Prinzessin oder Erbse
der Marktstraße herrscht, wie immer am Wochenende, reges Treiben, Grüppchen verrückt angezogener Leute ziehen von Kneipe zu Kneipe. Inmitten dieses Trubels steht David, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben, an eine Straßenlaterne gelehnt, von der er sich jetzt abstößt und mir lächelnd entgegenkommt. Ein wenig verlegen stehen wir voreinander, dann küsst er mich links und rechts auf die Wange.
Vor lauter Glück kralle ich die Fingernägel in meine Handtasche.
»Toll, dass es geklappt hat.« Wir gehen ein paar Meter die Straße hinunter bis zu einem beigen Käfer-Cabrio mit schwarzem Verdeck.
»Das ist dein Auto?«, frage ich perplex. »Das gibt es doch nicht. Das ist mein Lieblingsauto.« Und das stimmt diesmal tatsächlich. David öffnet mir die Tür, und es gelingt mir, mich einigermaßen elegant in den tiefen Sitz hineinzubugsieren.
»Ich dachte, wir fahren ins Lola, das ist so ein Laden in Altona, ist dir das recht?«
»Klar!« Mit dir fahre ich überall hin.
»Sag mal, hast du eigentlich einen Mitbewohner?«, erkundigt David sich so betont gleichgültig, dass ich innerlich jubiliere. Danke, Julia, du bist wirklich gut.
»Welcher … ach, so, nein, das war bloß Felix.«
»Felix. Das ist doch dein … Freund, der im Studio die Fenster putzt, oder?« Das hat er sich gemerkt? Alle Achtung.
»Genau. Er ist heute mit meiner Mitbewohnerin Julia verabredet. Deshalb war er bei mir zu Hause.«
»Ach so.«
Zwanzig Minuten später betreten wir gemeinsam das »Lola«, einen etwas schmuddeligen, aber urgemütlichen Laden im Siebziger-Jahre-Look. Ein endloser Tresen zieht sich einmal diagonal durch den ganzen Raum. Wie zu erwarten an einem Freitagabend sind schon fast alle Tische und die meisten Barhocker belegt. Ganz hinten in der Ecke finden wir aber noch einen wackeligen Zweiertisch, an dem wir uns niederlassen, nachdem
David mir, ganz Gentleman, aus der Jacke geholfen hat. Eine asiatisch aussehende Kellnerin bringt uns eine neue rote Kerze an den Tisch.
»Hi, David.«
»Hi, Lucy. Das ist Fanny.«
»Freut mich. Was darf ich euch bringen?« Ich blättere ein bisschen unschlüssig in der Karte herum.
»Ähm. Orangensaft?«
»Für mich bitte auch.«
»Kommt sofort«, verspricht Lucy und wendet uns ihre zugegebenermaßen entzückende Kehrseite zu, als sie in Richtung Tresen davongeht. Es ist alles in bester Ordnung, Fanny, rede ich mir selber gut zu. Lass dich jetzt bloß nicht davon runterziehen, dass das Mädchen vermutlich gerade zwanzig ist und fünfundvierzig Kilo wiegt. Wenige Minuten später erscheint Lucy mit zwei Gläsern Orangensaft, und ich beobachte David verstohlen. Nein, er scheint nicht das geringste Interesse an ihr zu haben.
»Trinkst du gar keinen Alkohol?« Irgendwie klingt diese Frage von David so, als würde er sich über ihre Bejahung freuen. Aber irgendwie bringe ich es mit meinem derzeitigen Blutalkohol nicht über mich, ihn dermaßen anzulügen.
»Selten.« Sein Lächeln zeigt, dass ich die richtige Antwort gewählt habe. »Und du?«
»Nicht mehr.« Was immer das heißen mag. In diesem Moment treten zwei Frauen Anfang zwanzig kichernd an unseren Tisch.
»Entschuldigung«, sagt die mit der hellblond gefärbten Mähne, »du bist doch David Mory, oder?« Ganz kurz flackert so etwas wie Unwillen in seinen Augen auf, dann lächelt er freundlich.
»Ertappt.« Die beiden Mädchen brechen in eine Art Indianergeheul aus und bestürmen ihn um ein Autogramm. Als die eine ihr sowieso schon recht knappes T-Shirt lüftet, um David mit einem schwarzen Edding auf ihren Bauch signieren zu lassen, sieht dieser mich peinlich berührt an und hebt entschuldigend die Schultern. Das veranlasst die beiden Damen, nun auch endlich meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Ihre Blicke sind dabei jedoch alles andere als freundlich. Mit ihren Handys schießen sie noch jeweils ein Foto von sich und David und ziehen dann tuschelnd wieder ab. Ich bilde mir ein, zu hören, dass die eine der anderen zuflüstert: »Das ist sicher diese Kati. Was will er denn mit der?« Aber ich kann mich auch täuschen.
»Sorry«, entschuldigt sich David, aber ich winke ab.
»Schon gut. Alles andere hätte mich gewundert. Das passiert dir doch sicher ständig.«
»Ziemlich häufig, ja.« Er sieht nicht sehr glücklich aus. »Versteh mich nicht falsch, ich will mich wirklich nicht beschweren. Ich bin sehr dankbar für meinen Job, es gibt weiß Gott genug arbeitslose Schauspieler. Aber auf das ganze Drumherum
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