Prinzessin Emmy und ihre Pferde - Endlich Prinzessin! (German Edition)
noch nicht erzählt“, schniefte sie und putzte sich die Nase.
Und so begann Otto, mit seiner ruhigen, tiefen Stimme die Geschichte zu erzählen: „Mein Opa Erich war zusammen mit seinem besten Freund Emil Kutschpferd auf Schloss Kandis. Damals gab es einen herrischen Stallmeister, der ganz anders war als unser guter Sebastian April. Zum Glück wurde er irgendwann entlassen. Doch bis dahin machte er den beiden Pferden das Leben schwer. Erich und Emil waren zwar etwas betagt, aber noch nicht wirklich alt. Trotzdem meldete sich schon das eine oder andere Zipperlein. Erich konnte nicht mehr so gut sehen und Emil nicht mehr so gut hören. Erich drohte deshalb bei den Kutschfahrten vom Weg abzukommen, während Emil die Befehle des Stallmeisters manchmal nicht hörte. Beide waren zu stolz, um es dem anderen einzugestehen. Doch dann fassten sie sich eines Tages ein Herz. Wozu waren sie beste Freunde?
Und so beichteten sie einander ihre Schwächen. ‚Emil‘, sagte Erich, ‚meine Augen sind nicht mehr so gut wie früher. Deshalb komme ich bei Kutschfahrten öfter vom Weg ab.‘
‚Siehst du, Erich‘, sagte Emil, ‚bei dir sind es die Augen, und bei mir sind es die Ohren. Deshalb höre ich manche Befehle unseres Stallmeisters nicht.‘
Beide begriffen nicht, warum sie sich das nicht schon viel früher gestanden hatten. Sie versprachen, niemand anderem davon zu erzählen, und bei den folgenden Kutschfahrten halfen sie sich gegenseitig. Emil rief Erich zu, wenn er zu weit nach rechts oder links wollte, und Erich wiederholte die Befehle des Stallmeisters mit lautem Wiehern. So überstanden die beiden die schwere Zeit unter dem Stallmeister und lebten danach noch viele glückliche Jahre. Eines hatten sie begriffen: Wahre Freunde können sich bedingungslos vertrauen. Sie können die Geheimnisse des anderen für sich behalten und einander beistehen.“
Als Otto seine Geschichte beendet hatte, herrschte eine Weile lang Schweigen. Emmy hatte verstanden, was Otto ihr sagen wollte. David war ihr bester Freund. Ihm konnte sie vertrauen. Wenn sie ihm verriet, dass sie mit Pferden sprechen konnte, würde er das für sich behalten. Und wenn er ihr Geheimnis kannte, dann konnten sie zusammen bei Kara und Lara Tanzunterricht nehmen.
Ja, dachte sie, es ist Zeit, dass ich David alles sage.
Als Emmy am Abend ins Schloss zurückkam, wartete allerdings eine neue Enttäuschung auf sie. In der Halle traf sie Moritz. Er erzählte ihr, dass der Ballsaalschlüssel nicht in seiner Kapuzenjacke gewesen sei.
„Jetzt geht die Suche wieder von vorn los“, seufzte Emmy.
„Hey, nicht den Kopf hängen lassen!“, versuchte Moritz, seine Schwester aufzumuntern. „Ich habe was für dich – von David.“
Er gab ihr einen Zettel, drückte ihr einen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange und lief die Treppe zu seinem Zimmer hinauf.
Emmy faltete den Zettel auseinander. Gerührt las sie, was David in seiner sauberen Handschrift aufgeschrieben hatte. Er versuchte, sie zu trösten. Er fand, dass Emmy eine tolle Tänzerin war. Und sie sollte sich nicht von Frau Zwickelmeier unterkriegen lassen.
Am Ende hatte er aber noch etwas anderes geschrieben. Und das machte Emmy nachdenklich. Dort stand:
Da ist noch was. Und das muss ich dir dringend erzählen. Du bist nämlich meine beste Freundin, weißt du! Kannst du morgen nach der Schule zu uns zum Mittagessen kommen?
Liebe Grüße,
dein David
Davids Geheimnis
F amilie Springer wohnte in einem hübschen Fachwerkhaus in der Nähe des Rathauses von Kokolores. Unten im Erdgeschoss befand sich der kleine Laden von Davids Eltern. Darüber lag die gemütliche Wohnung.
Emmy war gern bei David. Manchmal, wenn ihr die königlichen Pflichten im Hause Kandis ein bisschen zu viel wurden, beneidete sie ihren Freund sogar um sein ganz normales Zuhause.
Noch am Vorabend hatte Emmy mit ihrer Mutter abgesprochen, dass sie am Mittwoch bei Springers zu Mittag essen würde, und dann bei David angerufen. Nun saßen sie zu viert in der kleinen Küche am Esstisch. Inka und Rolf Springer freuten sich immer, wenn Emmy zu Besuch kam. Doch heute war das sonst so lebhafte Mädchen merkwürdig still. Still, aber auch ziemlich zappelig. Genau wie David.
Stockend hatten die beiden von ihren Erlebnissen in der Schule erzählt. Davids Eltern hatten immer mal wieder eine Frage gestellt, doch die Kinder schienen nicht richtig zuzuhören. Frau und Herr Springer ahnten, dass die beiden irgendetwas beschäftigte. Emmy und David schienen
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