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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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blitzten.
    Kein Wort kam über die Lippen der Sieger. Allein durch Gesten machten sie den Unterlegenen klar, was sie von ihnen erwarteten. Mythor und Hrobon nahmen jeweils einen der bewusstlosen Vogelreiter auf ihre Arme, und Hrobon bedachte den Sohn des Kometen mit undeutbaren Blicken. No-Ango trug den Steinmann. Auch er sprach kein Wort mehr, als sie Stöße in den Rücken bekamen und durch den Torbogen marschierten, auf einen der wartenden Yarls zu. Von jenem, der den Palast trug, war nichts mehr zu sehen.
    In einer schweigenden Prozession führten Odams Krieger ihre Gefangenen zu Leitern, über die sie auf den Rücken des Yarls klettern mussten. Oben erwarteten sie andere Männer mit versteinerten Gesichtern und Schwertern. Das Licht der Fackeln reichte aus, um Mythor erkennen zu lassen, dass ihre Hände und Beine, die seltsamerweise vom Goldenen Staub verschont geblieben waren, von unterschiedlicher Farbe waren. Das gleiche galt für ihre Kleidung. Odams Heer rekrutierte sich aus Männern unterschiedlichster Herkunft.
    Und nicht gering war Mythors Erstaunen, als er sah, dass auch die Wehren und Unterkünfte auf den Rücken der Yarls aus Stein gewachsen waren. Es war, als ob er eine neue, grauenvolle und doch faszinierende Welt betrat. Der Gedanke daran, dass diese finsteren Krieger es verstehen mochten, das Schlackewachstum regelrecht zu steuern, und ihre Waffen und Bauten von ihm formen ließen, drohte ihm die Kehle zuzuschnüren.
    Mythor, Hrobon, No-Ango und die Bewusstlosen wurden in einen Raum gebracht – ein finsteres Verlies, dessen schwere Tür hinter ihnen zugeschlagen wurde. Sie sanken kraftlos zu Boden und legten Sadagar und die beiden Vogelreiter ab. Draußen entfernten sich schwere Schritte, und das Auf und Ab des kahlen Steinbodens zeigte nur zu deutlich an, dass der Yarl sich in Bewegung setzte.
    Es fiel nicht schwer, zu erraten, wohin.
    *
    Nur durch einen schmalen Spalt unter der Steintür drang fahler Lichtschein, und es dauerte eine Weile, bis die Augen der Männer sich soweit daran gewöhnt hatten, dass sie sich gegenseitig sehen konnten.
    Hrobon saß mit verschlossenem Gesicht an einer Wand und blickte Mythor finster an, doch er machte ihm keine Vorwürfe. Insgeheim mochte er längst erkannt haben, dass der Gegenspieler das einzig Richtige getan hatte. Und er wirkte zerschmettert, gerade so wie ein Mann, dessen Weltbild zutiefst erschüttert worden war und der sich dennoch daran klammerte.
    Mythor empfand Mitleid für ihn. Er versuchte sich vorzustellen, was nun in Hrobon vorging, hütete sich jedoch davor, ihn auf den Shallad anzusprechen.
    Mythors Backenmuskeln schmerzten, und die Gesichtshaut brannte. Seltsamerweise war No-Ango von den Staubablagerungen und der anschließenden Schlackebildung vollkommen verschont geblieben. Mythor schrieb es seinem »gespaltenen Gesicht« zu. Er selbst litt immer stärker unter dem harten Überzug. Das Sprechen bereitete Qualen, was ihm im Turm kaum bewusst geworden war. Ein Hoffnungsschimmer war lediglich, dass es hier im Verlies keinen Staub gab. No-Ango hatte nur einmal sein Schweigen gebrochen und erklärt, dass der Goldene Staub nur in einem begrenzten Gebiet rings um den Schattenturm auftrete. Doch was nützte ihnen das, wenn sich die Ablagerungen nicht entfernen ließen? Zwar bildeten sie noch keinen vollständigen Überzug, doch es war zweifelhaft, dass sie sich ablösen ließen, ohne dass der Befallene daran Schaden nahm.
    Sadagar und die beiden Krieger waren inzwischen wieder bei Bewusstsein. Außer Platzwunden am Kopf wiesen sie keine Verletzungen auf.
    Hrobon war es, der endlich das Schweigen brach. »Wir sitzen fest«, knurrte er, doch kein Hass war mehr in seiner Stimme, als er sich an Mythor wandte. Dieser abgrundtiefe Hass schien im gleichen Maße dahingeschwunden zu sein wie der unerschütterliche Glaube an den Shallad als fleischgewordenen Lichtboten. »Wir leben, aber wie sollen wir der Prinzessin helfen? Vermutlich trennt uns nicht nur diese Tür von ihr, sondern ein Heer von Odams Kriegern, die vor ihr Wache halten.«
    Mythor fühlte sich seltsam berührt, als er den Heymal so zu sich sprechen hörte – wie zu einem Waffengefährten. »Wir sind in ihrer Nähe«, sagte er. »Und solange das so ist, besteht Hoffnung. Wohin sie auch gebracht wird, wir folgen ihr.«
    »Ja«, murmelte Hrobon bitter. »Falls sie noch lebt.«
    Mythor schüttelte energisch den Kopf. »Die Krieger hätten uns töten können. Sie taten es nicht. Sie waren nicht

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