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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verschaffte. Von dort aus gelangte man in eine lange, L-förmige Galerie, die durch Cold Harbour verlief und kurz vor dem White Tower wieder ins Freie führte. Für Kavallerie war dies kein geeigneter Zugang. Falls alles nach Plan verlief, hatte sich Tom der Stiefelputzer unter einem Fenster am Winkel des L, von wo aus beide Schenkel des Ganges zu beherrschen waren, mit einer größeren Menge geladener Schusswaffen auf dem Schoß häuslich niedergelassen. Wenn überhaupt, so würden nur wenige der Möchtegern-Verteidiger des Tower das Tor des Wakefield Tower passieren. Doch im Gefolge der Kavallerieattacke müssten einige der Angreifer hier hereingekommen sein.
    MacIan rannte nordwärts am Rand der Parade entlang, vorbei an den Lagerhäusern von Cold Harbour zu seiner Rechten. Aus den Fenstern von Yeomen-Häusern kam noch immer verflucht viel Musketenfeuer, das aber nicht mehr auf ihn gerichtet war. Als er die Ecke des letzten Lagerhauses erreichte und um sie herumhuschte, hatte er endlich eine sichere Warte erreicht, von der aus er würdigen konnte, warum das so war. Dass auf dem Bloody Tower und auf dem angrenzenden Mauerabschnitt einige Artilleristen erschienen waren, die Ihrer Majestät Kanonen nach unten über die Water Lane auf den Anleger richteten, hatte die dortigen Wachen gezwungen, ihre Musketen in den Fluss zu werfen und hilflos herumzustehen. Sie waren nicht mehr in der Lage, auf Männer zu schießen, die über die Strickleiter in das Logis des Lieutenant kletterten. Und so trat nun aus der Eingangstür dieses Hauses ein ununterbrochener Strom von Angreifern, die zum Bloody Tower rannten, wo sie über eine Treppe auf die Zinnen gelangen und weitere Kanonen bemannen konnten. Dabei zogen sie das wenige Feuer auf sich, das die Yeomen noch zustande brachten. Doch selbst das wurde von gelegentlichen Salven aus Feuerstellungen behindert, welche die Angreifer entlang dem Südrand der Parade bezogen hatten.
    Hinter sich hörte er ein Tor ächzen, und so kehrte er der Parade, die inzwischen ohnehin so etwas wie ein abgeschlossenes Kapitel war, den Rücken.
    In den letzten Minuten war es ihm darum gegangen, nordwärts im Bogen um das Ende von Cold Harbour herum aus dem Inner Ward (einem Exerzierplatz für die Guards und einem Dorfanger für Yeomen) in den Inmost Ward (den Hof eines Königspalastes) zu gelangen. Nun sah er sich einem etwa zehn bis fünfzehn Schritte breiten Abschnitt gegenüber, der die Gebäude des Cold Harbour von der Ecke des White Tower trennte. Dieser Abschnitt war durch eine Mauer abgeteilt; doch in der Mauer war ein Tor, das ihm gerade zuvorkommenderweise von einem Mann im Kilt geöffnet wurde.
    »Endlich jemand, mit dem ich reden kann«, sagte MacIan. »Willkommen im Tower, Bursche.«
    »Und willkommen im Inmost Ward, Onkel«, entgegnete der junge Mann und trat zurück, um ihn einzulassen.
    Verglichen mit der Parade war dies ein bloßer Bowling-Rasen. Er wirkte noch kleiner, als er war, weil er zwischen dem riesigen White Tower im Norden und, im Süden, dem Wakefield Tower (einem eigenständigen Palast) sowie einer Ansammlung wuchtiger Verwaltungsgebäude und Lagerhäuser, die zum Arsenal gehörten, eingezwängt war. Irgendwo mittendrin befand sich eine weitere winzige Nebentür – das dritte der vier Water-Lane-Portale -, die zum Quartier des Kommandanten führte und an diesem Tag nicht von Interesse war. Weit wichtiger war das letzte Tor, ein regelrechter Bogen und so groß, dass Highlander ohne abzusitzen hindurchreiten konnten. Er verschaffte einem Zugang zu einer Art Kasernenstraße entlang dem Ostrand des Inner Ward und von dort zu einem weiteren Tor, einem Gegenstück desjenigen, das MacIan gerade durchschritten hatte..., aber wo war es eigentlich? Sein Auge, das keine Entfernungen abschätzen konnte, hatte Mühe, sich zurechtzufinden. Doch der Dudelsackbläser hatte am oberen Ende der Kasernenstraße Position bezogen, um der Kavallerie Orientierung zu geben. Der Klang der von der steinernen Umgebung widerhallenden Musik lieferte MacIan die Information, die er brauchte, um die Örtlichkeit enträtseln zu können. Er fand das fragliche Tor. Es stand offen. Männer kamen hindurchgeritten. Einige saßen vornübergesackt im Sattel, die Hand auf Schlachtwunden gepresst, die sie sich in der Water Lane oder vielleicht auch schon früher geholt hatten, als sie zur Verblüffung der am Lions Gate postierten Wachen aus den Straßen Londons hervorgeprescht waren. Die meisten aber ritten mit

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