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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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in der Liberty of the Clink .
     
    RECHTFERTIGUNG
    Aufgrund einer Phase der Verwirrung, die den Verstand von Mr. Charles White erfasst und ihn in den Glauben versetzt hat, ich sei sein Eigentum, habe ich in letzter Zeit meine frühere Gewohnheit, auf dem Erdenball umherzuwandern, aufgegeben zugunsten eines Lebens in würdevoller Ruhe im Clink, wo ich unter dem Verdacht, mich selbst gestohlen zu haben, festgehalten werde. Das ist eine schwer zu widerlegende Anklage; der Richter hat mich nämlich auf arglistige Weise gefragt, ob es denn nicht wahr sei, dass ich mich in meinem eigenen Besitz befände, worauf ich, der ich immer stolz darauf war, mich selbst zu beherrschen, natürlich mit Ja antwortete . Da ließ der Richter seinen Hammer niedersausen und ordnete an, mich wegen des Verbrechens der Aneignung gestohlener Ware in Eisen zu legen und zum Clink fortzuschleppen.
    Meine neue Sesshaftigkeit war nicht ohne Nutzen für die Schreibwarenhändler dieses und anderer Königreiche. Denn viele meiner alten Freunde und Angehörigen, die voller Verzweiflung den Versuch aufgegeben hatten, ein so ruheloses Objekt mit einem gut gezielten Brief zu treffen, haben mich hier erreicht. Nicht ein Tag vergeht, ohne dass ich ein verwittertes, von Würmern angefressenes Billett aus einem fernen Land bekomme. Heute erhielt ich eins, das auf einem kürzlich noch im Asiento eingesetzten Schiff befördert worden war. Dieses Schiff kam direkt von der Sklavenküste nach London, und in seiner Fracht befand sich eine mit spanischen Piastern gefüllte Truhe – ein Teil der Prämie, die der Regierung I. B. M. laut dem kürzlich abgeschlossenen Friedensvertrag für den Handel zwischen Afrika [einem großen Erzeuger von Negern] und der Karibik [einem gierigen Verschlinger derselben] zustand. Die Schatztruhe wurde von Mr. White entfernt, der sie in Gesellschaft mehrerer Burschen an Land trug, von denen alle mit merkwürdigen Silberner-Windhund-Abzeichen ausstaffiert waren. Dieselbe Truppe wurde später in der Stadt im Golden Square gesichtet, wo sie dem Viscount Bolingbroke , der dort ein schönes Haus besitzt, einen Besuch abstatteten; doch leider hatte die Truhe auf dem Weg dorthin ein Leck bekommen, und besagte Piasterstücke hatten sich nach und nach in die Straßen von London ergossen. Bei Mr. Whites Ankunft im Haus des Viscounts war die Truhe nach den Worten von Augenzeugen nahezu leer. In der Hoffnung, auflesen zu können, was herausgefallen war, verfolgten seine Messengers hastig ihren Weg durch die Stadt zurück, doch leider waren die Münzen bereits von einfachen Londonern aufgesammelt worden. Da die meisten gemeinen Engländer noch nie eine Silbermünze zu Gesicht bekommen hatten – Pfund Sterling sind in England etwa so selten wie bekennende Torys -, erkannte niemand sie als das, was sie waren. Doch als sie sahen, dass auf jede ein Gesicht mit den Zügen eines Bourbonen geprägt war, fühlten diese patriotischen Engländer sich gekränkt und schleuderten die verabscheuungswürdigen Medaillen in den Fleet Ditch, wo sie augenblicklich zu Boden sanken. So sind die Einnahmen aus dem Asiento also weg; wenngleich unter den Fäkaliensammlern das Gerücht geht, in mondlosen Nächten könne man einen Mann, dem Viscount Bolingbroke nicht unähnlich, am Ufer dieses widerlichen arroyo stehen sehen, über dem Arm einen Umhang und eine Garnitur feine, mit Windhunden bestickte Kleider, während ein nackter Mann in dem künstlichen Kanal darunter herumspritze und wie ein Perlentaucher in einer tropischen Lagune hin und wieder mit einem glänzenden neuen Bourbonen-Piaster zwischen den Zähnen an die Oberfläche komme. Wofür der Mann am Ufer ihn augenblicklich belohne, indem er ihm ein Ohr zuwerfe, wie ein Jäger das ganze Fleisch vom Wild nimmt und Knochen, Knorpel etc. seinen Hunden hinwirft, die so dumm sind, das für eine große Gunst zu halten.
    So viel zur letzten Verschiffung von Asiento -Geld. Dagegen berichte ich mit großer Freude, dass ein Tornister mit Post , der auf demselben Schiff nach London gekommen war, diesem Schicksal entging. Er wurde nämlich von ehrlichen Leuten an Land gebracht, die dafür sorgten, dass die Briefe alle ihren Bestimmungsort erreichten – sogar so niedere wie das Clink.
    Auf diese Weise kam ich in den Besitz eines Briefes von Ihrer Afrikanischen Majestät, der Königin von Bonny. Adressiert ist er an Ihre Britische Majestät. Da aber weder Königin Anne noch irgendeiner ihrer Minister der Sprache mächtig ist,

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