Privileg Venusgeist
ich wußte nicht, wieso sie mich beunruhigten.
Die leuchtende Spirale des marsianischen Mikrophons schwebte vor meinen Lippen. Endlich begann ich zu sprechen.
»Brigadegeneral HC-9, GWA-Schatten zur besonderen Verwendung, an Dr. Miriam Gracand: Ich habe Ihre Erklärungen vernommen und auswerten lassen. Wir überprüfen Ihre Druckkuppel, versorgen Sie jedoch vorher mit Sauerstoff und Wasser. Achten Sie auf einen Bodengleiter. Er wird soeben ausgeschleust. Nun beruhigen Sie sich erst einmal. Wir haben vorsichtig zu sein. Auf dem marsianischen Landefeld sind Sie vor dem Stauborkan sicher.«
Horace Pilgron begann jetzt ebenfalls zu weinen. Die Biochemikerin schien die besten Nerven zu haben.
»Na endlich«, vernahm ich ihre Altstimme. »Das wurde aber höchste Zeit. Es ist also doch die ›1418‹ der GWA. Wir dachten schon, einem Phantom nachzujagen. Warum lassen Sie uns nicht einsteigen? Es ist nicht einfach, die neuen Sauerstoffpatronen in den Rückentornistern einzusetzen.«
»Zwei Handgriffe, Doc, nicht mehr. Das werden Sie bestimmt schaffen. Ich will Sie selbstverständlich nicht umkommen lassen, aber meine Erlebnisse mit Dr. Nang-Tai zwingen mich zu extremen Vorsichtsmaßnahmen. Ich bitte deswegen um Ihr Verständnis. Sobald die Kuppel durchsucht worden ist, können Sie an Bord kommen. Eine Frage, Doc: weshalb haben Sie nicht um Hilfe gefunkt? Sie haben eine Spezialistin in Ihrer Mannschaft.«
»Das Kuppelgerät diente lediglich zur Verbindungsaufnahme mit dem Mutterschiff, Sir. Es wäre auf alle Fälle zu schwach gewesen, um vom Boden aus die Erde erreichen zu können. Außerdem ist es unbrauchbar geworden. Jan Vrondanen zertrümmerte es bei einem seiner Tobsuchtsanfälle. Das geschah kurz vor der mißglückten Wassersuche, vor vier Wochen.«
Ich nickte. Jan Vrondanen hatte ich nie kennengelernt, aber ich wußte, wie Männer in Raumnot reagieren konnten. Anfälle dieser Art traten häufig auf.
»Ich verstehe. Soeben erreicht unser Gleiter den Boden. Die Besatzung wird sich nicht aufhalten, sondern gleich weiterfahren. Wenn Sie Ihre Wasser- und Sauerstoffpatronen einklinken, richten Sie bitte Ihr Augenmerk auf die Umgebung. Über der Venus steht ein Schwerer Kreuzer der Soghmoler. Die Verhältnisse sind unklar. Es ist möglich, daß ich von dem Kommandanten für Dr. Nang-Tai gehalten werde. Ich hatte noch keine Gelegenheit, ihn persönlich aufzuklären. Sie passen auf, ja? Notfalls schleuse ich Sie ein, auch wenn die Kuppel noch nicht durchsucht werden konnte.«
Ich vernahm die tiefen, erleichterten Atemzüge der Kosmonautinnen.
»Vielen Dank, Sir. Mir wird einiges klar«, antwortete die Wissenschaftlerin. »Die letzten Entwicklungen kennen wir natürlich nicht, aber ich glaube jetzt, daß wir vor knapp vier Tagen Erdzeit die Soghmoler gehört haben. Ein schweres Schiff erschien über dem Nordpol.«
»Dazu kann ich nichts sagen, Doc.«
Sie lachte plötzlich. Der Vergrößerungsausschnitt zeigte ihr Gesicht und einen Teil ihrer schwarzen Haare.
»Ich verstehe. GWA-Schatten sind immer vorsichtig. Bitte, verstehen Sie aber auch uns. Ich werde von Ihnen bestimmt keine Legitimation verlangen, selbst wenn Sie Dr. Nang-Tai wären. In der Not frißt der Teufel Fliegen, sagt man auf der Erde.«
Ich entschuldigte mich, unterbrach die Videoverbindung und wandte mich einem anderen Schirm zu, auf dem Maykofts Bodengleiter zu sehen war. Das kleine Atomtriebwerk lief gerade an und erzeugte das energetische Prallkissen.
Ich gab Maykoft noch einige Richtlinien und erkundigte mich dann nach Listermans Wünschen.
»Waffenleitzentrale, Sir«, meldete er sich. »Meine
Weitere Kostenlose Bücher