Privileg Venusgeist
unterstelle mich nun Ihrer Autorität, HC-9. Die erste Stufe der Saghon-Phase ist erreicht. Zu Ihrer Information: Eine Saghon-Phase ist identisch mit dem Einflug unbekannter, jedoch selbstgefertigter Kampfraumschiffe. Die Möglichkeit einer Erbeutung durch den Gegner ist als gegeben anzusehen. Ein Absetzungsmanöver ist nur noch durch einen Kreisbahn-Zentrifugalsturz mit planetarischer Deckungsgleichheit und Massenträgheits-Absorption möglich. In diesem Fall wird das Schiff gleich einem Elementarteilchen beschleunigt und am Ende der Verharrungsperiode aus dem Endstufenpunkt der Bahnrotation mit halber Lichtgeschwindigkeit in den freien Raum geschleudert. Warnung: Manöver dieser Art sind materialzermürbend. Eine Garantie für das Gelingen kann nicht übernommen werden. Eine Umlauf-Gegenbeschleunigung kurz vor dem Zerreißpunkt ist jedoch erprobt. Das bedeutet zwangsläufig die Gefechtsaufnahme. Die Chancengleichheit zur Offensivkraft eines Kreuzers der KASHAT-Klasse ist gleich Null. Ich erwarte Ihre Anweisungen; die Zeit läuft. Noch vierundvierzig Sekunden Okolar-III-Zeit bis zum notwendigen Manöverbeginn.«
Das war die längste Rede, die wir von unserem Zentrale-Hauptrechner jemals gehört hatten. Seine Ausführungen waren unserem technischen Wissensstand angepaßt: ein Zeichen dafür, wie genau die geniale Maschine die »Könner« von Terra einstufte.
Er wollte die »1418« mit steigender Fahrt um den Planeten Venus herum jagen und uns gewissermaßen einem Teilchen gleichsetzen, das in einem Synchrotron auf Geschwindigkeit gebracht wird.
Wie er das vollbringen wollte, war nicht nur mir schleierhaft. Sicherlich spielte dabei die Masse und die fünfdimensionale Gravitationskonstante der Venus eine Rolle.
Ich hätte es darauf ankommen lassen, wenn wir durch ein Versehen oder Dummheit in diese ausweglose Lage gekommen wären.
Das war aber nicht der Fall! Ich wollte die Soghmoler zum Feuerüberfall verleiten; ich haßte sie wegen ihrer letzten Untaten abgrundtief, daß ich alles auf eine Karte zu setzen bereit war.
»Der Kreisbahn-Zentrifugalsturz wird abgelehnt«, sprach ich laut und deutlich in den Kodator, obwohl eine derartige Befehlserteilung nach der Unterordnung des Großroboters wahrscheinlich nicht mehr notwendig war.
»Verstanden, HC-9. Ihre Wünsche? Noch achtzehn Sekunden Okolar-III-Zeit.«
»Feuereröffnung des Gegners abwarten und überlichtschnell anmessen. Ausweichmanöver fliegen, sofort Fahrt drosseln und in die Atmosphäre vorstoßen. Eingespeiste Landedaten übernehmen; Erkennungskode an Venuskommandeur abstrahlen. Hilferuf durchgeben; Landeerlaubnis fordern. Ausführung.«
Jedermann rannte plötzlich! Ich erreichte gerade noch mein Andrucklager, ehe der Zentralroboter schaltete.
Er befolgte die Anweisungen peinlich genau, jedoch in etwas anderer Form, als ich es mir vorgestellt hatte.
Selbstverständlich – wie hätte es auch anders sein können – war der Positronik »klargeworden«, was ich mit dem Manöver beabsichtigte. Infolgedessen rechnete sie alle denkbaren Möglichkeiten durch, um das beste Ergebnis herauszufinden.
Der erste Schachzug des wahren Herrschers an Bord der »1418« realisierte sich in einer technisch bedingten Defensivmaßnahme, von der wir bislang keine Ahnung gehabt hatten.
Die »1418« hatte keine Chance, den schweren Geschützen des KASHAT-Kreuzers Widerstand leisten zu können.
Eine Flucht war in jedem Falle risikovoll, und die Antwort des angerufenen Venus-Robotkommandeurs war sicherlich noch
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