Prinzessin meines Herzens
Nico etwa ganz falsch eingeschätzt? Hatte sie sein Verhalten missverstanden und mehr darin gesehen, als es tatsächlich bedeutete?
Aus ihrem Apartment im Palast verabschiedete Nico sich schnell. Er murmelte etwas von einem Treffen mit dem Fürsten und ging ohne ein liebes Wort, ohne ein Lächeln. Lily sah noch lange zur Tür, durch die er verschwunden war. Verletzt, verärgert und traurig dachte sie, dass Nico ihr nicht nur die Karriere und das Kind genommen hatte – er hatte nun auch noch ihr Herz gestohlen. Offenbar erwiderte er ihre Liebe jedoch nicht. Mit ihrer Einwilligung in die Ehe hatte sie jede Chance auf ein wirkliches Glück verspielt.
Später sah Lily kurz nach Danny, der allerdings schlief. Also zog sie sich in das Schlafzimmer zurück, das sie hier mit Nico teilte. Noch immer stockte ihr der Atem beim Anblick der wunderbaren antiken Möbel, der vergoldeten Wände, dem vielen Marmor und Kristall und den unbezahlbaren Gemälden. In ihrem ganzen Leben war sie ein einziges Mal in einem Museum gewesen. Und jetzt lebte sie in einem. Das trug nur noch mehr zu ihrer Verunsicherung bei.
Es klopfte, und Lily war beinahe froh über die Unterbrechung. „Ja?“, sagte sie und überlegte. Hätte sie als Prinzessin noch etwas hinzufügen müssen? Was wurde erwartet? So etwas wie: Treten Sie ein?
Eine junge Frau in Palastuniform kam mit gesenktem Blick herein. „Scusi, Principessa. Das hier ist für Sie.“ Das Mädchen reichte ihr einen Pappkarton.
„Grazie“, antwortete Lily, woraufhin sich die junge Bedienstete unsicher umsah und dann rückwärts aus dem Zimmer ging.
Lily stellte den Karton auf den Tisch und hob den Deckel ab. Darin lagen Zeitungen und Zeitschriften. Zuerst fragte sie sich, wieso man ihr das Material geschickt hatte. Doch schließlich entdeckte sie auf einem Titelbild eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von sich selbst. Es handelte sich jedoch um ein italienisches Blatt. Rasch durchsuchte sie den Stapel nach einer Zeitung, die sie lesen konnte. Und sie fand eine:
Kronprinz heiratet Tochter einer alkoholsüchtigen Stripperin und gefährdet Beziehung zum Nachbarstaat
Als Nico endlich ins Apartment zurückkehrte, fühlte er sich total ausgelaugt. Während der vergangenen Stunden hatte er mit Fürst Paolo und seinem Vater hitzige Debatten geführt. Sie hatten darüber diskutiert, ob das Abkommen zwischen Monteverde und Montebianco noch Bestand hatte.
Zuerst hatte Fürst Paolo verlangt, dass Nico sich von Lily scheiden ließ, seinen Sohn verstieß und Antonella heiratete. Der Mann war verrückt – Nico hätte auch kein Problem damit gehabt, ihm das mitzuteilen. Doch sein Vater hatte ihn zur Vernunft bringen können.
Schließlich hatte Fürst Paolo erkannt, dass er aus dieser Situation viel für sich und sein Land herausschlagen konnte. Er hatte die öffentliche Demütigung seiner Tochter betont – obwohl es niemals dazu gekommen wäre, hätte Paolo nicht selbst der Presse davon berichtet. Antonella tat Nico leid: Ihr Vater war ein selbstgefälliger Narr. Bei ihrem Aussehen würde sie aber sicher viele weitere Heiratsanträge bekommen.
Fürst Paolo hatte außerdem angekündigt, in den kommenden Tagen weitere Gespräche in seinem Land führen zu wollen. Nico hatte ursprünglich nicht daran teilnehmen wollen, war dann aber von seinem Vater dazu gedrängt worden. Nicos Vater hatte erklärt, dass er seine Pflicht als Kronprinz erfüllte musste und dass er als Auslöser der ganzen Misere die Einladung kaum ablehnen konnte. Abgesehen davon würde es enorm dazu beitragen, die Beziehungen wieder zu normalisieren, wenn er sich in Monteverde mit seiner Frau sehen ließ.
Im Apartment war jetzt alles ruhig. Es war nicht so spät, wie Nico gedacht hatte. Vielleicht war Lily aber trotzdem schon ins Bett gegangen. Auf dem Weg ins Schlafzimmer spürte er, wie die Vorfreude sein Herz höherschlagen ließ. Würde seine Frau im Bett auf ihn warten? Würde sie etwas Aufreizendes tragen? Oder wieder dieses Nachthemd mit den aufgedruckten Katzen?
Egal, denn seine Reaktion wäre stets die gleiche: Er wollte mit ihr eins werden.
Aber als er die Schlafzimmertür öffnete, bot sich ihm ein völlig unerwarteter Anblick. Überall auf dem Fußboden lagen Zeitungen und Zeitschriften verstreut. Lily saß dazwischen und las.
Mit geröteten Augen sah sie zu ihm auf. „Hallo, Nico. Wie war’s im Büro?“
Er hob eine Zeitung auf. Als er den Leitartikel überflog, wurde er furchtbar wütend. Gleichzeitig ergriff ihn
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