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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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abrichten sollte, bat ich meine Mutter, mich zum Johannismarkt mitzunehmen. Er fand ein paar Meilen weiter oben an der Straße statt. Händler ver kauften dort Waren, Musik wurde gespielt, und die Jäger des Barons prüften die Fähigkeiten der talentierten Knaben des Ortes. Nachdem ich einen großen Wirbel gemacht hatte, um mitkommen zu können, ließ sich meine Mutter endlich erweichen.
    Ich stand in der Reihe hinter zahlreichen anderen Knaben. Die meisten von ihnen stammten aus besseren Elternhäusern, als ich sie je kennen gelernt hatte. Ich aber hatte zu Unserer Lieben Frau gebetet und ein Birkenreis mit einem Wunsch an die Weisen Frauen des Waldes am Rande der Marsch hinterlassen. Ich hatte den blauen Stein aus dem Eichenbaum gerieben und war an der Kreuzung im Marschland rückwärtsgelaufen, was angeblich Glück bringen sollte. Vor dem Ausflug hatte ich mich sorgfältig gewaschen und stand nun ebenso stolz und großspurig da wie die anderen Knaben.
    Als ich an die Reihe kam, überprüfte ein Breitbeil von einem Mann mit einer dröhnenden Stimme und einem brüsken Auftreten meine Zähne und die Art, wie sich meine Beine bewegten, für den Fall, dass es eine Verunstaltung gab, und da nach meine Kopfhaut auf Läuse. Er äußerte sich gegenüber seinen Kameraden wenig wohlwollend über mein helles Haar und mein rotes Gesicht.
    »Der Baron mag wilde Knaben, die gern raufen«, sagte er. »Du scheinst eher ein Weichling zu sein. Dein Haar ist wie das eines Mädchens, voller Vogelnester, und du riechst wie ein Schwein.«
    Unmittelbar nachdem ihm diese Bemerkung über die Lippen gekommen war, trat ich ihm hart vor die Schienbeine.
    Er blickte mich an, die Augen schockgeweitet, und das Nächste, an was ich mich erinnere, ist seine Hand, wie sie sich meinem Gesicht näherte. Dann flog ich durch die Luft, rückwärts ins Gras.
    Er lachte und half mir wieder auf die Beine. »Du bist ein zäher kleiner Dreckspatz«, erklärte er.
    Also mochte mich dieser Jäger und genoss mein kampflustiges Auftreten. Er ließ sich vorführen, wie ich mit Pfeil und Bogen umging. Danach fragte er mich, wie es für mich wäre, mit den Hunden zu rennen. Ich sagte zu ihm, dass ich häufig gemeinsam mit den Hunden schlief und das Gefühl hätte, sie wären meine Vettern. Er lachte über diese Äußerung, aber ich konnte er kennen, dass er mich fortschicken wollte. »Und was ist mit deiner Mutter? Würde sie dich nicht vermissen?«
    »Ich bin kein Mädchen, das beim Dungfeuer bleiben muss, um sich um den Ratteneintopf zu kümmern«, erwiderte ich frech. »Ich habe die Absicht, eines Tages selbst der bedeutendste Jäger zu sein. Und meine Mutter ist eine Hure.« Diesen letzten Satz sagte ich ohne jeden Sinn für Urteilsvermögen, da ich daran gewöhnt war, so über sie zu denken. Als ich das ausgesprochen hatte, brachen die Männer um uns herum in brüllendes Gelächter aus. Manche von ihnen klatschten in die Hände, und einige fragten nach meiner Mutter und da nach, ob ihr Haar so wäre wie das meine oder nicht.
    »Der Baron würde nicht wollen, dass der Sohn einer Hure in seinem Wald arbeitet«, meinte einer von den Männern, der aussah wie ein großer Bär. Er lachte dabei laut, als wäre das der beste Witz, den er je erzählt hätte.
    »Mein Vater ist ein bedeutender Fischer«, sagte ich, und die Lüge drang mir viel zu leicht über die Lippen. »Er hat gerade im Augenblick eine Flotte auf dem Meer und taucht im Winter im
südlichen Meer nach Perlen. Für die Königin hat er eine Halskette angefertigt. Er findet seltene Edelsteine in einer antiken Stadt unter dem Meer und holt sie für die sieben Prinzessinnen von Spanien herauf.«
    Selbst Hunderte von Jahren später kann ich mich noch an die brennende Schamesröte auf meinen Wangen erinnern, die entstand, als ich mir eine Geschichte ausdachte, von der ich hoffte, sie würde meinen Ruf als Knabe aus guter Familie retten. Ich hörte meine Stimme selbst wie aus einiger Entfernung, wie sie die haarsträubenden Lügen über meine adlige Abstammung er zählte, die ich von meinem Großvater gelernt hatte, ebenso wie seine Geschichten über die Verlorene Stadt unter dem Meer. Während ich diese Dinge aussprach, konnte ich es auf ihren Gesichtern erkennen. Sie empfanden nicht nur Verwirrung oder auch bloß Ärger über meine prahlerischen Unwahrheiten.
    Sie hatten das Interesse verloren.
    Auf irgendeine Weise musste ich also die Aufmerksamkeit des Jägers wie der wecken. Er schien freundlicher als der

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