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Prinzentod

Prinzentod

Titel: Prinzentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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hebt er mich auf. »Dafür wirst du bezahlen«, knurrt er. Inzwischen ist er nicht mehr so gelassen wie noch zuvor. Schweiß steht auf seiner Stirn. »Ich kann nicht mehr laufen. Du hast mich angeschossen.« »Du hast es bis hierher geschafft. Also wird’s auch noch ein Stück weiter gehen.« Er zerrt mich hinter sich her. »Nico, bitte, wir haben uns doch mal etwas bedeutet. Warum tust du das? Lass mich frei und alles wird gut werden.« Wie albern und kleinmädchenhaft ich klinge. Aber es muss doch etwas geben, das sein Herz rührt, was durch diesen Wahnsinn dringt. Er nimmt mich auf seine Basketballerarme und trägt mich. »Spar dir das Geschwätz! Ich habe tatsächlich gedacht, du würdest mich lieben. Aber deine Gefühle waren ungefähr so labberig wie lauwarmer Haferbrei, flüchtig wie Heliumgas, ein Nichts. Deshalb werde ich dich morgen auch nicht mitnehmen, bei meinem letzten Auftritt, meinem Feuerwerk, damit du endlich kapierst, welchen Mann du verlassen hast, was für ein Genie. Ich werde dich zurücklassen, als Einzige wirst du überleben, das wird deine Strafe sein, inmitten all der Toten wirst nur du vom Leben umgeben sein. Du wirst es nie vergessen.« Ich verstehe von dem, was er sagt, nur die Worte, aber nicht ihre Bedeutung. Mein Schädel fühlt sich an, als wäre er mit Luftfolie ausgestopft, alles dringt nur mit Rauschen oder Knistern zu mir durch. Und ich bin so müde. Ich möchte schlafen, es fühlt sich angenehm an, wie er mich so selbstverständlich trägt, als wäre ich eine Puppe. Vielleicht bringt er mich in ein Bett, ein warmes, weiches, kuscheliges Bett, wo ich schlafen kann, einfach nur schlafen. Ich achte nicht auf unseren Weg, nehme nur verschwommen wahr, dass es dunkler wird. Wir sind im Keller. Das alte Sprachlabor taucht am Ende des Ganges auf. Ach so, denke ich. Da hätte ich auch früher draufkommen können. Ich träume den Traum, den ich schon einmal gehabt habe. Deswegen bin ich auch so müde. Ich muss einfach nur aufwachen, dann wird alles gut. Plötzlich schießt ein Blitz auf mich zu, ich zucke zusammen, doch er hat nur das Licht eingeschaltet. Instinktiv presse ich meine Lider zusammen, doch trotzdem explodieren Feuer-blitze hinter meinen Lidern. Bitte, ich möchte schlafen. Eine Frau schreit. Nico stellt mich auf dem Boden ab. Ich taumele, der Schmerz in meinen Beinen durchjagt mein Herz, lässt mich für einen Moment zu mir kommen, nimmt mir den Atem, es dreht sich alles, gleichzeitig wird mir übel, dann wird es schwarz um mich herum.

32. Kapitel
    A ls ich wieder zu mir komme, ist mein Kopf auf etwas Weichem gebettet. Mir ist übel und ich habe Durst . »Schschschschsch«, sagt eine weibliche Stimme, gleichzeiti g höre ich noch viele andere Stimmen . Was ist mit mir? Habe ich eine Kopfverletzung? Aber dan n könnte ich nicht so denken . »Wir müssen die Blutung an deinem Bein stoppen, du has t schon viel Blut verloren. « Diese Stimmen, wo kommen diese Stimmen her? Ich kan n nicht klar erkennen, was sie sagen, aber ich höre Stimmen . »Stimmen«, keuche ich, weil mir das Sprechen schwerfällt , »Stimmen? « »Das ist Nico. Er hat sich aufgenommen, die Bänder hier sin d voller Vorträge, die er für wichtig hält. Er hat sie alle zusammen angeschaltet. « Langsam komme ich etwas zu mir. Ich öffne die Augen un d sehe in Brigittes besorgte Augen. »Was ist hier los?«, stammele ich . »Nico ist in einer manischen Phase, wie ich sie noch nie erlebt habe«, sagt sie. »Normalerweise ist er mit seinen Medikamenten gut eingestellt. Wir können jetzt nichts machen, al s ihm recht zu geben. Wenn man ihm widerspricht, dann rastet er völlig aus. Wir müssen uns um dein Bein kümmern. « »Warum hat niemand gemerkt, dass es ihm so schlech t geht? « »Sei lieber still, spar deine Kräfte lieber. Gibt es hier etwas , womit wir dein Bein abbinden können?« Sie sieht sich um . Die Stimmen. Ich höre die Stimmen, wie in meinem Traum . »Tonbänder?«, keuche ich . »Ich kann nicht aufstehen. «
    Ich richte mich etwas auf, um Brigitte besser sehen zu können. Es ist dunkel hier drinnen, doch ich kann erkennen, dass sie an den Beinen gefesselt und mit einer Hand an einem Heizungsrohr angekettet ist. »Die Hundeleine!« Ich hole die Leine aus meiner Hosentasche und reiche sie Brigitte. »Die hat Paul gehört.« Ihre Stimme bricht. Sie nimmt die Leine und wickelt das schmale Lederband um meinen Oberschenkel. »Du musst mir helfen, mit einer Hand schaffe ich das nicht.« Ich ziehe die

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