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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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und bewegte sich wie eine Katze.
    Da zog ich mich an, denn ich verspürte das Bedürfnis zu jagen. Ich sprang auf den Korridor über mir, indem ich mich wie eine Spinne bewegte - meine Finger und Zehen berührten den Stein nur zart und hafteten dennoch daran, so dass ich selbst eine steile Wand erklimmen konnte.

     
    Die Lichter wurden immer heller, bis es nicht länger Nacht war, sondern ich den Eindruck eines falschen Tageslichts gewann, jedoch in Einer ver zerrten Perspektive: Die Farben hatten sich verändert. Was zuvor rot gewesen war, war nun gelb, was blau gewesen war, war nun weiß. Als ich im Hof herauskam, schien der Mond eine Scheibe aus Dunkelheit zu sein, und der Himmel war dort erhellt, wo es keine Sterne gab. Wo aber die Sterne sich befanden, sah ich nur Punkte aus Schwärze.
    Der Rest meines neuentdeckten Stammes war in die Nacht geflohen. Sie würden den Reisenden auf der Straße finden, oder den sterbenden Soldaten, der noch auf dem Feld lag - und ihren Durst löschen. Auch ich machte mich auf den Weg und folgte der unsichtbaren Spur, dem Moschusduft der Untoten, den ich vor mir wahrnahm.
    Ich spürte, wie sich mein Stamm in der Nacht innerhalb von wenigen Meilen versammelte, und so strebte ich vorwärts, dem nach, was sich wie ein warmer, unsichtbarer Luftstrom anfühlte, der Strom, den mein Stamm spürte und in dem er sich aufhielt. Mein Geist bewegte sich im Einklang damit, ebenso wie mein Körper, und so fand ich sehr bald die anderen. Vier oder fünf meiner Geschwister hatten sich in der Nähe eines sterbenden Soldaten versammelt, der am Fuße eines steinigen Hügels sein Lager aufgeschlagen hatte. Sie hatten ihm seine Rüstung vom Leibe gerissen. Eine Dämonin hob eine Axt wie als Siegeszeichen und tanzte neben dem Feuer, an dem der Mann erst kürzlich sein letztes Mahl eingenommen hatte.
    Ich trat näher an den Soldaten heran, und der schwere Geruch von Eisen in seinem Blut überwältigte mich. Es war, als röche man einen Eber, der viele Stunden am Bratspieß geröstet worden war. Das Wasser lief mirim Munde zusammen. Wieder spürte ich den Schmerz - meine Reißzähne hatten mit ihrem schmerzhaften Wachstum begonnen, das vielleicht tagelang nicht aufhören würde.
Doch dies war ein Schmerz, den ich ertragen konnte, denn er verstärkte meinen Durst. Gierig stieß ich die anderen Vampyre von diesem glücklosen Mann fort. Seine Kehle und Halsgrube trugen - seines Blutes wegen - eine helle Färbung. Die Münder und Kinne meiner Kameradinnen und Kameraden waren blutverschmiert, ihre Lippen schmatzten wie die Lefzen von Hun den nach der Tötung eines Wildtieres. Ich griff nach seinen Schultern, um mit meinen Lippen an die köstliche Milch des Lebens zu gelangen, aber als ich die Augen des Mannes sah, wich ich zurück.
    Er blickte mich mit tiefster Traurigkeit an. Noch war er nicht tot, aber auf dem besten Wege dorthin. Instinktiv wusste ich, dass ich ihm einen Gefallen erwiesen hätte. Ich hätte ihn getötet. Es war nicht das übliche Vorgehen meiner Art, rasch zu töten. Der Instinkt in mir wusste: Das Trinken aus diesen Kelchen des Fleisches war genau das, wonach ein Gourmand trachtete - Nippen ebenso wie Saufen, langsames Genießen oder trunkenes Hinunterschlingen. Doch eine schnelle Tötung war nicht das, was ich mir wünschen konnte, denn der Geschmack schien besser, wenn sich in dem Blut noch Leben regte.
    Doch ich kannte diesen Mann. Ich liebte diesen Mann wie einen wahren Bruder. Ich erkannte ihn: Eine lange verschüttete Erinnerung kam an die Oberfläche.

DER HEILIGE KUSS
    Es war Ewen, mein Freund, mein Kamerad. Ich empfand Kummer um ihn, und den noch auch einen Abstand zu der Welt der sterblichen Menschen, so dass ich kein Mitleid mit ihm hatte. Er erkannte mich im Lichtschein des Feuers. Seine Augen schienen glasig zu werden und dann wieder aufzuleuchten, als ob er in seinem
Inneren mit sich selbst rang, ob er sich ans Leben klammern sollte oder nicht.
    »Aleric«, flüsterte er. »Aleric. Nimm mich mit. Nimm mich mit. Nimm mich dahin mit, wohin du gehst.«
    »Ich kann nicht«, wisperte ich ihm ins Ohr. »Ich liebe dich, mein Freund. Aber du möchtest nicht zu diesem Ort mitkommen. Wir sind Dämonen. Ich bin nicht länger Aleric. Lass mich den Rest deines Blutes trinken und dich vor dieser Welt bewahren.«
    »Bitte«, flüsterte er. »Ich will dich nicht verlassen. Ich will nicht gehen. Ich möchte dir auf ewig dienen. Ich habe nach dir gesucht. Ich bin deinem Weg gefolgt.«
    Doch

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