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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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anzuschneiden«, verkündete Isaac in einem vertraulichen Ton, der aus seinem Munde sehr sonderbar klang, »aber nun muss ich mich leider auf den Weg machen.«
    »Ich schätze mich glücklich, dass es mir vergönnt war, so viel von deiner Zeit in Anspruch zu nehmen«, sagte Daniel, darum bemüht, nicht ironisch zu klingen.
    »Das Glück ist ganz auf meiner Seite, und ich versichere dir, dass die Zusammenkunft, zu der ich jetzt gehe, nicht halb so erfreulich sein wird!«, gab Isaac zurück. »Wäre die Münze ausschließlich ein Tempel der Naturphilosophie – wie sie es eigentlich sein müsste -, wäre es das reine Vergnügen, sie zu leiten. So aber vergeude ich viele Stunden bei Zusammenkünften politischer Natur.« Er rappelte sich hoch.
    »Sind es heute Whigs oder Torys?«, fragte Daniel im Aufstehen. Von jetzt an war alles nur noch Geplänkel: gefällige Geräusche, die ebenso gut auf Irokesisch hätten gesprochen sein können.
    »Deutsche«, gab Isaac zurück und ließ ihm an der Tür den Vortritt. Catherine Barton oder sonst jemand musste ihm Manieren beigebracht haben.
    »Tatsächlich! Sie werden uns bald genug regieren, was belästigen sie uns jetzt schon?«
    Sie blieben in einem Flur stehen, sodass Isaac seinen scharlachroten Schlafrock abstreifen und sich von einem Diener in eine Weste und einen Rock helfen lassen konnte. »Sie belästigen nicht mich, sondern andere Leute, von höherem Stand – daraus ergeben sich Weiterungen«, sagte Isaac. »Ich würde dir anbieten, dich irgendwo abzusetzen, aber mein Beförderungsmittel bietet nur Platz für einen. Kann ich dir eine Mietdroschke rufen lassen?«
    »Danke, ich gehe zu Fuß«, sagte Daniel. Isaac folgte ihm ins Vestibül, in dem es beengt zuging. Zwei kräftige Männer waren da, die nach Straße rochen. Zwischen ihnen stand hochkant ein schwarzer Kasten, der an einer Seite offen war, sodass man einen karmesinroten Ledersitz sah. Isaac schob sich seitwärts hinein und strich die Rockschöße unter sich glatt. Ein Diener stand bereit, die Tür zuzuschlagen.
    »Was den Vorschlag angeht, den ich dir gemacht habe, werde ich von dir hören«, sagte Isaac voraus. »Und wir wollen nicht vergessen, irgendwann in naher Zukunft ein Gespräch über das Kalkül zu führen.«
    »Es vergeht kein Tag, ohne dass ich daran denke«, antwortete Daniel. Damit wurde die Tür geschlossen. Isaac war in dem schwarzen Kasten verschwunden. Seine Stimme drang ganz deutlich daraus hervor. »Gott schütze die Königin, Daniel« – was diesen daran erinnerte, dass nur ein schwarzes Drahtnetz sie trennte, durch das Isaac alles sehen und hören konnte, während er selbst von außen vollkommen unsichtbar war.
    »Gott schütze die Königin«, gab Daniel zurück und folgte der Sänfte dann zur Tür hinaus auf die St. Martin’s Lane. Isaac wurde rasch südwärts in Richtung St. James und Westminster getragen, wo alles Bedeutende und Wichtige lag. Daniel, der sich nicht der Peinlichkeit aussetzen wollte, neben Isaacs Sänfte herzumarschieren, wandte sich in die andere Richtung.
    Gleich darauf trat er durch ein Tor am oberen Ende der Gasse und gelangte auf einen offenen, in etwa rechteckigen Platz, dessen Seiten ungefähr eine Bogenschussweite maßen. Er hieß Leicester Fields und war mittlerweile auf drei Seiten – einschließlich der, von der aus Daniel ihn betreten hatte – von neuen Stadthäusern eingefasst, wie sie nach dem großen Brand überall in dieser Gegend entstanden waren. Doch auf der Nordseite – der Daniel über einige hundert Fuß offenen Geländes hinweg das Gesicht zukehrte – begrenzte ihn einer der wenigen, noch übriggebliebenen, altmodischen Tudor-Komplexe: eine Anhäufung von Gebäuden aus rotem Ziegelstein und Fachwerk, die Leicester House hieß. Früher war es eines der wenigen Häuser in London gewesen, das als passende Unterkunft für Mitglieder der Königsfamilie galt, und hatte diversen Tudor- und Stuartfürsten und -fürstinnen als Palast gedient. Elizabeth Stuart hatte darin gewohnt, ehe sie nach Europa gegangen, zur Winterkönigin geworden war und Sophie und viele andere gezeugt hatte. Änderungen in der königlichen Linie hatten die sentimentalen Bindungen zu diesem Haus geschwächt, und der Wiederaufbau Londons in neuem Stil hatte es völlig in den Schatten gestellt und ließ es wie ein englisches Bauernhaus wirken.
    Als Daniel auf Leicester Fields hinaustrat, schaute er neugierig und Orientierung suchend in diese Richtung, wie ein Seemann, der nach den

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