Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
an.
"Ja. Ich habe ihn gejagt wie einen wildernden Hund. Und genauso habe ich ihn auch erschossen. Es war sehr schwer, an ihn heranzukommen. Ich hoffte, es über Patrick Gallagher zu schaffen, aber das klappte nicht. Immer kam irgendwas dazwischen. Ich schätze, es waren nur Vorwände." Sie stockte ein wenig. Dann fuhr sie fort: "Weißt du, da gibt es eine ziemlich traurige Geschichte von einem Army-Lieutenant und einer jungen Frau namens Gwen. Die beiden hatten eine Tochter zusammen. Es war ein sonniger Juninachmittag und ich werde dieses Bild wohl mein ganzes Leben lang nicht vergessen können." Sie schluckte. "Der Lieutenant wollte nichts weiter, als seine Tochter zu einem Kindergeburtstag zu bringen. Sie waren gerade in den Wagen gestiegen, er ließ den Motor an und in dem Moment gab es eine Explosion."
Tränen des Zorns waren ihr in die Augen getreten. Jo begriff. Sie war hier, weil sie sich rächen wollte. "Ein Mann, der unter dem Namen Seamus operierte steckte vermutlich hinter der Tat. Aber die Polizei hätte ihn wahrscheinlich auch in hundert Jahren nicht gekriegt. Er stand schon wegen verschiedener ähnlicher Delikte auf der Fahndungsliste. Es war seine Handschrift... Schließlich habe ich selbst versucht, etwas zu unternehmen und mich bei der IRA einzuschleichen."
Nach kurzer Pause fragte sie dann: "Bist du schockiert?"
"Nein. Ich verstehe dich."
"Nein" meinte sie. "Das glaube ich nicht. So etwas kann niemand verstehen, der das nicht selbst durchgemacht hat!"
Jo nickte. "Wahrscheinlich hast du recht." Dann blickte er sich nach einem Telefon um. Als er es gefunden hatte, fragte Gwen: "Wen willst du anrufen?"
"Die Polizei. Und dann sehen wir zu, daß wir hier wegkommen, bevor hier jemand auftaucht." Jo hatte keine Lust, erneut in die Mangel von O'Kelly zu geraten. Sollte der erst einmal selbst ein bißchen recherchieren. Die Wahrheit, was Jos Identität betraf, würde schon ans Licht kommen, aber das konnte dauern.
Noch hielt man schließlich ihn für den mysteriösen Seamus - und da der wirkliche Seamus tot war, gab es für Jo kaum eine Möglichkeit, auf die Schnelle etwas anderes zu beweisen.
Jo hatte gerade den Hörer abgenommen und wollte anfangen zu wählen, da sagte Gwen: "Du solltest ihnen gleich dazu sagen, daß ein Attentat vorbereitet wird."
Jo kniff die Augen ein wenig zusammen und legte wieder auf.
"Wann?"
"Jetzt in nächster Zeit. Seamus Patrick Gallaghers Gruppe war mit der Vorbereitung beauftragt. Nach der Polizeiaktion in seiner Wohnung war er vermutlich verbrannt."
"Was bedeutet das?"
"Seamus wird jemand anderen beauftragt haben."
"Weißt du, um wen es geht?"
"Ein Richter. Aber das habe ich nur durch Zufall mitbekommen. Patrick hat mir nicht so richtig getraut. Ich habe die Behörden informiert. Natürlich anonym, denn sonst hätte ich meine eigene Sache gefährdet. Allerdings glaube ich nicht, daß mein Anruf allzu viel Eindruck gemacht hat."
"Und weshalb nicht?"
"Weil die mit solchen Anrufen überschüttet werden. Oft genug nur Leute, die sich wichtig machen wollen oder auf eine Belohnung hoffen. Außerdem hatte ich ja auch kaum etwas Konkretes anzubieten. Was glaubst du wohl, wie viele Richter es in Nordirland gibt! Außerdem gehören sie ohnehin zu den besonders gefährdeten Personen."
"Und warum sollte es mehr Eindruck machen, wenn ich es sage?"
"Wer sagt, daß es so ist? Aber vielleicht machen zwei Anrufe mehr Endruck als einer."
Jo zuckte mit den Schultern. "Solange die mich für Seamus halten, wird überhaupt nichts Eindruck machen, was aus meinem Mund kommt!"
Indessen hatte sich Jack Keogh erhoben. Er sah Gwen fassungslos an.
"Du bist der Verräter, von dem Seamus sprach!"
Sie wandte den Blick kurz zu ihm herum. "Vielleicht", murmelte sie.
"Die hätten mich beinahe deswegen umgebracht!"
"Na und? Über kurz oder lang wärst du doch auch ein Killer geworden. Vielleicht bist du es sogar schon in gewisser Weise, was weiß ich! Oder glaubst du vielleicht, daß die kleinen Kurier-Dienste, mit denen dich Patrick beauftragt hat, nur Spielerei waren?"
Jack schwieg, während Jo Walker mit Belfast telefonierte.
Es war nicht leicht, bis zu O'Kelly vorzudringen. Der Glatzkopf ließ sich erst einmal verleugnen. Erst als Jo den Namen Seamus erwähnte, ging es vorwärts.
Man hielt ihn noch etwas hin, wahrscheinlich, um eine Fangschaltung zu legen. Aber dagegen hatte Jo nichts. Bis jemand hier auftauchte, waren sie längst weg.
"Was wollen Sie?" fragte O'Kelly
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