Prinzessin meines Herzens
extra von Montebianco hierher, um mich über meinen Verlust hinwegzutrösten – und dann müssen ausgerechnet Sie mir über den Weg laufen. Kann das Leben noch grausamer sein?“ Dabei füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Ohne groß darüber nachzudenken, wollte ihr Lily tröstend eine Hand auf den Arm legen. Doch Antonella wich ihr aus.
„Ich habe ein Talent dafür, mögliche Ehemänner zu vergraulen“, fuhr die Prinzessin fort und nahm ein Kosmetiktuch aus einem Spender. Während sie sich die Nase tupfte, musterte sie Lily abschätzig. „Wieso hat er Sie gewählt? Was haben Sie, das ich nicht habe? Ich verstehe es nicht. Das kann doch nicht nur an dem Kind liegen!“
„Es tut mir leid, Eure Hoheit“, sagte Lily nun ein wenig aufgebracht, auch wenn sie verstand, dass die Prinzessin niedergeschlagen war. „Nicht jeder ist so privilegiert oder schön wie Sie. Und bitte lassen Sie meinen Sohn aus dem Spiel.“
Antonella lachte geziert. „Oh, meine Liebe, ich wollte Sie nicht beleidigen. Aber Sie können sich ja nicht vorstellen, was Sie mir genommen haben.“
Lily bekam gar nicht die Gelegenheit, etwas zu erwidern. Die Prinzessin stolzierte zu ihrem Gefolge, schnippte mit den Fingern und marschierte zur Tür hinaus.
Wie benommen starrte Lily ihr hinterher. Mit einem Mal kam ihr ein entsetzlicher Gedanke: Prinzessin Antonella schien Nico tatsächlich zu lieben – war es dann auch umgekehrt so?
Als Lily im Schönheitssalon fertig war, erkannte sie sich kaum wieder. Das mit einer Pflegekur behandelte Haar war jetzt ganz glatt und glänzend und zu einem eleganten Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre Lippen schimmerten blassrosa, und ihre Wimpern wirkten lang und dicht. Eine Kosmetikerin hatte Lily gezeigt, wie sie mit ein wenig Rouge und Lidschatten ihre natürliche Schönheit unterstreichen konnte.
Lily mochte Make-up. Seit ihr Sohn auf der Welt war, blieb ihr jedoch wenig Zeit für mehr als ein bisschen Lipgloss und Wimperntusche. Oft hatte sie auch einfach kein Geld, um sich Kosmetik zu kaufen.
Nun wurde Lily in ein Umkleidezimmer geführt, dessen Wände und Sessel mit cremefarbenem Damast bezogen waren. Auf einem Ständer hingen einige der Kleidungsstücke, die sie mit Nico gekauft hatte. Lily wählte einen schmalen beigen Rock und ein weißes Oberteil mit winzigen Perlenknöpfen am Ausschnitt. Ein breiter schwarzer Gürtel, ein seidener Trenchcoat und schwindelerregend hohe Pumps rundeten das Outfit ab. Nachdem Lily Jeans und Sweatshirt in einer der Designertaschen verstaut hatte, betrachtete sie sich im Spiegel.
Sah sie aus wie eine Prinzessin? Auf jeden Fall sah sie so elegant aus wie nie zuvor in ihrem Leben. Dennoch fühlte sie sich wie die Lily Morgan, die im ärmlichsten Viertel der Stadt aufgewachsen war. Deren Mutter eine kettenrauchende Alkoholikerin war und deren Vater vor allem durch Abwesenheit geglänzt hatte. Lily dachte an Prinzessin Antonella und Nico – ihr wurde bewusst, dass sie sich zwischen zwei Menschen gedrängt hatte, die füreinander bestimmt waren. Wenn sie sich allerdings vorstellte, wie Nico die Prinzessin umarmte und küsste …
Nun, das wollte Lily sich gar nicht erst ausmalen.
Sie verließ den Salon, und die Bodyguards brachten sie zur wartenden Luxuslimousine. Als sie fast beim Wagen angekommen war, blendete sie ein grelles Licht – und dann wieder und wieder. Einer der Leibwächter schirmte sie ab und schob sie zum Auto, während ihr im Blitzlichtgewitter auf Französisch Fragen zugerufen wurden. Sobald Lily im Auto saß, fuhr der Chauffeur los. Sie drehte sich noch einmal um. Die Journalisten und Fotografen wurden immer kleiner, und Lilys Pulsschlag beruhigte sich allmählich.
„Steck dir den an“, ertönte plötzlich eine sanfte Stimme.
Lily wirbelte herum. Da saß Nico. Sie hatte ihn vorher gar nicht bemerkt. Sofort schnellte ihr Puls wieder in die Höhe.
Langsam ließ Nico den Blick über sie gleiten.
War das Zustimmung in seinen Augen? Wieso wollte sie, dass ihm gefiel, was er sah? Darüber nachzudenken war Lily unangenehm. Rasch schlug sie die Augen nieder und betrachtete ihre gefalteten Hände. Ihr Herz raste jedoch noch immer.
„Lily.“ Nico hielt ihr eine Schachtel hin.
Nach kurzem Zögern nahm Lily sie entgegen. Sie öffnete sie und spürte, dass sie blass wurde. „So ein großer Saphir!“, staunte sie.
„Es ist ein Diamant.“ Nico zog den Ring heraus und steckte ihn Lily an den Finger. Der Ring war zu groß und drehte sich unter dem
Weitere Kostenlose Bücher