Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
diejenige, auf die es ankam, war von langer Hand vorbereitet worden: Sie war dieser Moment an diesem Ort. Sophies Sterben hier war das Letzte, was sie zu Caroline sagte.
    »Ich bin die Prinzessin von Wales«, sagte Caroline. Sie sagte es zu sich selbst.

Westminster Palace
    11. JUNI 1714
    Beschlossen wird, Nemine contradicente, dass das Haus dem
Ausschuss in besagtem Beschluss zustimmt, demzufolge
das Parlament eine Belohnung für den- oder diejenigen
aussetzt, welche eine zuverlässigere und praktikablere
Methode zur Bestimmung des Längengrades entdecken
als die jetzt gebräuchlichen; und dass besagte Belohnung
sich an dem Grad von Genauigkeit bemisst, welchen besagte
Methode erreicht.
    Journals of the House of Commons, VENERIS, 11°
DIE JUNII; ANNO 13° ANNÆ REGINÆ, 1714
    In Westminster verdunkelte eine Hall , ein Versammlungsgebäude, das Themseufer wie eine Masse Zwielicht, die ein nachlässiger Himmelsgott im uranfänglichen Ungestüm, das Sternengewölbe aufzurichten, verloren hatte. Man hatte sich bemüht, sie zu verschönern oder wenigstens hinter neueren Bauten zu verstecken. Das Sumpfland, auf dem man sie errichtet hatte, war verfüllt und eingeebnet worden, damit es die Verunstaltungen und Verzierungen der Hall tragen konnte. Einige davon waren als Kirchen, einige als Festungen, andere als Häuser gestaltet – alles bloße Worte, da keines davon jemals den entsprechenden Zweck erfüllt hatte. Ein Mensch, der per Boot an jenem Ufer anlangte und sich in den Komplex hineinarbeitete, könnte, wenn er über einen Kompass verfügte und sich nicht im prächtigen Labyrinth der Außengebäude verirrte, vielleicht bis zur Hall vordringen.
    Sie war leer. Gewiss, Gerichtshöfe, von Bretterbarrikaden abgeschirmt, hatten die südlichen Ecken okkupiert, und Verkaufsstände liefen wie Fußleisten an den Seiten entlang, sodass die Leute, die durch die Leere kamen und gingen, Bücher, Handschuhe, Schnupftabak und Hüte kaufen konnten. Aber sie wiesen nur auf die problematische Riesigkeit der Hall hin; denn welchen Sinn hatte es, ein Gebäude zu errichten, das so groß war, dass man es erst benutzen konnte, wenn man in seinem Inneren kleinere Gebäude errichtete? Die geschnitzten Engel an den Enden der vorragenden Stichbalken blickten in einen leeren, grauen Raum. Seine Kahlheit, die Ausdehnung seines von der Zeit gezeichneten Dachstuhls wiesen ihn als etwas zu groß geratene, mittelalterliche Wikingerhalle aus. Jeden Augenblick hätte Beowulf hereinstolzieren und nach einem Horn Met verlangen können. Er hätte sich hier eher zu Hause gefühlt – und auch entsprechend gewirkt – als irgendeine der mit Perücke versehenen Standespersonen, die nervös über den Steinboden huschten wie Hermeline, die eine sich verdunkelnde Sandbank zu queren versuchen, ehe Eulen auf sie herabstoßen können. Die kleineren Gebäude, die sich an die Westminster Hall schmiegten und sich von deren Strebbögen ihre Integrität stahlen, eigneten sich eher für Komplotte, Machenschaften, Gaunereien und arkane Riten: die zeitlosen Beschäftigungen von Menschen. Und so wuselten sie in die peripheren Labyrinthe und überließen die Hall jenen freudlosen Engeln.
    Wenn diese feierliche Leere im Herzen von Westminster irgendeinen Zweck erfüllte, so entsprach er dem des Resonanzkörpers, der den größten Teil eines Cellos ausmachte. Die Saiten, der Steg, der Bogen und der Spieler selbst waren ihm alle äußerlich. Nichts regte sich, nichts passierte in der dunklen Höhle; doch alle diese Teile würden nicht funktionieren, wenn sie nicht um eine zentrale Leere herumgebaut wären, die sie in der richtigen Beziehung zueinander hielt und dem unaufhörlichen Zug an den Saiten widerstand, während sie zugleich mit deren winzigsten Bewegungen in Einklang stand.
    Es gab an diesem Tag nur einen Mann, der seinen Schritt nicht beschleunigte, um die Hall zu durchqueren. Es war ein älterer Knight, der in einer schwarzen Sänfte am Nordende des Gebäudes eingetroffen war und seinen Trägern befohlen hatte, ihn dort abzusetzen. Er stieg in der Nähe des Schandpfahls aus, wo gerade ein dicker Mann ausgepeitscht wurde, der sich mit jeder neuen Strieme, die seinen Rücken zierte, wand und zuckte, aber nicht aufschrie. Der alte Mann aus der Sänfte schlug einen weiten Bogen um den Pfahl, um nicht von spritzendem Blut befleckt zu werden, und trat in eine Lücke zwischen zwei Kaffeehäusern, die an der alten Fassade der Hall klebten und beinahe deren Haupteingang

Weitere Kostenlose Bücher