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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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ungewöhnlich. Er hatte, seit er nicht mehr in Emerging Markets tätig war, kaum noch mit Anpassungsprogrammen zu tun, und neue Consultingfirmen schossen aus dem Boden wie Pilze aus einem Misthaufen. Es war schließlich keine Weltraumwissenschaft. Kürze die Ausgaben für Gesundheit und Bildung drastisch, locke ausländisches Kapital an, fege alle hinderlichen Bestimmungen auf dem arbeitsrechtlichen Sektor hinweg. Verbreite Lügen über die Folgen und lasse Protestkundgebungen vom heimischen Militär niederschlagen. Ein dressierter Affe war fähig, diese Arbeit zu erledigen. Man konnte die erforderliche Qualifikation per Fernstudium innerhalb von zehn Wochen erwerben. Anschließend benötigte man nur noch einen Anzug und einen Führerschein.
    Er stand im Schlafzimmer, beobachtete Carla beim Schlafen und wurde von einem fast unerträglichen Zärtlichkeitsgefühl überwältigt. Er zog ihr die Decke ein wenig höher über die Schultern, worauf sie etwas vor sich hinmurmelte, ohne aber aufzuwachen. Er schlich hinaus, zog sanft die Tür hinter sich zu und ging nach unten ins Arbeitszimmer. Hinter einer weiteren geschlossenen Tür ließ er den Filmausschnitt von Liz Linshaw und ihrer plastisch verstärkten Spielkameradin ablaufen.
    So saß er, den Kopf in die Hand gestützt, noch eine Stunde da und versuchte seine Gefühle zu sortieren.
     
    Er schlief schlecht, herumgeworfen von bösen Träumen, die sich, als er endlich erwachte, in undeutliche Muster bevorstehenden Unheils auflösten. Carla war längst weg, ihre Seite des Bettes schon erkaltet, und durch die halb offenen Vorhänge strömte das Tageslicht. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte auf zehn nach acht.
    »Scheiße.«
    Er fuhr unter der Decke hervor, tastete nach Hemd und Hose und schlüpfte hinein. Im Badezimmerspiegel sah er wütende Augen und dunkle Bartstoppeln; er griff nach der Rasierklinge, ließ sie dann aber ins Waschbecken fallen und begnügte sich damit, den Kopf unter den Wasserhahn zu halten. Kaltes Wasser tropfte über seinen Hals und hinunter auf den Rücken. Er strich es aus den Haaren, drückte sich ein Handtuch auf den Kopf, ohne es vom Halter zu nehmen, und knöpfte das Hemd zu. Schlang sich eine Krawatte um den Hals. Schuhe und Manschettenknöpfe. Brieftasche und Armbanduhr. Rein ins Jackett und raus aus der Tür…
    Schlüssel, du Schwachkopf.
    Er sprang noch einmal die Treppe hinauf, konnte sie nicht auf dem Nachttisch finden. Erinnerte sich an seine nächtliche Sitzung im Arbeitszimmer, stürmte wieder nach unten und griff sie sich vom Schreibtisch. Er jagte den Saab rückwärts aus der Einfahrt, ließ ihn wüst auf die Straße schleudern und hinterließ mächtig Gummi auf dem abgenutzten Asphalt, als er Richtung Westen lospreschte. Er erreichte die Auffahrt Elsenham in Rekordzeit.
    Bei der Anfahrt über die Anschlussstelle 10 warf er einen Blick auf die Uhr. Fast Viertel vor neun. Toll. Ganz große Klasse. Er schickte einen Anruf für Barranco ins Hilton. In dessen Zimmer ging niemand ran. Die Irritation darüber schlug jäh in irrationale Furcht um. Er unterbrach die Verbindung, wählte die Wachmannschaft an. Jemand meldete sich gähnend.
    »Ja-ah?«
    »Faulkner. Was ist mit Barranco los?«
    »Wieso, ist er noch nicht aufgetaucht?«
    Ein Eisdorn bohrte sich in Chris’ Herz.
    »Wo aufgetaucht?«
    Die Stimme am anderen Ende war plötzlich sehr beflissen und respektvoll. »Bei Shorn, Sir. Sollten wir ihn nicht fahren lassen? Er hat die Sicherheitslimo genommen. Hat bei Shorn angerufen und sie schicken lassen.«
    Gaspedal jetzt ganz durchgetreten. Kopf immer noch etwas umnebelt. Nachdenken.
    »Wer hat die Scheißlimo autorisiert?«, knirschte er.
    »Ich, äh, ich kann’s nachprüfen.«
    »Tun Sie das. Jetzt sofort. Und bleiben Sie in der Leitung.« Er versuchte sich den Tagesplan ins Gedächtnis zu rufen und Hernan Echevarria darin unterzubringen. Sein Kopf verweigerte die Mitarbeit. Frühstück mit den Partnern, oder war das am Dienstag? Besichtigung von Mil-Tac’s neuer Intelligente-Minen-Fabrik in Crawley? Falls das zutraf, war Echevarria bereits außerhalb der Stadt, unter Mike Bryants wachsamer Obhut. Die Anspannung löste sich ein wenig.
    Die Überwachungstruppe im Hilton meldete sich wieder. »Beförderung wurde auf Partnerebene autorisiert«, sagte die Stimme, triefend vor Erleichterung. »Louise Hewitt. Sie war überrascht, dass Sie nicht da waren, um sich darum zu kümmern.«
    »Ah, Scheiße.«
    »Gäbe es sonst noch etwas?

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