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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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zurücksegelte. Man gelangte wohlbehalten bis Cadiz. Doch dann segelte die kleine Brigg törichterweise allein nach Bonanza, wo sich der Vizekönig eine Villa hatte bauen lassen, in der er, so seine Vorstellung, einen begüterten Ruhestand genießen würde. Doch ehe das Schiff entladen werden konnte, wurde es in der Nacht von Piraten geentert, die als Türken verkleidet waren und von dem infamen Verbrecher angeführt wurden, den wir als Schuss-in-den-Ofen-Jack, den König der Landstreicher, und den die Franzosen als L’Emmerdeur kennen. Das Gold wurde gestohlen und in langen Etappen nach Hindustan geschafft, wo es in den Besitz einer heidnischen Potentatin kam, einer Amazone und Piratenkönigin, kohlrabenschwarz, die nicht die leiseste Ahnung hatte, was ihr da ins Netz gegangen war. Doch an diesen Ufern verwendeten Jack und seine Spießgesellen ihre unrechtmäßig erworbenen Gewinne dazu, ein Piratenschiff zu bauen. Und von einigen Schiffszimmerleuten hatten sie die Vorstellung übernommen – die keineswegs falsch war, da ja sogar eine stehengebliebene Uhr zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigt -, dass der Rumpf des Schiffes, wenn man ihn unterhalb der Wasserlinie mit Blechen von weichem Metall verkleidete, Bernakelmuscheln keinen Halt böte und den Angriff der Pfahlmuschel abwiese.«
    »Ein vollkommen vernünftiger Gedanke«, sagte Daniel.
    »Es war ein guter Gedanke, der aber höchst seltsam in die Tat umgesetzt wurde! Denn dieser Jack – eitler und extravaganter Mensch, der er war – verfügte, dass das Blech aus massivem Gold zu fertigen sei!«
    »Also war das, was die Franzosen erzählten, gar keine Phantasiegeschichte«, schloss Daniel.
    »Ich würde eher sagen, sie war, obschon phantastisch, gleichwohl wahr!«, gab Isaac zurück.
    »Weißt du, wo dieses Schiff im Augenblick ist?«, fragte Daniel, bemüht, nicht nervös zu klingen; denn er wusste es.
    »Man glaubt, dass es auf den Namen Minerva getauft wurde. Aber das steht nicht mit Sicherheit fest und nützt, selbst wenn es stimmt, nicht viel, da hunderte von Schiffen so heißen. Ich vermute jedoch, dass es immer noch die Meere befährt und ab und zu London anläuft und dass zwischen Jack dem Falschmünzer und der Besatzung irgendein Handel abgewickelt wird. Goldplatten werden aus der Bilge geholt – denn damit wir uns nicht missverstehen, sie sind schon vor vielen Jahren, wahrscheinlich in irgendeiner einsamen karibischen Bucht, vom Rumpf abgeschlagen und durch Kupfer ersetzt worden – und zu Jack befördert, der daraus exzellente Guineen prägt, mit denen er den Geldvorrat Ihrer Majestät vergiftet. Das ist die Geschichte von Salomons Gold, Daniel. Ich hatte gehofft, du würdest dieses Garn unterhaltsam finden. Warum schaust du so verwirrt drein?«
    »Ich finde es höchst sonderbar, dass sich der Schatz, nach dem du schon dein Leben lang suchst, zufällig in den Händen des Mannes befinden soll, den du als deine Nemesis bezeichnest.«
    »Meine Nemesis, was die Arbeit in der Münze anlangt. Auf anderen Gebieten habe ich andere Feinde«, erinnerte Isaac ihn kurz angebunden.
    »Das geht an meinem Argument vorbei. Warum sollte der Hort Salomonischen Goldes nicht in einem Gewölbe in Sevilla oder im Vatikan oder in der Verbotenen Stadt von Peking liegen? Warum sollte sich dieses Gold angesichts all der Orte auf der Welt, in denen es hätte landen können, ausgerechnet im Besitz von Jack dem Falschmünzer befinden – dem einen Menschen, den du am liebsten auf einer Schleife nach Tyburn gezerrt sähst?«
    »Weil seine Dichte die von Gold übersteigt, ist es für einen Fälscher wertvoll.«
    »Für einen Alchimisten ist es noch wertvoller. Glaubst du, Jack weiß das, und glaubst du, er weiß, dass du, Isaac, ein Alchimist bist?«
    »Er ist ein bloßer Verbrecher.«
    »Ja, und zwar ein sehr kosmopolitischer, so wie es sich anhört.«
    »Ich versichere dir, er hat nicht die leiseste Ahnung von alchimistischen Dingen.«
    »Das habe ich auch nicht. Und dennoch weiß ich, dass es dich nach diesem Gold verlangt!«
    »Was tut das zur Sache? Er weiß, dass ich ihn aufspüren und vor den Richter bringen will – das reicht.«
    »Isaac, du hast die Angewohnheit, die Intelligenz eines jeden zu unterschätzen, der nicht du ist. Vielleicht verwendet Jack das Salomonische Gold dazu, dich zu ködern.«
    »Was spielt es für eine Rolle, wenn eine Maus einen Löwen ködert?«
    »Das kommt darauf an, ob der Löwe in einen Einzelkampf mit besagter Maus oder in eine Fallgrube

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