Pringle in Trouble
wollen, doch der
Inspector wollte sich nicht ablenken lassen.
«Und wann ungefähr ist das gewesen? Daß
Sie herunterkamen und die Tür verschlossen fanden, meine ich?»
«Ich weiß nicht genau, Sir. Es war jedenfalls
noch dunkel. Ich habe mich da drüben in den Sessel gesetzt und versucht, dort
etwas zu schlafen.»
«Und warum haben Sie nicht versucht,
dieser Person da drin — wer immer es auch war — die Hölle heiß zu machen, damit
er herauskäme?»
«Ich hielt es so für besser, Sir. Er
war mit dem Essen fertig — er hatte den schmutzigen Teller mit dem Besteck
stehenlassen. Und dann war da noch ein Glas. Er hatte sich vom Portwein des
Colonel genommen. Eine Begegnung mit mir wäre ihm sicher sehr unangenehm
gewesen. Ich dachte, daß er, wenn die Luft rein wäre, schon von selbst gehen
würde.»
«Und wann war das?»
«Kurz darauf. Ich konnte doch nicht
mehr schlafen, bin in die Waschküche gegangen und habe mich um die schmutzige
Wäsche gekümmert.»
«Wilfred hilft mir oft bei der Wäsche»,
bestätigte Jessie. «Ich war ihm sehr dankbar heute morgen, daß er mir die
Arbeit schon abgenommen hatte.»
«Zeigen Sie mir die Waschküche!»
Sie durchschritten einen Bogen. Die
Waschküche war dort, wo früher die Milchkammer gewesen war. Auf dem Boden mit
den quadratischen Fliesen standen mehrere Waschmaschinen sowie eine Mangel.
Unter der Decke war eine Leine gespannt, auf der eine Reihe geblümter
Handtücher zum Trocknen hing. «Als ich heute morgen herunterkam, war fast alles
schon gewaschen», sagte Jessie. «Ich hatte den Wecker extra früh gestellt, weil
es so viel war. So hatten wir Zeit, uns noch auf eine ruhige Tasse Tee
zusammenzusetzen.»
«Wie spät war es da?»
«So gegen sechs, oder?» sagte Wilfred
und sah Jessie fragend an.
«Ja, das kommt hin. Ich bin um Viertel
vor sechs aufgestanden.»
«Wohnen Sie denn hier?» fragte Mr.
Pringle überrascht. Er meinte sich zu entsinnen, daß sie ihm auf dem Fragebogen
eine Adresse im Dorf angegeben hatte.
«Nein. Aber manchmal übernachte ich
hier. Wegen der Wäsche. Ich habe ein Zimmer gleich neben dem von Miss Fawcett.»
«Und Sie glauben, daß, wer immer sich
dort versteckt hielt», der Inspector deutete auf Wilfreds Kammer, «...daß er
oder sie’ ich davongemacht hat, als er die Waschmaschinen laufen hörte?» Jessie
und Wilfred nickten beide gleichzeitig mit dem Kopf.
«Es kommt praktisch jede Woche
mindestens einmal vor», sagte Jessie. «Die Gäste haben Hunger und schleichen
sich heimlich hierher, um zu sehen, ob hier irgend etwas zum Essen herumsteht.
Selbst ganz vornehme Leute, von denen man so was überhaupt nicht erwarten
würde...»
«Aber Sie haben weder etwas gesehen
noch gehört, das eindeutig beweisen würde, daß es sich nur um Mr. Powers
gehandelt haben kann, oder?»
«Aber es kommt doch niemand sonst in
Frage», beharrte Millicent. «Die Damen hätten sich doch nicht ausgerechnet
Wildpastete und Portwein geholt; es gab doch genug andere Sachen.»
«Ich möchte mal den Kühlschrank sehen!»
Wie sich herausstellte, gab es in der
Küche gleich ,zwei Kühlschränke. Der zweite, kleinere, war ausschließlich den
Lebensmitteln des Colonel vorbehalten und war bis zum Rand gefüllt mit Fleisch
und verschiedenen Käsesorten. In einem Regal in der Nähe des Fensters lagerten
eine Reihe Wein- und Portflaschen. Jessie zeigte mit ihren Händen, wie groß die
Pastete gewesen war, die Jonathan entwendet hatte. Bescheiden ist er gerade
nicht gewesen, dachte Mr. Pringle. Mrs. Ollerenshaw schüttelte betrübt den
Kopf. «Soviel totes Fleisch», murmelte sie mißbilligend. «Und das, wo er auf
Flüssigdiät gesetzt ist... Kein Wunder, daß ihm heute morgen so schlecht war.»
Jessie schlug mit Schwung die Kühlschranktür zu und sagte spitz: «Dem Colonel
ist sein Fleisch, soviel ich weiß, immer gut bekommen.» Mrs. Ollerenshaw
lächelte nur nachsichtig.
Der Inspector blickte auf die Uhr. «Ob
Mr. Powers wohl schon im Bett liegt?» Mr. Pringle meinte zu spüren, wie um ihn
herum alles aufatmete: Es schien ja so, als hätten sie ihre Rolle gut gespielt,
der Colonel und Mrs. Willoughby würden mit ihnen zufrieden sein.
«Ich habe vorher mit Mrs. Arburthnot
gesprochen», sagte Keatly und sah in die Runde, ohne jemanden besonders
anzublicken. «Sie erwähnte, daß sie damals in Singapur als Krankenschwester
gearbeitet habe. Kann irgend jemand von Ihnen das zufällig bestätigen?» Es war
eine Frage, einfach so, aufs Geratewohl. Den Kopf
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