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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Mittwochabend angezündet worden waren, brannten jetzt, am Samstag, immer noch; eingefleischte Tory-Randalierer hatten nämlich den ganzen Donnerstag über weiterhin die Konfrontation mit ihren Gegenstücken von den Whigs gesucht, selbst als Ravenscar an den erhabeneren Fronten von Whitehall und Westminster seinen Vorteil genutzt hatte. Diese Störungen waren unmerklich in die übliche tumultuarische Umrahmung des gestrigen Hinrichtungszuges übergegangen. Deshalb war Smithfield und alles westlich davon jetzt eine einzige große rauchende und stinkende Nachwirkung. Peter hatte von der Plünderung von Azov gesprochen; Daniel fragte sich, ob es wohl so ähnlich ausgesehen hatte wie die Gegend, durch die sie jetzt fuhren. Ladenbesitzer und Anwohner fingen an, Türen wieder in die Scharniere zu hängen, Menschenkot aus ihren Vorhöfen zu schaufeln etc., aber an dem Ort wimmelte es trotzdem immer noch von nichtsnutzigen jungen Männern. Im Geist sortierte Daniel diese in Kategorien wie bewaffnete Irreguläre, Fanatiker, Landstreicher und Hinrichtungszuschauer – alles voreilige Urteile, die auf wackligen Beweisen fußten. Jedem kaufmännisch gesinnten Menschen, der diesen Weg nahm, musste die Vorstellung unmöglich erscheinen, dass in England überhaupt jemals eine ökonomisch gewinnbringende Aktivität vonstatten ging. Und dennoch erlebte England eine Blütezeit, und Peter wusste das; wie konnte er dieses Wissen mit dem in Einklang bringen, was er hier vor Augen hatte?
    »Früher lag dieser Ort jenseits der Stadtgrenzen«, erklärte Daniel, »und blutdürstige junge Männer kamen hierher, um sich spielerisch im Fechten zu üben oder gar richtig zu kämpfen. Das war vor mehr als hundert Jahren, als es Mode war, einen winzigen Schild an der linken Hand zu haben – einen Faustschild. Wenn sie kämpften, war das Geräusch von Stoßdegen, die an Faustschilde klirrten, weithin zu hören. Junge Männer mit einer solchen Mentalität wurden im Volksmund bekannt als -«
    »Faustschildklirrer! Ja, ich habe davon gehört«, sagte Peter. »Welchen Weg nehme ich hier?«
    »Nehmt die linke Abzweigung, wenn es Euch beliebt, Eure Majestät«, sagte Daniel, »und dann geradeaus nach Clerkenwell.«
    Was die übersinnliche Wahrnehmung angeht, welche in
Offenbarung oder Inspiration besteht, so wurden uns
keine allgemeingültigen Gesetze gegeben, weil Gott auf
diese Weise nur zu bestimmten Personen spricht und zu
verschiedenen Menschen verschiedene Dinge sagt.
    Hobbes, Leviathan
    Bei der Ankunft in Clerkenwell Court entdeckte Daniel, dass Roger Comstock oder jemand, der behauptete, ihn zu vertreten, zwei Kavallerieschwadronen einer Whig-Vereinigung im Hof der Technologischen Wissenschaften einquartiert hatte, die eine nach Art der Mohawks, die andere normal frisiert. Ihn kümmerte das alles nicht mehr, und nichts konnte ihn mehr überraschen. Es war einfach zufällig. Mit seinen neuen eisenbeschlagenen Türen stellte das Templer-Grab ein beeindruckendes Gewölbe dar. Die Anwesenheit der Kavallerie ließ es in Peters Augen für die Aufbewahrung eines Haufens Gold nur um so geeigneter erscheinen.
    Daniel hatte sich auf der Fahrt hierher darauf eingestellt, dass er einen oder zwei lange Tage damit zubringen würde, all die Wunderdinge und Kuriositäten zu erklären, die im Hof der Technologischen Wissenschaften zu sehen waren – denn das war wirklich der allerschlimmste Peter-der-Große-Köder. Doch die meisten der ingénieurs und Erfinder, die häufig hier waren, hatten ihre Sachen weggeschlossen oder mitgenommen, als sie gingen, um der Kavallerie Platz zu machen. Daher gab es relativ wenig zu sehen. Peter wagte sich zu einer flüchtigen Besichtigung des Templer-Grabs unter die Erde. Doch die Decke war für ihn zu niedrig, und er machte einen ebenso gelangweilten Eindruck wie jedes andere Mitglied eines Königshauses bei jeder anderen protokollarischen Besichtigung, was Daniel vermuten ließ, dass verborgene Grabgewölbe merkwürdiger alter militärischreligiöser Sekten in Russland weit verbreitet und wenig bemerkenswert sein mussten. Salomon Kohan schien sich mehr dafür zu interessieren als sein Chef. Und so saßen er und Daniel, während Baron von Leibniz und Saturn (der sich in bewunderungswürdiger Weise davon erholt hatte, dass er mit gezücktem Säbel aus dem Bett gescheucht worden war) dem Zaren einige der zur Logikmühle gehörenden Maschinen zeigten, unten neben einem Schiefersarkophag und überwachten die Umladung der Goldplatten

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