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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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als sie das Gesicht sah, das darin abgebildet war. Sie nahm die Maske in ihre Hände und betrachtete das Gesicht genauer. Es war edel, von unglaublicher Schönheit und Klarheit. Sollte dies ein Abbild von Odams Antlitz sein – des Fürsten der Finsternis, über den so schreckliche Dinge erzählt wurden?
    Etwas strahlte von der Maske aus, berührte Shezad tief in ihrem Innern. Plötzlich war ein Gefühl von grenzenloser Einsamkeit in ihr, von Kummer und Leid. Sie versuchte, es abzuschütteln, führte es auf den Genuss des Trankes zurück, doch etwas sagte ihr, dass sie lediglich versuchte, das Offenkundige von sich fernzuhalten. Ihre Blicke versenkten sich in das Abbild dieses edlen Gesichts, und die Maske schien die Angst aus ihr herauszuziehen. Mitleid erfüllte sie, und sie suchte nicht länger dagegen anzukämpfen. Plötzlich hatte sie nur noch den Wunsch, den Mann, dessen Einsamkeit sie in Händen hielt, zu sehen.
    Sie rief seinen Namen.
    *
    Mythor war unfähig, den Blick von dem Yarl zu wenden, der sich riesig und majestätisch hinter der Mauer dahinschob, langsam auf die finstere Wand im Süden zu, die das Licht der Sterne schluckte. Auf dem Rücken des Tieres ruhte ein Palast, wie Mythor noch keinen gesehen hatte. Und er wusste, dass es keinen anderen Ort gab, an dem sich Shezad befinden konnte.
    Hrobons Schrei riss ihn aus seiner Erstarrung. Plötzlich tauchten Krieger mit beinernen Gesichtshelmen überall auf, schälten sich aus der Dunkelheit und schienen aus dem Boden selbst herauszuwachsen. Jene, die auf der Mauer standen, stürmten herab und warfen sich Hrobon entgegen, als er mit den ihm verbliebenen Kriegern versuchte, durch den Torbogen zu entkommen. No-Ango stand neben Sadagar, schweigend wie immer, die Schleuder in der halb erhobenen Hand. Der Steinmann blickte Mythor entsetzt an. Wortlos verständigten die Gefährten sich, als Hrobons Männer und die Krieger aus der Düsterzone beim Torbogen aufeinanderprallten.
    Sadagars Messer blitzten im Schein der Fackeln auf, flogen wie Funken durch die Nacht und fanden ihr Ziel. No-Ango kämpfte mit seinem Gehstock, schwang ihn oder gebrauchte ihn wie eine Lanze, als die Gegner so nahe waren, dass seine Schleuder nutzlos wurde. Mythors Beuteschwert durchschnitt die Luft. Die drei Freunde kämpften sich heldenhaft bis zu Hrobon durch, doch überall waren die Krieger des Prinzen. Rücken an Rücken mit dem Heymal versuchte Mythor, sich die Gegner vom Leibe zu halten. Er erinnerte sich, in Horai davon reden gehört zu haben, dass in der Düsterzone »die Schwerter wachsen«. Jetzt begriff er den Sinn dieser Worte, als die Krieger mit ihren gerillten und gezackten Klingen aus Stein auf ihn eindroschen. Mit dem Krummschwert waren sie kaum abzuwehren. Beide Vogelreiter Hrobons fielen unter gewaltigen Schlägen, doch die Ausgeburten der Finsternis töteten nicht. Sie wollten sie lebend haben.
    Auch Hrobon erkannte dies und kämpfte noch verbissener. Der Kampf verlagerte sich wieder zum Schattenturm hin. Der Ring der Gegner zog sich immer enger um die verzweifelt sich Wehrenden zusammen. Hrobon schrie und fluchte. Mythor schlug um sich wie eine Wildkatze, duckte sich, um den schrecklichen Schlägen zu entgehen, und sprang vor, wenn er eine Lücke fand. Sein Schwert prallte vom Gesichtshelm eines Angreifers ab wie von einem Schild. Gespenstische Schatten schienen die Zahl der Krieger noch zu verdoppeln. Die Übermacht war zu groß. Mythors kleines Häuflein stand von vornherein auf verlorenem Posten. Als auch Sadagar von einem mit flacher Klinge geführten Streich gefällt wurde, warf Mythor sein Schwert von sich und riss die Arme zum Zeichen seiner Aufgabe in die Höhe. Hrobon sah es und schrie vor Zorn, doch das Steinschwert, das ihm im nächsten Augenblick auf den Schädel herabgefahren wäre, sank herab.
    »Wirf die Waffe weg!« flüsterte Mythor dem Heymal zu. »Schnell!«
    »Niemals!« schrie Hrobon. »Ich wusste, dass du ein Verräter bist!«
    »Unsinn! Tot nützen wir der Prinzessin nichts mehr. Wir können nur hoffen, sie zu befreien, wenn wir uns gefangen nehmen und auf einen der Yarls bringen lassen!«
    Der Vogelreiter stieß laut die Luft aus. Dann, mit einem Aufschrei, schleuderte er sein wertvolles Schwert einem Krieger vor die Füße.
    Die erhobenen Schwerter wurden gesenkt. No-Ango ließ sich widerstandslos entwaffnen. Die Gefährten waren von einem undurchdringbaren Wall aus Leibern umgeben. Mythor sah in versteinerte Gesichter, in denen dunkle Augen

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