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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Einheimischen.» Mrs. Bignell erklärte, sie sei jetzt
ausgeruht genug, sich etwas Landluft zumuten zu können, und außerdem sei sie
gespannt auf die Fresken.
     
    Die hellen Fenster der Kirche
strahlten in der beginnenden Abenddämmerung weithin sichtbar. Die lange
Schlange der Wartenden war geschrumpft, doch noch immer standen die Menschen
bis auf den Friedhof. «Na, das sind ja Optimisten», bemerkte Felicity. «Um
sechs Uhr wird doch zugemacht.»
    «Wer hat jetzt Dienst?»
    «Ich glaube Ruby. Aber Reg
wollte auch noch ein paar von den Wachleuten holen, um beim Aufräumen zu
helfen. Wir hatten ja keine Ahnung, daß so viele Leute kommen würden.»
    «Das haben Sie nur der Leiche
zu verdanken», sagte Mavis fröhlich. «Recht betrachtet, hat die arme Frau
dadurch, daß sie sich erdrosseln ließ, das Stroh für das Kirchendach bezahlt.»
    «Aber ich hoffe, daß die Leute
trotzdem durch den Besuch der Kirche Erbauung erfahren haben», sagte Felicity
etwas gereizt. «Die Wandmalereien sind aus Liebe zu Gott entstanden, nicht aus
Haß.»
    Sie führte sie an der Rückseite
der Kirche entlang zu einer kleinen Pforte. «Ein privater Eingang — nur für
unseren Herrn Pfarrer.»
    «Den sehe ich zum ersten Mal»,
sagte Mr. Pringle.
    Felicity nickte. «Die Pforte
ist auch erst nachträglich eingebaut worden. Einer der Vorgänger unseres
jetzigen Pfarrers litt unter Arthritis, und durch diese Seitentür ersparte er
sich die drei Stufen hinunter zum Kirchenschiff. Sie führt direkt in die Apsis.
Und jetzt Vorsicht — ziehen Sie den Kopf ein!»
    Die Kirche hatte sich schon
merklich geleert. Ruby und die Pfadfinder waren schon gegangen, nur die beiden
Grünen Männer waren noch da und einige Wachleute. «Noch fünf Minuten, Herrschaften...»
rief einer von ihnen. «Bitte beeilen Sie sich. Da wartet noch eine Gruppe, und
um sechs schließen wir.»
    «Reg!» Felicity hatte den
Pfarrer entdeckt und eilte auf ihn zu. Sie flüsterten kurz miteinander, dann
winkte Felicity Mavis und Mr. Pringle zu sich heran. «Ihr sollt euch einfach
der letzten Gruppe, die gleich kommt, anschließen, so fallt ihr am wenigsten
auf.»
    «Hier, meine Liebe», sagte
Mavis und drückte Felicity eine Fünf-Pfund-Note in die Hand. «Tun Sie das doch
bitte für mich in die Kollekte.» Sie blickte nach oben. «ER hat seinen Teil für
mich getan, indem er Herbert Bignell so frühzeitig zu sich rief, mehr kann ich
nicht verlangen.» Die letzte Gruppe wurde hereingeführt, und Mr. Pringle und
Mavis begannen ihren Rundgang.
    «Die drei hier rechts sind die
besten», flüsterte er ihr zu. Vor dem letzten verweilte er einen Moment, er
hatte ein neues Detail entdeckt, das ihm Vergnügen bereitete. Mavis beobachtete
ihn und zwinkerte Felicity belustigt zu. Sie selbst fand die Bilder sehr
lebensvoll und mochte vor allem die intensiven, klaren Farben, ansonsten hatten
sie aber keinerlei Bedeutung für sie. Allerdings wußte sie die Eindeutigkeit
der Darstellung zu schätzen. «Warum schlagen Sie dem Pfarrer nicht vor, daß er
Postkarten davon machen läßt, Felicity? Die würden bestimmt weggehen wie die
warmen Semmeln, besonders, wenn Sie eine mit ihm drauf hätten.» Sie deutete auf
den Adam. «Der hat doch eine ganz schmutzige Phantasie, das sieht man gleich
auf den ersten Blick... aber der kleine Teufel da ist auch nicht ohne!»
    Mr. Pringle nahm sie beim Arm.
«Komm mal hier herüber. Schade, daß der Putz zu bröselig war, um das Fresko
restaurieren zu können — oje!» Er war versehentlich mit dem Kopf gegen einen
der Scheinwerfer gestoßen, so daß dessen Strahl sich nun direkt auf das durch
Rauchglas geschützte Wandgemälde richtete.
    «Du meine Güte!» Im gleißenden
Licht ließen sich deutlich die haarfeinen Risse erkennen. «Es tut mir leid, ich
hätte besser achtgeben sollen.»
    «Warten Sie, ich mach das
schon.» Der größere der beiden Grünen Männer drehte am Scheinwerfer, so daß
sein Strahl sich wieder vom Bild weg und in den Raum richtete. Die Fresken
lagen wieder im Halbdunkel.
    «Ich kann mir jetzt richtig
vorstellen, was für eine Arbeit Sie mit den drei anderen Wandgemälden gehabt
haben müssen», sagte Mavis beeindruckt. «Kann man für diese beiden hier denn
gar nichts mehr tun?»
    «Nein», sagte der Mann knapp.
    «Hier
steht, glaube ich, ein Wort drunter...»
    «Wir denken, es heißt
‹descenditi›... es hat mit Adams Fall zu tun.» Mavis beugte sich vor und kniff
die Augen zusammen, um besser sehen zu können.
    «Ach, das hätte

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