Prinzessinnensöckchen (German Edition)
Schirm?«
»Was heißt Schirm. Der hat doch offiziell nix mit Pohland und seinen Geschäften zu tun gehabt. Hausbank halt. Alles korrekt.«
»Und dass er mal ein Verhältnis mit Kati hatte?«
»Ach? Weißt du auch schon? Weiß das ganze Dorf. Ist mindestens 20 Jahre her und würde man heute wohl einen one night stand nennen. Okay, vielleicht zehn davon.«
Kevin hatte sogar an Obst gedacht, Äpfel und Bananen. Rundumservice. Zwischendurch taten sie etwas für ihre Tarnung und küssten sich. Nicht dass jemand vorbeigelaufen und neugierig ins Wageninnere geschaut hätte. Aber man musste auf den Ernstfall vorbereitet sein und üben.
»Eigentlich habe ich mir unsere erste gemeinsame Nacht anders vorgestellt«, sagte Carmen. »Ich mir auch«, gestand Kevin. »Größeres Auto und zwei Pizzazungen. Aber Luigi hat Montags zu.« Sie schlug ihm auf den Oberschenkel. »Also sind wir ein Team. Abwechselnd wachen, abwechselnd schlafen.«
»Noch ein paar Nächte halten wir das aber nicht durch. Es muss was passieren. Wärs nicht besser, wir würden meinen Onkel informieren? Der ist eigentlich ganz nett. Und wenn er einen in den Senkel stellt, dann mich. Das könnte auch ganz diskret ablaufen, nicht einmal Emilys Mutter müsste etwas davon erfahren.«
Glaubte er aber selber nicht, Carmen sah es ihm an. Aber dass etwas passieren musste, bevor etwas passierte, damit hatte er schon Recht. Sie biss in ihre Banane.
*
Es zahlt sich nicht aus, wenn man mal einen klaren Gedanken hat. Am liebsten hätte Hanna ihn sofort wieder vergessen. Aber der war nun da und begann zu wuchern. Berlin. Der hatte sie gezwungen, etwas auf eine Postkarte aus Berlin zu schreiben. Komisch, ja. Wenn sie weiter drüber nachdachte, war das aber überhaupt nicht mehr komisch. Das bedeutete doch, dass er die Karte an ihre Eltern schicken würde. Deren Adresse hatte sie auch draufschreiben müssen, nachträglich, er hatte etwas auf den Zettel gekritzelt, ihr hingelegt, war wieder aus dem Raum, hatte er wohl vorher nicht dran gedacht oder gemeint, sie würde das automatisch machen. »Schreib deine Adresse drauf.« Als sie die Augenbinde hochgeschoben hatte, lag da wieder der Kugelschreiber und daneben noch eine Briefmarke. Die sie brav in die rechte obere Ecke klebte, obwohl das nicht auf dem Zettel gestanden hatte. Und warum das alles?
Also. Er will dass die glauben du bist in Berlin. Bist du aber nicht. Noch nicht. Er muss dich hinfahren. Und dann laufen lassen. Oder? Dann wäre dieses ganze Ding mit der Karte aber Quatsch gewesen. Die sollten alle nur glauben, dass du nach Berlin abgehauen bist, weil dir irgendetwas leidtut. Was eigentlich?
Sie dachte an Joey. Der Idiot. Hatte doch aufpassen sollen. War wahrscheinlich abgehauen, Schiss gehabt. Egal, der Knabe war sowieso Geschichte. Also was sollte ihr jetzt leidtun? Die Sache mit den Söckchen? Nee, tat ihr nicht leid. Wusste doch keiner, ihre Eltern schon gar nicht. Auch egal.
Die meinen also Hanna flippt in Berlin rum. Tut sie nicht. Klar, wäre mal cool. Sie sitzt hier in diesem Loch und wenn sie rauskommt, kann sie auch sagen, wie alles passiert ist. Genau. Wenn sie rauskommt. Das ist der springende Punkt. Sie soll gar nicht rauskommen, niemand soll jemals erfahren, dass sie gar nicht in Berlin war, die Karte nicht geschrieben hat. Sie wird also sterben.
Und warum ist sie noch nicht gestorben? Wozu das ganze Bohei? Kostet den doch auch Zeit und Geld. Allein die Cola und die Nuggets und die Pommes und so lustig ist es auch nicht, vor einer Klotür zu warten, bis ein Mädchen sein Geschäft erledigt hat.
Dieser Gedanke. Wäre ihr der doch nie in den Kopf gekommen. Sie wollte heulen, aber klappte nicht. Sie wollte sofort einen anderen Gedanken denken, Emily oder ihretwegen auch dieser verfluchte unzuverlässige Joey, aber klappte noch weniger. Sie dachte nur: tot. Die meinen, ich würd in Berlin die big Party abziehen und in Wirklichkeit killt der mich und ich komm in ein Loch und niemand findet das Loch und ich hab noch nicht einmal ein richtiges Grab.
Naja. Ein richtiges Grab. Würde ja eh keiner lange davor stehen und an sie denken.
*
»Also Mathe war jetzt auch nicht soooo mein Ding«, musste Kevin zugeben. Carmen, die inzwischen auch wusste, dass Mamas Sauerbraten unerreicht war, hatte ihm von den Gleichungen mit zwei Unbekannten erzählt. »Könnte doch heißen, das eine hat mit dem anderen nicht wirklich was zu tun. Also eigentlich schon... aber es sind eben ZWEI Unbekannte, ZWEI
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