Prinzessin meines Herzens
von Anproben und Schönheitsterminen. Sie wurde für das abendliche Zusammentreffen in der Residenz der Romanellis in Monteverde vorbereitet. Und sie war froh über die Ablenkung.
Anders als bei ihrem Flug nach Paris kamen die Schönheitsspezialistinnen diesmal zum Palast. Von Zeit zu Zeit brachte Gisela Danny herein. Alle waren von dem Kleinen begeistert: Er entzückte sie mit seinem Babygeplapper und schlug sie mit seinem Charme in seinen Bann. Dass alle die starke Ähnlichkeit zu seinem Vater betonten, freute Lily besonders.
Trotzdem war sie immer noch ärgerlich auf Nico, weil er von der Klatschpresse keinen Widerruf der Lügen verlangen wollte. Na ja, einiges stimmte ja auch: dass ihre Mutter alkoholabhängig war und dass sie als Stripteasetänzerin gearbeitet hatte. Trotzdem hätte Nico etwas dagegen tun sollen. Dabei ging es ihr gar nicht so sehr um sich selbst – obwohl es sie natürlich schmerzte, dass er ihre Ehre nicht verteidigte. Aber ihr süßer Danny verdiente es einfach nicht, dass seine Abstammung öffentlich angezweifelt wurde.
Während ihrer kurzen Zeit beim Port Pierre Register hatte sie sich eingebildet, dass in allen Zeitungsredaktionen so gearbeitet würde wie in dieser. Wie naiv! Beim Register hatten die Leute ständig irgendwelche Richtigstellungen verlangt, und die Zeitung hatte sie gedruckt. Eigentlich war es ja ihr Traum, eines Tages Journalistin zu werden. Doch am vergangenen Abend war ihr bewusst geworden, dass sie dafür nicht kaltschnäuzig genug war. Sie würde niemals Artikel veröffentlichen, die den Betreffenden verletzen könnten.
Heute Morgen nach dem Aufstehen hatte sie um die Tagespresse gebeten. Fast hatte sie vermutet, Nico hätte den Bediensteten verboten, ihr Zeitungen zu bringen. Doch nur wenige Augenblicke später war das Zimmermädchen mit einem ganzen Stapel hereingekommen.
Beim Durchblättern hatte Lily festgestellt, dass die Artikel ein wenig kürzer geworden waren. Doch Bilder waren trotzdem abgedruckt worden. Sie hatte ein Foto von Nico und sich auf dem Motorrad entdeckt, dann noch ein unscharfes von ihnen mit Danny am Strand. Lily hatte alle Texte gelesen, die Seiten danach zusammengeknüllt und in den Papierkorb geworfen.
Es würde eine Weile dauern, bis sie sich daran gewöhnt hatte: Offenbar besaß sie jetzt kein Privatleben mehr. Aber sie würde es überleben. Genauso wie sie alle anderen Tiefschläge in ihrem Leben überstanden hatte.
Erst am Abend fiel Lily auf, dass sie Nico den ganzen Tag über nicht gesehen hatte. Ja, sie hatte sich gestern Nacht im Schlafzimmer eingeschlossen. Vielleicht war das kindisch gewesen. Dennoch hätte sie nicht damit gerechnet, dass er sie daraufhin meiden würde. Sie hatte sich in dem großen Bett einsam gefühlt und lange wach gelegen. Dabei hatte sie sich ununterbrochen nach dem Mann gesehnt, den sie liebte. Nach dem Mann, der doch nicht so war, wie sie gedacht hatte.
Er hatte sie nur wegen Danny geheiratet, und sie hatte sich wieder in ihn verliebt. Dabei hatte sie ihr Herz schützen wollen. Sie hatte lernen wollen, mit Nico zusammenzuleben und ihm trotzdem nicht erneut zu verfallen …
Hatte ihre Mutter auch so gelitten und diese schmerzliche Leere empfunden, die nur ein ganz bestimmter Mensch ausfüllen konnte? Möglicherweise. Doch Lily war nicht wie ihre Mutter. Sie würde nicht ihre Energie verschwenden und einem Mann nachtrauern, dem sie egal war. Das Wichtigste in ihrem Leben war immer noch Danny. Mit diesem Gedanken war sie eingeschlafen, und daran erinnerte sie sich auch jetzt wieder.
In Monteverde würde sie ihre Pflicht tun und lächeln, als ob sie die glücklichste Prinzessin der Welt wäre. Aber mehr auch nicht.
Nachdem sie angekleidet war, wartete sie im Salon auf Nico. Das herrliche silberfarbene Abendkleid brachte ihre Kurven wunderbar zur Geltung. Es hatte eine kleine Schleppe, und als Kronprinzessin trug sie eine Schärpe. Lange weiße Handschuhe reichten ihr bis über die Ellbogen, und ein Diamantdiadem saß auf ihrem Kopf. Minutenlang hatte sie sich wie gebannt im Spiegel betrachtet.
Mit acht hatte sie ein billiges Plastikdiadem besessen. Jeden Abend hatte sie es aufgesetzt und sich vorgestellt, sie wäre eine Prinzessin und würde mit ihrem Prinzen auf einem großartigen Ball tanzen. Als das Diadem bei irgendeinem Umzug verloren gegangen war, hatte sie deshalb eine Woche lang geweint. Dass ihr jetziges Leben ihren Kinderträumen so nahekam, erschien ihr irgendwie unwirklich. Allerdings
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