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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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„Ach, das vielleicht!“ von sich gab.
    Sie reichte Aldoro, der aufgeregt wartete, das Kärtchen. Und während er den Titel las, „Die Krise ― Rückzug in die Sphinx“, meinte Fräulein Martha: „Ein Standardwerk für Problemsituationen.“ Über den Park hatte sie jedoch nichts gefunden. Aldoro beschloss, selbst zu suchen.
    Hunderte von Bücherrücken überflog er in der Abteilung „Sonne und Erleuchtung“, bis sein Blick hängen blieb: „Die Krise“. Na, vielleicht bot das Werk ja doch einen hilfreichen Hinweis für seine verzweifelte Lage. Der Autor, ein gewisser Quagglio, der für kurze Zeit auch Guter Herrscher gewesen war, pries im Inhaltsverzeichnis allerlei Wege an: „Der Weg zur Bescheidenheit“, „Der Weg zur Stille“, „Der Weg zur inneren Sicherheit“, „Der Weg zur Wahrhaftigkeit“, „Der Weg zur Stärke“. Viel lieber wäre Aldoro eine Wegbeschreibung zum Totgesagten Park gewesen. Als Aldoro „Die Krise“ wieder ins Regal schob und sich über den benachbarten Titel „Erleuchtung leicht gemacht“ wunderte, kam ihm eine Idee.
    Kurz darauf hatte er in der Abteilung „Verwaltung und Organisation“ gefunden, was er wollte. In den Erfassungslisten war alles aufgeführt. Auch der Totgesagte Park mit seiner genauen Lage, seinen Ausmaßen, seinem Bewuchs, seiner Bebauung und den darin sichergestellten Gegenständen. In der Kurzbeschreibung zu den Zauberdingen war festgehalten, dass der Ring vor langer Zeit Verwechslungen ausgelöst, der Pfeil Liebesschwüre heraufbeschwört, der Spiegel Blicke in die Zukunft gestattet und die Flöte wilde Kreaturen zum Tanzen gebracht hatte.
    Das letzte, was Aldoro in seinen eigenen Gemächern holte, war die grobe Kutte, die er in den Tagen seines Schweigegelübdes getragen hatte. In der verlassen daliegenden Küche stopfte er sich eine Umhängetasche mit Proviant voll. Als die Mutigsten des Komitees zum Lieferanteneingang hereindrängten, konnte sich Aldoro gerade noch im Garderobenschrank von Missjö Sufflee verstecken. Nach einer Weile war niemand mehr zu hören, und Aldoro schlich sich fort.
     
    „Seitdem bin ich hier im Park. Und jetzt, wo mir allmählich das Essen ausgeht, wollte ich draußen etwas besorgen. Vielleicht auch eine Schuhcreme ...“ Aldoro schaute kritisch seine Stiefel, dann fragend seine Schwester an. „Hast du Hunger? Noch ist was da.“
    Lange hatten die Gefahren, denen Skaia ausgesetzt gewesen war, ihren Magen betäubt. Doch auf die unvermittelte Frage ihres Bruders antwortete der Bauch augenblicklich mit einem deutlichen Knurren. Es war so albern, dass die Geschwister loslachen mussten.
    Im Pavillon empfing sie aufgekratzt der Kapellmeister. Er stand in seinem Regalfach und rief ihnen entgegen: „Wie curiös! Das Fräulein Mädchen ist wieder da. Willkommen, bienvenue, welcome! Können sie dich nicht mehr brauchen, die Spitzbuben und Hundsfötter?“
    „Genauso ist es. Oder zumindest so ähnlich“, gab Skaia zurück. Sie wollte nicht noch einmal alles erzählen.
    „So findet jedes Brüderchen sein Schwesterchen.“ Dann kam er ins Schwadronieren über die Freuden der Familienbande. „Mit meiner Schwester und dem Bäsle habe ich sechshändig auf dem Klavier gespielt, manchmal auch vierhändig auf dem Klasechs. Manchmal auch nur fünfhändig, wenn eine Hand eine juckende Stelle am ...“
    Skaia ließ sein Geplapper an sich vorbeirauschen. Lieber widmete sie sich dem kulinarischen Durcheinander, das Aldoro auftischte: Käse, Knäckebrot, Kirschen und Knackwürste. Skaia nahm von allem.
    Und Aldoro freute sich an ihrem Appetit. „Jetzt lohnt es sich wenigstens, dass ich rausgehe und etwas besorge“, meinte er.
    Skaia blickte ihn zweifelnd an.
    „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen“, erklärte er. „Wenn meine Stundenkugel richtig geht, was allerdings nicht sicher ist, seit die Dunkelphasen so lange andauern, müsste seit einer ganzen Weile Schlafenszeit sein.“
    „Und wo willst du was finden?“
    „In der Ernährungsanstalt natürlich. Da kenne ich mich aus. Wozu habe ich dort gelernt? Und außerdem“, er grinste Skaia an und zog ein Kunststoffkärtchen aus seiner Kutte, „habe ich den Generalöffner.“ Das Kärtchen glich in Form und Größe einem Bibliotheksausweis. Nur war es golden. „Ich glaube, das ist der einzige Vorteil, den man als Guter Herrscher hat, sogar als abgesetzter. Mit dieser Magnetkarte kommt man durch alle Türen. Selbst wenn sie so abweisend scheinen wie die Pforte hier zum

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