Priester des Blutes
ins Grab zu werfen.
Es war eine Welt des Blutes, und wenn es nicht Blut war, so war es der kohlrabenschwarze Rauch des Leichenhauses. Die Asche menschlichen Todes schien ebenso dafür zu sorgen, dass die Tore der Stadt geschlossen blieben, wie es die Horde tat. Der klagende Klang der Hörner, der entlang der Zinnen erklang - und die fremden Sprechgesänge und Lieder, so fremdartig und gottlos für die Soldaten, die sich darunter befanden und deren Befehlshaber den Tag, die Nacht und den nächsten Tag geplant hatten, wobei die Tode vieler und der Sieg weniger vorgesehen waren.
Von einer der großen Klippen am Meer stieß ein Vogel herab und breitete seine Flügel über dem Schlachtfeld aus, auf dem die
Soldaten, beinahe in einem Amphitheater des Krieges, aufgereiht waren - unter dem Vogel, einem Bussard, dem einzigen Sieger der kommenden Schlacht.
Ich warf einen kurzen Blick hinauf in den dunklen Morgenhimmel und sah das majestätische Wesen, das ein böses Omen war und mich an meine Falken und Tauben erinnerte. Dabei dachte ich nicht an meinen eigenen Tod, sondern an denjenigen derer, die ich an diesem Tag im Namen der Rechtschaffenheit niedermetzeln würde. In mir brannte ein Feuer der Kampfeslust, mit einer Stärke, die ich von meinem Bruder gelernt hatte. Meine Liebe für meine Kameraden, für mein Land und für die junge Frau, die in der Ferne auf mich wartete, all dies verschwor sich gegen meine natürliche Furcht vor dem, was da kommen würde. Ja, ich dachte an Alienora, meine Liebste, die mit mir in der Kapelle gelegen hatte und das heilige Wasser der Bindung getrunken hatte, damit unsere Seelen immer zusammengehören sollten, auch wenn uns die Welt trennte. Ich sah ihr Gesicht vor mir, als die Dinge für mich zu schrecklich wurden, als dass ich sie ertragen konnte. Ich sah ihr Gesicht und spürte die Wärme ihrer Hand auf meiner Wange, wenn der Tod mir so nahe kam, dass er mich mit seinem eisigen Atem versengte.
Ich nahm die Furcht anderer neben mir wahr. Nach einem kurzen Blick auf Ewen verspürte ich das Bedürfnis, dafür zu sorgen, dass er einen weiteren Kriegstag überlebte. Das Gleiche galt für Thibaud, obwohl er sich während der schlimmsten Schlachten oftmals im Lager befand, denn sein Talent war das Heilen und nicht das Kämpfen. Dies verlieh mir Kraft. Es gab mir ein Gefühl, als wäre ich kein gewöhnlicher neunzehnjähriger Fußsoldat. Meine Hände waren groß, an das Gewicht des Schwertes gewöhnt. Mir waren starke, breite Schultern gewachsen, als wären es Flügel, und ich war einen Kopf - oder sogar mehr - größer als die anderen neben mir.
Ich kostete den kupferartigen Geschmack von Furcht auf meiner Zunge und hoffte, diese Furcht würde an diesem Tag zu mehr Stärke beitragen.
In der Luft lag ein Geruch von Staub, Schweiß und einem schwachen, unvertrauten Duft, ebenso wie der Gestank nach den Toten, die nicht begraben worden waren. Das Schlachtfeld erstreckte sich über ein endloses Ödland aus Felsen und Türmen und die wilde und fremde Welt der Ungläubigen in der großen, hoch aufragenden Festung von Kur-Nu. Doch Kur-Nu würde fallen - wir hatten sie mit anderen jahrelang belagert, wie eine römische Phalanx. Wir waren ein kleiner Teil des größeren, schwierigen Kampfes um dieses Schloss der legendären Reichtümer. Mauern waren eingestürzt, und die Trümmer erstreckten sich wie erstarrte Lava an dem Tal zwischen den zerklüfteten und schroffen Klippen entlang. Die Kadaver von Pferden und Menschen lagen auf einem Haufen nahe den Aschengruben der Zerstörung. Dennoch wehte der Duft irgendeiner aromatischen Blume durch die giftige Luft und verhöhnte mich, während ich auf das erste Zeichen zum Kampf wartete. Die Männer um mich herum, von denen einige kaum Männer genannt werden konnten und andere eigentlich zu alt waren, um noch an Schlachten teilzunehmen, waren mit dem gelben Staub des Sturmes bedeckt, der in der vorherigen Nacht über uns hinweggefegt war. Es war einfach unmöglich, unsere Körper, Kittel und Rüstungen von ihm zu befreien, als hätte die Erde damit begonnen, uns in ihren Mutterleib hinabzuziehen, in den Staub, zu dem wir bald werden würden.
Es war ein Spiel zwischen den Menschen und dem Tod, und nur der Tod gewann in diesem Spiel. Aber ich würde nicht sterben, das wusste ich.
Für Frey, der kampferprobter war als ich und abgebrühter, schien all dies ein Spaß zu sein. Schon lange hatte er in diesem Krieg mitgekämpft und war dadurch zu einem
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