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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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gestattet hatte, mich an diesen tödlichen Ort zu begleiten. Wer wusste schon, was für Geier oder Schakale entlang der Wälle oder innerhalb der unbesehenen Kammern lauerten? Was für Ghule lebten dort? Was für Feinde? Was für Dämonen flogen durch die Lüfte und suchten nach den Verirrten und Ungeschützten?
    Ich rief nach ihm, und das Echo meiner Stimme hallte an den Wänden entlang und aus den weit entfernt liegenden Räumen wider, doch ich hörte keine Antwort. Als die Dämmerung nahte und ein staubiger Wind durch die leeren Gänge und die ver lassenen Kammern heulte, nahm meine Verzweiflung noch zu. Ich hatte Angst, dass ich der einzigen guten Seele, die in der Welt noch übrig geblieben war, ein schreckliches Schicksal beschert hatte.
    Als sich die Dunkelheit der Nacht allmählich herabsenkte, hörte ich, wie er von einem der vielen Türme herunterrief. Ich blickte also von einem Turm zum anderen und sah in einiger Entfernung das schwache Aufflackern eines Lichtes. Ich rief nach ihm
und folgte dem schwachen Ruf seiner Stimme bis zu einem der großen Türme am südlichen Ende der Stadt, der Aussicht auf das Meer jenseits der Klippe gewährte.
    Als ich den Turm erreichte, drückte ich seine verrottende Tür auf.
     
    Am Fuße des Turmes stand auf einem niedrigen Holztisch eine breite, flache Schale. In ihr brannte auf der Oberfläche eines duftenden Öles ein grünliches Feuer. Eine unangezündete Fackel lag auf einem Stoß, so als wäre ich erwartet worden.
    Ich hörte Thibaud schreien. Es war ein lautes und schrilles Kreischen, dem Stille folgte.
    Rasch zündete ich die Fackel an dem Feuer in der Schale an und lief die Wendeltreppe in den Turm hinauf, wobei ich jeweils zwei der schmalen Stufen auf einmal nahm.
    Es schien mir eine Stunde zu dauern, bis ich den Raum am Ende der Stufen erreichte. Als ich dort ankam, fühlte ich mich einer Ohnmacht nahe. Im Inneren des Raumes herrschte ein schrecklicher Gestank.
    Ich habe den Tod vieler Menschen erlebt - bei den Kranken, denjenigen, die die Welt als Vergeltung verlassen, bei den Männern in der Schlacht, die dalagen und um ihre letzten Atemzüge rangen, nachdem ihnen die Glied maßen abgeschlagen worden waren. Doch dieser Gestank, den ich nun wahrnahm, war stärker als selbst dies. Er war fleischartig, dieser Gestank, wie in einem Schlachthaus.
    Als ich den Raum betrat, erblickte ich keinen Leichnam, über den zu stolpern ich auf Grund des Geruchs beinahe erwartet hätte.
    Dort lag in Stroh und Dreck, gefesselt mit schweren Ketten, die schönste Frau, die ich je gesehen hatte.

     
    Ihr Haar hatte die Farbe von Weizen und Sandstein, der Schnitt entsprach eher dem eines Jünglings als dem einer Jungfrau. Es war auf syrische Art zur Seite gekämmt. Sie war die schönste Ungläubige, die ich je zu Gesicht bekommen hatte - denn ich wusste auf der Stelle, dass sie nicht meinen Landsleuten oder selbst der Christenheit angehörte. Ihre Augen waren dunkel, ihre Lippen voll und leicht verzogen, über Zähnen, so weiß wie brennend heißer Sand. Sie trug ein Kleidungsstück, das zerrissen und zerlumpt war und ihren Leib kaum bedeckte.
    Sie drehte sich in ihren Fesseln vom Licht der Fackel fort, da ich ihr entblößtes Fleisch nicht sehen sollte. Als sie sich umdrehte, bemerkte ich, dass sie an der linken Schulter gebrandmarkt worden war. Es war ein Brandzeichen, wie es viel leicht einer meiner Landsleute für Vieh benutzt hätte, ein Kreuz mit einem lateinischen Wort darunter.
    »Wer hat das getan?«, fragte ich. Ich zog meinen Umhang aus und legte ihn ihr um die Schultern, so dass sie sich wieder umdrehen und mich ansehen konnte, ohne sich wegen ihrer Nacktheit schämen zu müssen.
    Ihr Atem duftete süß auf meinem Gesicht. »Helft mir, bitte«, sagte sie. »Er wird heute Nacht wiederkommen, ich bin sicher, er ist ein Teufel.«
    »Hat er einen Knaben? Einen Knaben?«, fragte ich.
    Sie blickte verstohlen nach links, dann nach rechts, zwischen die Strohhaufen, als ob sich dort jemand versteckte. »Einen Knaben? «, fragte sie.
    »Ein Kind.«
    Sie nickte. »Ja. Einen Knaben.«
    Der Umhang glitt ihr von den Schultern. Ich sah das weiße Fleisch um ihre Brüste. Als ich ihr wieder in die Augen blickte, weinte sie, ohne Tränen zu vergießen. »Bitte. Hungrig. Durstig.« Sie deutete in eine Ecke des Raums. Ich folgte ihrer Bewegung mit
den Augen und sah einen Waschkübel. »Bitte, er wird mich töten, wenn er zurückkehrt.«
    »Wer ist er?«
    »Ein Dämon.«
    Sie streckte die

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