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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Peiniger ihn so hin, dass sich sein Gesicht direkt unter dem Auslauf der Pumpe befand, und ein dritter Vollstrecker des Inspektorengerichtes machte sich daran, mit aller Kraft den Schwengel zu betätigen. Was darauf folgte, war schwer zu sagen, weil sich eine Masse von Gefangenen darum gesammelt hatte, um sich an dem Schauspiel zu ergötzen. Daniel erhaschte einen Blick auf die Füße des Gefangenen, die eine Luft-Tarantella tanzten. In sämtlichen Fenstern des Gefängnisses hatten sich Schuldner eingefunden, um aus den Fehlern der Schnapsdrossel zu lernen. Saturn hatte dank seiner Körpergröße einen guten Blick. Daniel schlich um ihn herum, presste den Rücken an den seinen und schaute in die andere Richtung, auf das, was er für die Haftkammern hielt.
    Diese sahen in der Tat ganz danach aus, besaßen sie doch schwere Türen mit besonders vielen Riegeln und Schlössern und wenige bis gar keine Fenster. Er hatte gehört, einige der Haftkammern befänden sich nahe dem Ditch, den Aborten und dem Dunghaufen, und das traf auf diese zu, obwohl der Gestank nicht so schlimm war, wie die Nachbarschaft hätte vermuten lassen, da es ein frischer Tag war. Daniel sah jedoch keine der Sicherheitsmaßnahmen, die er erwartet hätte, wenn Mitglieder der Shaftoe-Bande hier eingesperrt worden wären. Außerdem gingen diese Räume auf der anderen Seite nach dem Ufer des Ditch und hatten womöglich Fenster oder Gitter, die eine Verbindung nach draußen herstellten, was sie zu einem weniger geeigneten Ort machte, um wahrhaft abscheuliche Kriminelle einzusperren.
    Als der Gindieb völlig geläutert war, hörte das Pumpen auf, und dessen Nutznießer wurde halb tot herausgezogen und auf dem Boden neben der Zisterne liegen gelassen. Die Menge verlief sich. Manche gingen nach Süden um das näher gelegene Ende des großen Gebäudes herum, wobei sie sich durch einen engen, ekelhaften Durchgang zwischen ihm und den Aborten und dem Dunghaufen hindurchquetschten; da die Umfassungsmauer hier so nah an die Fenster in den oberen Stockwerken heranreichte, dass man bei ihrem Anblick unwillkürlich an Kletterseile denken musste, war sie an dieser Stelle vierzig Fuß hoch. Doch als Daniel und Saturn erst einmal um die Ecke gebogen waren und sich wieder gen Norden gewandt hatten, jetzt auf der östlichen Seite des Gebäudes, weitete sich der Platz zwischen diesem und der Mauer deutlich zu einem Gelände von hundert oder mehr Fuß Breite, was Daniel aufgrund seiner vorbereitenden Lektüre als das Spielfeld erkannte. Das grenzte an den nördlichen Teil der Herren-Seite des Gefängnisses, wo betuchtere Schuldner in Wohnungen wohnten, die je nach ihren finanziellen Mitteln mehr oder minder überfüllt waren – handelte es sich hierbei doch um eine der Haupteinnahmequellen des Direktors. Trotz der kalten Luft waren hier so viele Tennis-, Bowls- und Kegelspiele etc. im Gange, dass Daniel sie gar nicht alle auseinanderhalten konnte. Um den Platz herum standen ein paar grobe Tische, die so aussahen, als könnte man im Sommer daran Karten spielen. Daniel ließ sich an einem von ihnen nieder, um seinen Beinen eine kurze Ruhepause zu gönnen. Er saß mit dem Rücken zur Gefängnismauer und konnte das gesamte Spielfeld und die Herren-Seite gegenüber überblicken. Rechts von ihm beschrieb die Mauer in einiger Entfernung einen Bogen um den nordöstlichen Flügel des Gefängnisses. In ihren Windschatten schmiegten sich ein paar freistehende Gebäude: eine Küche mit ihrer eigenen Pumpe und Zisterne. Auf der einen Seite davon ein weiterer Dunghaufen, der einen weiteren Abort zu verschlingen drohte – und das alles beunruhigend nah an der Gefängniskapelle. Auf der anderen Seite stand in der Biegung der Mauer ein Gebäude, das Daniel nur schwer hätte identifizieren können – wenn nicht zwei bewaffnete Soldaten davor gestanden hätten. Zwei Zelte, militärische Standardausführung, und ein Kochfeuer nahmen einen Teil des angrenzenden Spielfeldes ein.
    Daniel hatte eine Kartentasche über der Schulter getragen. Die nahm er jetzt ab und schnallte die Klappe auf. Als er die Tasche umstülpte, kam als Erstes eine kleine Lawine aus Staub und Putzbröckchen heraus, die durch Pferdehaare immer noch zu kleinen Büscheln zusammengehalten wurden. Durch leichtes Schütteln gelang es ihm aber dann, eine Dokumentenrolle zutage zu fördern.
    Saturn hatte sie zum letzten Mal gesehen, als er sie aus einer aufgeschlagenen Wand in der Kuppel von Bedlam hervorgezogen hatte. »Als

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