, sagte sie.
»Da ist das Schwert.« Ewen zeigte auf den unteren linken Bereich der Schriftrolle.
Er hatte Recht: Das schwarze Schwert, das ich mir um die Taille geschnallt hatte, war auf der Schriftrolle dargestellt. Desgleichen erkannten wir die aus menschlichem Knochen bestehende Nähnadel und den Faden aus Menschenhaar zwischen den Bildern von Schakalen und Vögeln. Außerdem drei Goldmünzen, die auf drei fehlerlosen, kleinen, runden Kerben zu liegen schienen. Auch ein Umriss von dem, was eine menschliche Hand sein konnte, war auf der Schriftrolle dargestellt, und unter diesem Bild fand sich eine Form auf der Steintür, die
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