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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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sie sich laut vor, während ihr Puls einen ganz anderen Rhythmus schlug: „Bitte, bitte, bitte, bitte ...“
    Die Türen klappten auseinander, und Skaia sprang auf die Rutsche. Diesmal kam sie ohne Prellungen unten an.
    Es war wie eine Zwillingsschwester der Halle, in der sie vorhin nach ihrem Bruder gesucht hatte. Eine Zwillingsschwester in allem. Auch in ihrer Leere. Hier herein hatte Skaia „Aldoro, Aldoro“ gerufen. Hier war es ungehört verhallt. Skaia war und blieb der einzige Mensch im Inneren der Sphinx. Mit einem Schlag wusste sie: Es gab kein Zurück in ihr früheres Leben. Wie es aussah, würde sie Aldoro nirgends finden. Sie war auf sich allein gestellt. Sie musste ihren eigenen Weg gehen.
    Schritt für Schritt ― durch die Herzklappen, in die Aorta und dann den Weg zurück in die Pranke der Sphinx. Skaia ging mit versteinertem Gesicht. Das Rot der Wände kam ihr grausam vor. Wie getrocknetes Blut. Sie marschierte so gleichmäßig wie ein Robold, der auf „zügiges Tempo“ geschaltet hatte. In den Kapillaren der Pfote verirrte sie sich. Wie war das gewesen? Immer links? Oder rechts? Auf jeden Fall immer enger.
    Es dauerte, bis sie das Loch wiederfand, durch das sie in die Sphinx hineingekrochen war. Und gerade, als sie die Augen vor der plötzlichen Helligkeit der Außenwelt zukniff, rief jemand, der nicht weit von ihr sein konnte: „Also, ich weiß nicht, wo soll man sich denn auf dieser Insel verstecken können? Unter den Palmen da hinten?“
    Ein anderer antwortete: „Ja, schau mal dort! Das Boot des Mädchens liegt am Ufer. Also muss sie ja irgendwo sein. Ich suche auf der anderen Seite der Sphinx. “
    Skaia lugte aus dem Loch. Ein Mann in Hochwasserhosen und knappem Jackett schlurfte zu den Bäumen und Büschen, die neben dem Hinterteil der Sphinx wuchsen. Falls die beiden Männer gründlich alles absuchten, dann war sie in ihrem Loch nicht sicher. Die größte Chance hatte sie, wenn sie unauffällig flüchtete.
    Vorsichtig stieg Skaia von der Pranke herunter. Kaum war sie auf dem Erdboden, schlich sie zur Vorderfront des Monuments. Von dort war es nicht weit zum Boot.
    Neben dem ihren lag ein zweites. Klar. Nur hatte Skaia nicht damit gerechnet, dass darin jemand sitzen könnte. Einer, der nicht suchte, sondern sich gemütlich von den winzigen Wellen hin- und herschaukeln ließ wie ein Kind in der Wiege und dabei die Augen geschlossen hielt. Sein Atem ging gleichmäßig, seiner Nase entwich ein asthmatisches Pfeifen. Klirr. Hatte er seinen Gähn-O-Maten dabei, oder war er von der ruhelosen Arbeit für das Komitee so erschöpft, dass er zu Zeiten schlief, in der es die Stundenkugel nicht vorsah? Skaia wünschte ihm den tiefsten denkbaren, am besten nie endenden Schlaf.
    Sie schaffte es, ihr Boot ruhig ins Wasser zu schieben, ohne dass es größere Wellen warf. Sie setzte sich auf die Ruderbank, griff geräuschlos nach den Paddeln. Dann blieb jedoch das linke im Umhang des Hofrates hängen. Irritiert ließ Skaia los. Das Paddel klatschte in den See. Spritzte Wasser über Skaia, über Klirr.
    Röchelnd fuhr er hoch, ruderte erschrocken mit den Armen und blinzelte Skaia mit blöden Äuglein an.
    Panisch fischte Skaia nach dem Paddel und zerrte es aus dem Wasser.
    Nur war sie nicht die einzige, die das tat. Am anderen Ende zog Klirr. Gefährlich neigte sich sein Kahn auf die Seite, wo seine Wampe überhing. Zwischen heftigem Keuchen stieß er hervor: „Ich wusste es doch, dass du es bist. Wer sonst hat die Chuzpe, sich hier herumzutreiben?“
    Skaia zog so fest sie konnte, aber sie konnte Klirr das Paddel nicht entreißen.
    „Dein Bruder hat aufgegeben. Willst du es ihm nicht gleichtun?“ Seine fleischigen Finger schienen sich geradezu festzusaugen am Holz.
    „Lassen Sie los.“ In ihrer Not fiel Skaia nichts Besseres ein.
    Klirr gab tatsächlich nach. Starrte sie an, als ob er sie zum ersten Mal sähe. „Du hast ja ...“
    Skaia nutzte ihre Chance und stieß dem Erzieher das Paddel auf die Brust.
    Klirr kippte, fiel, plumpste ins knietiefe Wasser. Hektisch stieß sich Skaia vom Ufer ab und ruderte los.
    Hinter ihr gurgelte Klirr: „Sie hat den Sonnenkreis! Wie um alles in der Welt ... Festsetzen! Sie muss gefangen werden. Weggesperrt. Isoliert. Auf ewig. Der Sonnenkreis ― weg mit ihm. Er ist abgeschafft. Ungültig. Wie alles andere auch.“
    Skaia sah ihn im Wasser toben. Seine Hose war klatschnass, und trotz der Abkühlung schien Klirrs Kopf zu dampfen.
    Skaia schlug die Paddel in den

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