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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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ausstrahlte. Hugh seufzte vor
Wohlbehagen.
    Er bemerkte, daß die Serviererin, ein
junges, atemloses Mädchen, auf dem Tisch am Kopfende des Saales ein weiteres
Gedeck auflegte. Offenbar hatte Jonathan seine Abneigung gegen van Tenke so
weit überwunden, daß er sogar bereit war, mit ihm am selben Tisch zu essen. Und
den Willoughbys natürlich. Mrs. Willoughbys Anziehungskraft spielte dabei wohl
keine große Rolle. Hugh vermutete, daß Jonathan wohl eher daran gelegen war zu
beeindrucken, als beeindruckt zu werden.
    Da sein Platzwechsel etwas überraschend
erfolgt war, versuchte Jonathan seiner Mutter mittels Schulterzucken und
erhobenen Händen pantomimisch deutlich zu machen, daß es ein Gebot der
Höflichkeit für ihn sei, am Tisch seiner Gastgeber Platz zu nehmen. Mrs. Rees
ließ ihn hampeln und blickte dann ostentativ in eine andere Richtung. «Gott sei
Dank, Jonathans Gesellschaft ist uns erspart geblieben», sagte sie leise zu
Clarissa. Ihr Sohn unternahm inzwischen an der oberen Tafel den Versuch, sich
am Kopfende niederzulassen, aber der Colonel, der aufgrund seiner langen Zeit
in der Armee Erfahrung mit frechen Burschen wie ihm hatte, wußte diese Absicht
zu vereiteln. Nach einem kurzen, unauffälligen Gerangel fand sich Jonathan — für
ihn gänzlich ungewohnt — mit dem Rücken zum Saal. Selbst von hinten konnte man
ihm ansehen, wie er grollte.
    Mrs. Arburthnot war ebenfalls
unzufrieden mit der Sitzordnung; sie saß an einem Tisch mit Miss Brown. Miss
Fawcett erfaßte die Situation mit einem Blick und bat, ob sie sich vielleicht
dazusetzen dürfe. Ein derartiges Angebot zu machen, gehörte, wie sie meinte, zu
ihren Pflichten als Hausdame. Und Mrs. Arburthnot hatte auf diese Weise endlich
einmal Gelegenheit, sich gründlich über die Willoughbys zu informieren.
    Am unteren Ende des Saals stand ein
noch unbesetzter Tisch mit zwei Gedecken. Hugh nahm an, daß einer der beiden
Plätze für ihn bestimmt sei, und überlegte, wer wohl sein Tischgenosse sein
mochte. Mrs. Rees sah ihn unschlüssig stehen und winkte ihn auf den freien
Platz von Jonathan. Er nahm dankbar an. «Glauben Sie, daß ich hier um eine
Weinkarte bitten darf?» wandte er sich mit einem Lächeln an Clarissa.
    Wie aus dem Nichts tauchte in diesem
Moment das atemlose Serviermädchen neben ihm auf. «Dr. Godfrey?»
    «Ja.»
    Sie stellte ein winziges Glas mit einer
geringen Menge milchiger Flüssigkeit vor ihn hin und wandte sich zum Gehen.
    «Kein Abendbrot für mich?»
    Sie sah ihn verwirrt an. «Sie sind doch
das Magengeschwür, oder? Das ist Ihr Abendbrot.»
    «Das soll alles sein?»
    Das Mädchen warf einen hilfesuchenden
Blick zu Mrs. Burg. «Sie hatten ganz recht mit Ihrer Vermutung, Dr. Godfrey»,
rief sie ihm über zwei Tische hinweg zu, «man hat Sie auf Flüssigdiät gesetzt.»
    «Macht es Ihnen etwas aus, gemeinsam
mit uns am Tisch zu sitzen?» erkundigte sich Clarissa besorgt. «Edith und ich
bekommen reguläre Mahlzeiten.» Mannhaft schüttelte er den Kopf. Die Serviererin
erschien und brachte einen Korb mit Scheiben frischgebackenen Vollkornbrots
sowie eine Terrine verführerisch duftender Suppe. Nach dem ersten Löffel legte
Mrs. Rees verzückt eine kleine Pause ein. «Mmm — wirklich delikat!»
    Hugh spürte, wie ihm das Wasser im
Munde zusammenlief. Seine Willenskraft schwand rapide dahin. «Aber ich werde
doch wohl ein Glas Milch haben dürfen», sagte er aggressiv. «Vermutlich hat Dr.
Willoughby das sogar angeordnet, und es ist nur vergessen worden.»
    «Von Milch war nicht die Rede, wir
servieren hier nie Milch», sagte die Serviererin knapp, und weg war sie.
    «Nun ärgern Sie sich nicht», sagte Mrs.
Rees, halb ironisch, halb mitfühlend, «wenn Sie dabeibleiben, dann passen Sie
am Ende vielleicht wieder in Ihren Bademantel.»
    «Entschuldigen Sie die Störung, Dr.
Godfrey?»
    Hugh blickte hoch. Über ihn gebeugt
stand, einen sorgenvollen Blick in den mitfühlenden braunen Augen, eine stämmige
junge Frau. So könnte Gaia, die mythische Erdmutter, ausgesehen haben, dachte
Hugh. «Mrs. Ollerenshaw. Ich bin hier verantwortlich für den Speiseplan der
Gäste.»
    «Ach ja?»
    «Ich habe gehört, Sie hätten eine
Frage?»
    «Wenn Sie auch verantwortlich sind für
diese Suppe hier», sagte Mrs. Rees und leckte ihren Löffel ab wie ein braves
kleines Mädchen, «dann darf ich Ihnen meine tiefempfundene Hochachtung
aussprechen, und ich hätte gern noch etwas mehr, wenn das möglich ist.» Mrs.
Ollerenshaw nickte und gab der

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