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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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Moment zögerte er, dann verzog er das Gesicht und wählte kurz entschlossen eine Nummer.
     
    Das Telefon schnurrte neben einem breiten, grau bezogenen Bett in einem von weich abgedimmtem blauem Licht beleuchteten Raum. Ein riesiges, eine der Wände fast auf ganzer Breite einnehmendes Panoramafenster war dunkel polarisiert. Auf einem Tisch unter der Fensterbank stand ein Schachbrett mit reich verzierten Figuren neben einem Bildschirm, der die gegenwärtige Stellung in silbernen, schwarzen und blauen Farben wiedergab. Im Zimmer verteilt standen mehrere Skulpturen nach griechischer Art auf Sockeln. Unter den Decken rückten die Umrisse zweier Leiber aufeinander zu, als der Klingelton bis in tiefere Schlafphasen drang. Louise Hewitt stieß den Kopf hoch, griff nach dem Hörer und hielt ihn sich ans Ohr. Sie starrte ungehalten auf die Zeitanzeige neben dem Telefon.
    »Ich will hoffen, dass es um etwas verdammt Wichtiges geht.« Sie lauschte den in entschuldigendem Ton herausgesprudelten Worten am anderen Ende, und ihre Augen weiteten sich. Sie drehte sich, strampelte die Decke ab und stützte sich auf einen Ellbogen.
    »Nein, es war richtig, mich anzurufen. Ja, das hab ich gesagt.
    Ja, es ist ungewöhnlich, das finde ich auch. Natürlich. Nein, ich werde es nicht vergessen. Danke.«
    Sie legte den Hörer auf und legte sich wieder auf den Rücken. Ihr auf die blau getönte Zimmerdecke gerichteter Blick war träumerisch, ihr Ton nachdenklich.
    »Chris ist soeben in der Firma erschienen. Mit einer Taxe. Sonntagmorgens um halb fünf. Scheint, als wäre er die ganze Nacht auf gewesen.«
    Die schlanke Gestalt neben ihr war mit einem Schlag wach.
     
    Chris träumte wieder vom Supermarkt, aber diesmal beobachtete er die ganze Szene von draußen, und der Parkplatz war unfassbar voll. Die Autos waren überall, in allen Farben des Regenbogens, wie aus einer Riesenpackung gefallene Smarties, aber sie bewegten sich, kurvten durch die Gegend, parkten, setzten zurück wie in einem großen mechanischen Ballett, und er kam einfach nicht durch. Jedes Mal, wenn er einen Schritt auf den Supermarkt und die Menschen in seinem hell erleuchteten Innern zu machte, rollte ihm ein Auto in den Weg und bremste mit quietschenden Reifen. Er musste drumherum gehen, immer wieder drumherum gehen, und die Zeit wurde knapp. Die Leute drinnen hatten keine Ahnung. Sie shoppten in abgestumpfter Wärme und Zufriedenheit und konnte nicht ahnen, was kommen würde.
    Oben auf dem Dach stöhnte und klapperte das Stahlrohr, als das Rentier protestierend den Kopf schüttelte.
    Und die Autos, bemerkte er plötzlich, waren alle leer. Keine Kunden saßen darin, niemand fuhr, niemand lud Einkäufe ein, es war niemand zu sehen. Alle waren sie drinnen. Kauften ein. Kauften wie die Wahnsinnigen.
    Er schaffte es bis zu den Eingangstüren und versuchte sie zu öffnen, doch sie waren mit Pressplastikbrettern und meterlangen schweren Stahlketten verschlossen.
    Die Schüsse, als sie dann kamen, ließen das Glas unter seinen Händen schwingen. Und wie immer bohrten sie sich in seine Ohren wie etwas Körperliches.
    Keuchend erwachte er, die Fäuste unter dem Kinn geballt.
    Zuerst einmal rollte er sich, wie Schutz suchend, an einem Ende des langen Sofas zusammen. Er hatte die Decke im Schlaf so zerwühlt, dass sie ihn nicht mal mehr zur Hälfte bedeckte. Er blinzelte einige Male heftig, atmete aus und setzte sich auf. Während er geschlafen hatte, war die Morgendämmerung gekommen und wieder gegangen, jetzt erfüllte helles Sonnenlicht das Büro.
    Er erhob sich vom Sofa, suchte und fand seine Schuhe. Als er sich hinunterbeugte, um sie anzuziehen, begann sein Kopf zu pochen. Er hatte sich in ein leichtes Kopfweh hineingedöst. Er taumelte zum Schreibtisch und zog mit kurzsichtiger Unbeholfenheit Schubladen auf, auf der Suche nach Schmerzmitteln. Am Rande seines Gesichtsfelds blinkte das Telefon. Knurrend stakste er hin, um die Nummern der sich stapelnden Nachrichten zu überprüfen. Carla, Carla, Carla, scheiß Carla…
    Und Liz Linshaw.
    Er hielt jäh inne. Der Anruf war vor einer Stunde eingegangen. Er griff sich eine Packung schnell wirkender Kodeintabletten aus einer offenen Schublade und drückte auf »Wiedergabe«.
    »Chris, ich hab’s bei Ihnen zu Hause versucht, aber Ihre Frau wusste nicht, wo Sie sind.« Ein leicht ironischer Schlenker in der Stimme – er sah das dazu passende Lächeln genau vor sich. »Sie, äh, sie war nicht übermäßig auskunftsfreudig, aber ich

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