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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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oder?«
    »Ihr habt mich nicht gefragt, was er glaubt . Ihr habt mich gefragt, was ich ihm gesagt habe. Was er glaubt , ist, dass ihr von der Stadt damit beauftragt seid, einen Fall von Versicherungsbetrug zu untersuchen, indem ihr ein gewisses, draußen im Pool verankertes Schiff beobachtet.«
    »Gut – solange er den Leuten das erzählt, wird niemand unsere wahre Absicht ahnen.«
    »O nein, das erzählt er den Leuten nicht. Er erzählt ihnen, dass ihr einer Sekte von Dissentern angehört, die wegen der kürzlich erfolgten Verabschiedung von Bolingbrokes Schism Act gezwungen ist, sich heimlich zu treffen.«
    »Sollen die Kerle im Schankraum doch ruhig denken, wir wären Dissenter – mehr will ich damit gar nicht sagen.«
    »Das ist aber nicht das, was sie denken. Sie denken, ihr seid Sodomiten«, erwiderte Partry. Das ließ Threader für eine Weile verstummen.
    »Kein Wunder, dass wir eine so unverschämte Miete zahlen«, bemerkte Mr. Kikin, »wenn man die Palette von Aktivitäten in diesem einen Raum bedenkt.«
    Partry hatte in einer Ecke des Raumes ein trapezförmiges Stück Segeltuch über die Bohlen gelegt und sich darauf niedergelassen. Man hätte ihn für einen Schneider halten können, wenn er nicht mit den Werkzeugen der Diebesfängerzunft gearbeitet hätte: einer Anordnung von Handschellen, Fesseln, Halsringen, Ketten, Beinfesseln und Vorhängeschlössern, die er sortierte, inspizierte und einfettete. Das hatte vermutlich nicht dazu beigetragen, ihren Ruf bei den Dauergästen, die sechs Fuß unter ihnen Porterbier tranken, zu verbessern.
    »Was sollen wir denn heute zur Versteigerung bringen?«, fragte Partry.
    Daniel trat vom Fenster zurück, reichte Mr. Orney das Fernrohr und nahm eine kleine Holzkiste, die er zuvor auf einem Fassboden abgestellt hatte. »Da Ihr ja ein Linsenkenner seid, Mr. Partry, wird Euch das hier gefallen. Es ist eine Sammlung von Linsen, von denen manche nicht größer als ein Mäuseauge, aber alle perfekt geschliffen sind.«
    Partry kniff die Augen zusammen. »Glaubt Ihr denn, Jack der Falschmünzer würde sich nur wegen einer Kiste mit Linsen diese ganze Mühe machen?«
    »Ich glaube, er ist hinter Sachen von Hooke her. Ich weiß nicht genau, hinter welchen oder warum. Indem wir ihm diese hier anbieten, zeigen wir ihm unsere Vertrauenswürdigkeit. Das heißt, wir beweisen, dass wir Sachen von Hooke zu verkaufen haben, denn solche Linsen hat nur Hooke hergestellt. Ob Jack sie kauft oder nicht, seiner Aufmerksamkeit können wir uns nach dem heutigen Tag jedenfalls sicher sein.«
    »Dem heutigen, dem morgigen oder erst in einer Woche«, korrigierte Partry ihn. »Keiner weiß, wie lange sie im Tatler-Lock liegen werden, bevor Jack oder sein Vertreter auftauchen, um sie zu taxieren.« Womit Partry die Kiste von Daniel entgegennahm und unter eine Art Kolani steckte, den er als Schutz vor dem Regen angezogen hatte. Er stieg die Treppe hinunter. Saturn folgte ihm, und durch den Fußboden konnte der Club hören, wie er den Besitzer bat, vier Krüge Flip nach oben bringen zu lassen. Und so begann die Überwachungsaktion. Daniel zog eine Lattenkiste zu dem Balkon hinüber und setzte sich so, dass er das Tatler-Lock im Auge hatte. Es war unwahrscheinlich, dass es dort irgendetwas zu sehen gäbe, aber er hatte das Gefühl, es der Form halber tun zu müssen. Vier Krüge mit dampfendem Flip kamen auf der Schulter eines neugierig um sich blickenden Schankmädchens herauf. Eigentlich war das ein Wintergetränk, aber bei diesem Wetter fanden sie es durchaus angemessen. Orney zog eine Oktavbibel aus der Tasche und fing an, sie auswendig zu lernen, ohne die Entfaltung vernichtenden Hohns zu bemerken, mit der Mr. Threader ihn bedachte. Kikin setzte seine Brille auf und machte sich an die Lektüre eines beeindruckenden Dokuments in kyrillischer Schrift. Threader grub einen Bleistift aus seiner Tasche und begann, sich auf einem Fassboden als Schreibtisch Notizen zu machen. Daniel hatte nicht daran gedacht, irgendetwas mitzubringen, um sich die Zeit zu vertreiben. Partrys Steckenpferd mit den Handschellen und Ketten hatte nichts Verlockendes. Aber Peter Hoxton, ein leidenschaftlicher Leser, hatte in dem Raum bereits Lesestoff verteilt, und zwar eine englische Übersetzung von Spinoza. Das war für Daniels Stimmung zu schwer. Stattdessen nahm er ein Libell zur Hand.
    Ein diplomatischer VORSCHLAG der Königin von Bonny an Ihre Britische Majestät, übersetzt aus dem Afrikanischen von DAPPA, Botschafter

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