Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
Vom Netzwerk:
nicht sagen können. Doch das Gefühl, das ich empfand, als ich ihr zusah, war Ekstase.
    Und dann, als sich meine Gebieterin für diese Nacht an mir gesättigt hatte und ich spürte, wie sich die Ohnmacht der Morgendämmerung näherte, schwanden die Bilder und der wundervolle Genuss dahin. Wir lagen zusammen da, ineinander verschlungen. Ich war mit meinen Riemen und Seilen versehen, die dafür sorgen sollten, dass ich sicher aufgehoben oder gefangen war, und sie presste ihr kaltes Fleisch gegen mich, meine Liebhaberin, meine Mörderin. So hielt ich sie, während der Tag jenseits der Mauern meines Turmes langsam verging.
    Ich vergaß meine Vergangenheit, ich vergaß das Feuer meiner Mutter und den Großen Wald meiner Kindheit, vergaß die Baronie und sogar meine Alienora. Vergaß meinen Bruder, den lieben Thibaud und meinen Kameraden Ewen, der einen so großen Teil meiner Jugend mit mir verbracht hatte. Sie alle wurden zu einem Traum, der mir erzählt worden war.
    Soweit ich wusste, war ich mein ganzes Leben lang - seit meiner Geburt - Sklave dieser Frau namens Pythia gewesen. Sie war
alles, was zählte. Ich war nichts. Ich war weniger als nichts. Ich verdiente nicht einmal die Verachtung der niedrigsten Kreatur. Das Einzige, was ich zu bieten hatte, war das Blut, das durch meinen Körper floss. Wenn es sie nährte und ihr Freude schenkte, so lebte ich dafür. Wenn sie Vergnügen aus mir zog, so war dies mehr, als ich hätte erwarten können. Ich bekam Schlaf - oder auch nicht. Manchmal lag ich einfach nur da, einen langen, endlosen Tag ohne Licht, und wusste doch, dass die Sonne über diesem Turmgefängnis hoch aufstieg.
    Die Nacht kam nur langsam und brachte mir Schmerzen in meinen Gelenken, während ich mir ihren Mund an meine Kehle wünschte, oder die Wärme ihres Speichels an meinem Unterarm, und den Druck ihrer scharfen Zähne, kurz bevor meine Haut unter dem messerscharfen Rand nachgab. Wenn ich sie nicht an mir spüren konnte, wenn ich nicht fühlen konnte, wie sie sich von mir nährte, dann hätte ich lieber den Tod gewählt. Während des Tages mochte ich Abscheu vor mir selbst empfinden, aber wenn der Abend anbrach, wünschte ich mir nur noch sie. Dann wollte ich bloß noch ihr dienen und wollte nur noch das sein, von dem sie wollte, dass ich es für sie war. Sie war alles für mich. Sie war mein Grund weiterzuleben.
    Meine Lebenskraft schwand dahin - und dennoch wünschte ich mir nichts vom Leben.
    »Es ist das Blut«, flüsterte sie mir zu, als sie den süßen Nektar aus meinem Hals saugte, der nun unrasiert und voller Stoppeln eines Bartes war, der seit mehreren Tagen wuchs. Sie sprach in meinem Kopf, als wären wir keine zwei voneinander getrennten Personen, sondern geistig miteinander verbunden.
    Sie sagte zu mir: Während du lebst, bist du mein, bist du meine Liebe, bist du die Erde meines Grabes, bist du das Fleisch, das mein Bett ist.
    Ihre Anwesenheit floss durch meine Gedanken, durch meine Erinnerung, wollte jedes Abenteuer und jeden Gedanken erfahren,
die je zu mir gehört hatten. Doch es schien nichts davon zu geben - meine Gedanken waren Schatten in einer Höhle der Dunkelheit.
    Ich fühlte, wie ich mich unter ihrer bebenden Gestalt auflöste, während sich ihre Zähne vor und zurück bewegten, sich in mein Fleisch gruben und das frische, neu geschaffene Blut kosteten.
    Und dann kehrte sie eines Nachts nicht zu mir zurück.
     
    Ich lag dort, sehnte mich nach ihr und wusste, dass sie mich dem Tode überlassen hatte. Ich war bereit zu sterben. Ich war krank, ich hatte die Pest, ich war das Gift selbst, und nicht länger floss Blut durch meine Adern. Ich war zu einem Gefäß für irgendeine tödliche Flüssigkeit geworden, die in meinem Fleisch ihr Unwesen trieb. Sie hatte begonnen, mich ekelhaft zu finden, empfand mich als unwürdig, nun, da sie gesättigt war.
    Ich lag da, so schwach wie ein Neugeborenes oder ein neunhundertjähriger Mann. Ich versuchte, von ihrem Gesicht zu träumen und von dem Gefühl, wenn sie sich - auf meinem Leib - meiner bediente. Doch es gelang mir nicht.
    An diesem Tag lag ich da und starrte die Steine an, die um mich herum lagen. Ich machte mir Gedanken über mein Grab, über die letzten Augenblicke meines Lebens. Doch als die Nacht hereinbrach, war ich noch immer am Leben. Gerade als ich spürte, wie ich dem Leben entglitt, wie mein Hals verdorrte und ich meinen Körper verließ, sah ich sie vor mir - ein Bild der unheiligen Schönheit. Sie war zurückgekehrt! Freude

Weitere Kostenlose Bücher