Pringle in Trouble
Hündin. Ihr Fell ist übrigens
gescheckt», fügte er in einem Nachsatz hinzu und sah sie gespannt an. «Also — war
es nun Susie oder nicht?» Obwohl Maeve Dutzende von Malen dabeigewesen war,
wenn aus der Haft entlassene Kameraden über die Verhörmethoden der Engländer
berichtet hatten — auf diese hier war sie nicht vorbereitet.
«Ich weiß nicht, wovon Sie reden.»
«Aber das gibt’s doch gar nicht! Beide
Hunde tragen doch sogar Namensschilder... ‹Brucie› und ‹Susie›.»
«Jetzt hör mal zu, Alter!» Das gute
Benehmen, das man ihr in Kilkenny antrainiert hatte, war wie eine dünne
Lackschicht, die jetzt rasch Risse zeigte. «Ich habe keine Ahnung, ob dieses
Vieh männlich oder weiblich oder was weiß ich sonst war. Alles was ich weiß,
ist, daß es mich angefallen hat — mit gefletschten Zähnen.» Noch in der
Erinnerung überlief sie ein Schauder. «Deshalb habe ich mein Messer
herausgeholt und so lange zugestochen, bis es tot war. Es war alles andere als
ein Vergnügen, das kann ich Ihnen sagen.» Anklagend wies sie auf ihre Jeans.
«Hier, sehen Sie nur, ich habe das ganze Blut abgekriegt.» Sie ging ein paar
Schritte in den Saal hinein, um allen ihre blutigen Jeans vorzuführen. Klirrend
fiel Mrs. Rees’ Gabel zu Boden. Sie ließ sie liegen. Ihr war ohnehin der
Appetit vergangen. Das Kinn angriffslustig vorgereckt, wandte sich Maeve dem
Colonel zu: «Wenn das da draußen Ihr verdammter Hund war, dann können Sie mir
vielleicht auch erklären, wieso er überhaupt frei herumgelaufen ist?» Der
Colonel hob mißbilligend eine Augenbraue. Er schätzte es nicht, wenn Frauen
fluchten. «Ich nehme an, er hat Sie für eine Tramperin gehalten», sagte er
kühl.
Miss Fawcetts grenzenloses
Harmoniebedürfnis ließ sie unbedacht in die Bresche springen. «Wie wäre es mit
etwas Karottensuppe? Mrs. Ollerenshaw hat sicher noch etwas übrig — ohh!» Ihr
Blick war auf Maeves blutdurchtränkte Jeans gefallen, und jetzt, beim
zweitenmal, tat der Anblick seine Wirkung. «Wir — wir kochen hier nämlich nur
vegetarisch, Miss Kelly... Sie sind doch Miss Kelly, oder?» schloß sie
verlegen. Maeve nickte und sank müde auf einen Stuhl.
«Würden Sie die Güte haben, mir zu
erklären, wo dieses — Gemetzel — stattgefunden hat?» fragte der Colonel
unfreundlich.
Er hatte sich ans Fenster gestellt und
starrte finster in den nachtdunklen Park hinaus.
«Woher soll ich das wissen? Ich bin zum
erstenmal hier in dieser Gegend, ich bin überhaupt zum erstenmal in England.
Ringsherum waren Bäume, das ist alles, an was ich mich erinnern kann.»
«Also vermutlich im Park.» Der Colonel verschwand.
Mrs. Burg kam herübergeschlurft und
deutete auf den Rucksack.
«Könnten Sie den wohl selber
hochtragen?»
«Was?»
«Der Mann, der für das Hochtragen des
Gepäcks zuständig ist, ist schon nach Hause gegangen. Sie haben Nummer sieben.»
Damit drehte sie sich um und ging zurück auf ihren Platz. Maeve sah ihr
fassungslos nach. Das also war England! Miss Fawcett, die auf Stimmungen so
empfindlich reagierte wie ein Seismograph auf Erdbeben, überlegte, ob der
Empfang vielleicht nicht doch etwas kühl ausgefallen sei? «Herzlich willkommen
auf Aquitaine », sagte sie und gab sich Mühe, es besonders freundlich
klingen zu lassen.
Auf dem Weg zurück in die Bibliothek
bot Hugh Mrs. Rees höflich seinen Arm. «Ein bedauerlicher Vorfall», sagte er
leise.
«In der Tat», erwiderte sie brüsk. «Ich
hoffe, sie nehmen ihr das Messer weg. Man ist sich ja sonst seines Lebens hier
nicht mehr sicher.»
Von hinten rief sie jemand an. Es war
Jonathan, der gelaufen war, um sie einzuholen. «Tut mir leid, daß ich euch
vorhin allein gelassen habe; aber ich habe eine absolut phantastische halbe
Stunde gehabt. Valter ist wirklich großartig.»
Clarissa starrte ihn an. Sie glaubte
ihren Ohren nicht zu trauen. «Noch vor etwas mehr als einer Stunde hast du
behauptet, er habe versucht, dich umzubringen», sagte sie empört.
«Also, das ist ja nun maßlos
übertrieben, meine Liebe», sagte er und schenkte ihr einen langen, unschuldigen
Blick. «Und übrigens hat Valter inzwischen alles erklärt. Das ‹Nicht springenb
hat er nur so zum Spaß gesagt, und es ist ja auch alles gut ausgegangen. Ich
bin jetzt sogar froh, daß ich etwas höher wohne, die Luft dort oben ist
wirklich sehr erfrischend.»
«Ich verstehe nicht, wie du es
schaffst, dich einfach hinzustellen und zu behaupten...»
«Nun leg doch nicht immer jedes Wort
auf
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